Formel 1
Peinliches Desaster muss ein Weckruf für die Formel 1 sein - ein Kommentar
- Aktualisiert: 17.11.2023
- 15:19 Uhr
- Andreas Reiners
Die Formel 1 erlebt in Las Vegas einen peinlichen Fehlstart. Deutlich wird dadurch einmal mehr: Die Königsklasse wandert auf einem schmalen Grat - ein Kommentar.
Toto Wolff legte sich mächtig ins Zeug. Und schoss dabei weit über das Ziel hinaus.
Es ehrt den Mercedes-Teamchef, dass er die Formel-1-Macher dafür lobt, was sie in Las Vegas auf die Beine gestellt haben. Schließlich ist das Rennwochenende das Prestige-Objekt der Motorsport-Königsklasse.
Alle Infos zur Übertragung des Grand-Prix in Las Vegas findest du hier.
Es ist deshalb nachvollziehbar, dass er versucht, die Peinlich-Panne aus dem ersten Training kleinzureden. Ob die Tatsache, dass es um 5.30 Uhr mitteleuropäischer Zeit passierte, ein Argument dafür ist, dass es niemanden interessiert, sei einmal dahingestellt. Besser macht es den Zwischenfall nämlich nicht.
Fragwürdig wird es aber, wenn er die potenzielle Gefahr für den betroffenen Fahrer Carlos Sainz in einem Nebensatz "wegbügelt".
"Nur weil sich in FP1 ein Gullydeckel gelöst hat, sollten wir nicht jammern. Das Auto ist kaputt, das ist richtig bitter, und für Carlos hätte es gefährlich sein können, und FIA und Strecke müssen alle das analysieren und sicherstellen, dass es nicht noch einmal passieren kann. Aber von einem blauen Auge für den Sport an einem Donnerstagabend zu sprechen - das ist kein blaues Auge, das ist gar nichts. Sie werden die Kanaldeckel abdichten und morgen wird niemand mehr darüber reden. In der europäischen Zeitzone schaut sich das sowieso niemand an“, wetterte Wolff nach einer kritischen Frage zu den möglichen Auswirkungen des Zwischenfalls. Und pampte den Journalisten ungehalten an.
Komplett unkritisch machte Wolff keine gute Figur.
"Gefährlich sein können" ist nämlich nett ausgedrückt.
Das Wichtigste in Kürze
Potenziell lebensgefährlich
Es ist nämlich nicht nur peinlich, wenn sich ein Kanaldeckel löst, sondern bei Tempo 320 auch potenziell lebensgefährlich!
Schon deshalb wäre an der Stelle ein bisschen mehr Demut angebracht. Ja, Wolff hat Recht, wenn er anmerkt, dass das schon öfter passiert ist in der Vergangenheit.
Umso schlimmer, dass man offenbar keine Lehren daraus gezogen hat. Es hinterlässt einen sehr faden Beigeschmack, wenn es in den letzten Tagen nur um Bling, Bling und das Glamour-Trara rund um das teuerste Rennen in der F1-Geschichte ging, auf sicherheitsrelevante Dinge aber offenbar kein großer Wert gelegt wurde.
Doch Gier war noch nie ein guter Ratgeber.
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Ein schmaler Grat für die Formel 1
In der Formel 1 sowieso nicht. Die Macher wandern seit dem Netflix-Boom und dem sensationellen WM-Finale 2021 auf einem schmalen Grat.
Natürlich wollen die Beteiligten so viel wie möglich vom Erfolg abgreifen, auch finanziell. Und ein Glitzer-GP in Las Vegas ist als Ausnahmeevent sicher auch eine tolle Sache. Zunächst vor allem für die Menschen, die einen dicken Geldbeutel haben. Denen dürfte es sogar relativ egal sein, dass sie aus organisatorischen Gründen um 1.30 Uhr Ortszeit die Strecke verlassen mussten, obwohl das zweite Training erst nach 2 Uhr gestartet wurde.
Das ist kein Witz.
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Sondern unterstreicht den gefährlichen Weg, den man einschlägt. Wenn das Sportliche zweitrangig wird, die "normalen" Fans unwichtig, wenn selbst Warnungen des Weltmeisters ("Ich mag dieses ganze Drumherum nicht“) niemanden beunruhigen, dass es man es möglicherweise übertreibt, wird es brenzlig.
Denn Fakt ist: Noch toller wäre das Rennen in Vegas, wenn es mehr als nur ein Promi-Schaulaufen wäre.
Denn die WM ist wie im Vorjahr Wochen vor dem Finale bereits entschieden. Fakt ist daher auch: Die Formel 1 hat seit Abu Dhabi 2021 ein massives Langeweile-Problem. Was an der Red-Bull-Dominanz liegt, vielmehr aber noch an der Konkurrenz, die schlicht und ergreifend einen schlechteren Job macht.
Ein deutlicher Fingerzeig, in welchem Bereich sich Wolff und Co. besser ins Zeug legen sollten.