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Motorsport Formel 1

Ralf Schumacher: Bin Sulayem ist kein guter FIA-Präsident

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© circuitpics.de

Ralf Schumacher ist "absolut überrascht" über den plötzlichen Rennleiter-Wechsel in der Formel 1, wie er im Interview mit dem YouTube-Kanal von Formel1.de erklärt. Denn der Automobil-Weltverband (FIA) verliere mit Wittich einen "echt super-fähigen Rennleiter", der seine Entscheidungen "immer gut" getroffen habe. "Das hatte schon alles Hand und Fuß", meint Schumacher. "Deshalb ist das sehr überraschend."

Andererseits "wundert mich bei der FIA nichts mehr, vor allen Dingen unter dem [aktuellen] FIA-Präsidenten", sagt Schumacher weiter. Denn Mohammed bin Sulayem mache seine Sache ganz anders als seine Vorgänger Jean Todt oder Max Mosley. Konkret: Bin Sulayem "will in allen Bereichen in irgendeiner Form mitsprechen", meint Schumacher.

So sei es womöglich auch in diesem Fall gewesen. Schumacher vermutet "andere Vorstellungen" zur Rolle des Rennleiters seitens bin Sulayem, "aber Niels Wittich wollte wohl seine Unabhängigkeit als Rennleiter wahren. Und man hat dann offensichtlich nicht zueinander gefunden. Bin Sulayem war offensichtlich mächtiger und hat das dann so geregelt."

Schumacher betont: Dergleichen sei "noch nicht bestätigt, aber meistens sind Gerüchte ja irgendwie nicht umsonst". Er könne sich einen solchen Ablauf aber gut vorstellen, schließlich sei FIA-Präsident bin Sulayem "schon oft durch nicht immer positive Auftritte aufgefallen", zum Beispiel bei der Siegerehrung in der Formel 1 oder "im Umgang mit den Fahrern zum Thema Etikette [und] Sprachregelung".

"Man sieht ihn oft. Er gibt ja auch herzlich gerne Pokale an die Fahrer. Das ist ja auch toll. Aber es wäre natürlich schade, wenn [bin Sulayem] einen so fähigen Mann [wie Wittich] jetzt beiseiteräumt aus irgendwelchen Befindlichkeiten", meint Schumacher.

Wie bin Sulayem auf Außenstehende wirkt

Für ihn passe diese jüngste Episode aber perfekt zu dem Eindruck, den er bisher von bin Sulayem an der Spitze des Weltverbands gewonnen habe. Und auf die konkrete Frage, ob bin bin Sulayem ein guter FIA-Präsident sei, antwortet Schumacher schlicht und direkt: "Nein."

Begründung: "Ich glaube, ein guter FIA-Präsident nutzt seinen Einfluss, um die Situation für die FIA, für die Fahrer besser zu machen. Ich glaube, hier ist es ein ständiges Gerangel, um mehr Macht in der Formel 1 zu haben." Es gehe zwischen FIA und Formel-1-Eigentümer Liberty Media auch "so ein bisschen um Ansehen".

"Man hat das Gefühl: Bin Sulayem ist mit seiner Position nicht zufrieden", sagt Schumacher. Frühere FIA-Präsidenten seien in diesem Punkt souveräner aufgetreten: "Ich war ein sehr großer Fan von Max Mosley, der aus meiner Sicht die Geschicke der FIA deutlich anders geleitet hat."

Bin Sulayem verhält sich in vielerlei Hinsicht weniger diplomatisch als Mosley, der für sein bestimmtes, aber besonnenes Vorgehen bekannt war. Anders bin Sulayem, der neue Verordnungen zuletzt über die Presse veröffentlichte, ohne vorher das Gespräch mit den unmittelbar Beteiligten zu suchen - den Formel-1-Fahrern. Entsprechend negativ fielen die Reaktionen im Fahrerlager aus.

Ist bin Sulayem also in manchen Belangen über das Ziel hinausgeschossen? Laut Schumacher hat sich der FIA-Präsident in manchen Fällen zumindest ungeschickt verhalten.

Piercing-Verbot: Keine schlechte Idee von bin Sulayem

Manchmal aber hatte bin Sulayem mit seinen Vorstößen aber auch einen Punkt. Schumacher verweist auf "das Thema mit den Piercings" und wie die FIA auf die Einhaltung der entsprechenden Regeln gepocht hat, die bis dahin kaum durchgesetzt worden waren.

"Das Problem liegt darin, dass die Topstars auch eine Verantwortung bis in die Nachwuchsklassen tragen", sagt Schumacher. "Wenn der Formel-4-Fahrer, der Formel-3-Fahrer reinkommt oder der junge Kartfahrer und sieht dann sein Idol Lewis Hamilton mit Piercings: Er soll sie alle haben [dürfen]. Aber es gibt natürlich schon auch Gründe, warum die eben wegsollten. Brandgefahr, Verletzungsgefahr und so weiter."

Bin Sulayem wollte, so Schumacher, ein Zeichen setzen. "Das war ihm am Anfang sehr am Herzen gelegen. Irgendwann aber war der Druck wahrscheinlich dann so groß, dass er gesagt hat, 'okay, es ist ja nicht meine Gesundheit, nicht meine Haut'. Aber trotzdem: Die Wirkung an den Nachwuchs, an die anderen Motorsportklassen, die war, glaube ich, eher das Problem."

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