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Motorsport Formel 1

Seit Verlängerung im Formloch: Perez wackelt wieder, Lawson testet Red Bull!

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© Motorsport Images

Einen schlechteren Zeitpunkt für diesen Ausrutscher hätte sich Sergio Perez wohl kaum aussuchen können: Der Mexikaner kommt seit Wochen nicht aus seinem Formloch - und im Q1 von Silverstone auch nicht mehr aus dem Kiesbett von Copse-Corner. Schlimmer noch: Das frühe Aus im Qualifying setzt Perez jetzt gewaltig unter Druck.

Denn trotz des erst kürzlich um zwei Jahre verlängerten Vertrags bei Red Bull, wackelt sein Platz plötzlich wieder! Möglich machen das strenge Performance-Klauseln in seinem Arbeitspapier. Heiß übersetzt: Liefert Perez keine Ergebnisse, kann ihn das Team vor die Tür setzen - und im Moment liefert der 34-Jährige überhaupt nicht ...

Bezeichnend: Obwohl Weltmeister Max Verstappen bei den schwierigen Mischbedingungen in Q1 ebenfalls in Copse-Corner von der Strecke rutscht, kann er sein Auto am Laufen halten - und fährt trotz beschädigtem Unterboden immerhin noch auf den vierten Startplatz. Für Perez, der sich im Kies einbuddelt, geht es am Sonntag von Position 19 aus los.

"Die Bedingungen haben mich überrascht. Ich habe versucht die Reifen aufzuwärmen, aber in Kurve neun war es ziemlich nass", erklärt er nach dem Qualifying bei Sky: "Als ich runtergeschaltet habe, haben die Hinterreifen blockiert, ich kam von der Strecke ab, und da stand so viel Wasser, dass ich das Auto nicht stoppen konnte, sondern es verloren habe und im Kies gelandet bin. Und das war's leider."

Perez gibt zu: "Es tut weh. Das Team auf diese Weise im Stich zu lassen, ist sehr schmerzhaft, vor allem weil es bis hierhin ein ziemlich starkes Wochenende war. Aber am Ende konnten wir einfach die Pace nicht zeigen." Dabei nimmt er die Verantwortung aber auch sich: "Ich hebe die Hand, weil ich es heute verbockt habe", so Perez: "Sehr frustrierend."

Für das Rennen hofft der Mexikaner jetzt auf Hilfe vom Safety-Car, um "schnell durchs Feld zu kommen", weiß aber auch: "Ab jetzt geht es um Schadensbegrenzung." Das Problem: Für Perez geht es eigentlich seit Wochen um nichts anderes. In Spielberg etwa war zuletzt nach einem Schaden im Startgetümmel nicht mehr drin als Platz sieben.

Viel zu wenig, will der Mexikaner seinen Platz bei Red Bull wirklich langfristig behalten - findet auch Motorsportberater Helmut Marko, der schon nach dem Auftritt in Österreich bei speedweek mit deutlichen Worten klargestellt hatte: "Wir brauchen nun von Sergio Leistung, denn es kann nicht sein, dass er hinter einem Haas-Rennwagen ins Ziel kommt."

Marko über Perez: "Er ist unter Druck"

Nach dem nächsten Quali-"Desaster", wie es Ex-Weltmeister Jenson Button am Samstag auf den Punkt bringt, legt auch Marko bei Sky in Bezug auf Perez nach: "Er ist unter Druck, das sieht man auch an seinen ganzen Gesten - und es hilft nicht, um aus diesem Tief herauszukommen." Immerhin könne man als Entschuldigung aus Markos Sicht anführen, "er war der Erste, der auf Slicks hinaus ist, ist dann unglücklich noch mit den Hinterrädern auf das Nasse gekommen".

Trotzdem steht für den Grazer fest: "Es kommt alles dazu, alles zusammen." Zwar sei es in Silverstone prinzipiell möglich, zu überholen, "aber von P19 sehe ich da kaum eine Chance, um in die Punkte zu kommen", malt Marko auch für den Sonntag bei Perez eher ein düsteres Bild.

Die Grundfrage bleibt indes im Raum stehen: Wie lange kann sich Red Bull, da die Gegner immer näher rücken, diese Leistungen seiner Nummer zwei noch leisten?

Für zusätzlichen Wirbel sorgt am Samstag in Silverstone jedenfalls die Nachricht, dass Red-Bull-Junior Liam Lawson schon kommende Woche im Red Bull sitzt - wie motorsport.com, eine Schwesterplattform von Motorsport-Total.com zuerst vermeldete, darf Lawson am Donnerstag an Ort und Stelle den aktuellen RB20 testen!

Bisher galt der 22-Jährige eigentlich als Kandidat für die Nachfolge von Daniel Ricciardo bei den Racing Bulls. Bekannt ist seit geraumer Zeit, dass Red Bull seinem Junioren für 2025 ein Cockpit garantieren muss, um nicht den Zugriff auf das Talent zu verlieren.

Im Zuge von Perez' schwankenden Leistungen scheint nun selbst eine Beförderung ins A-Team nicht mehr ausgeschlossen - wieder andere Spekulationen im Fahrerlager besagen sogar, dass eine Beförderung Ricciardos zu Red Bull wieder möglich sei, da sich die Leistungen des Australiers zuletzt wieder stark verbesserten - für ihn könnte dann Lawson im Juniorteam übernehmen.

Ricciardo zum Fahrermarkt: "Geht Richtung Hollywood"

Was ist wirklich los im Fahrerzirkus bei Red Bull? "Ich würde in diesem Sport gar keine Vorhersagen treffen", meldet sich mit Ricciardo am Samstag einer der Beteiligten zu Wort: "Dieser Sport wird jedes Jahr ... ich habe das Gefühl, je größer der Sport jetzt wird, desto mehr geht es Richtung Hollywood", weist der Racing-Bulls-Pilot auf die wilden Gerüchte und Spekulationen der Silly-Season hin.

Doch wie schnell es gehen kann, das erfuhr Ricciardo vor genau einem Jahr am eigenen Leib: Auch damals nutzte Red Bull schließlich einen Test in Silverstone, damals für Reifenhersteller Pirelli, um während der Saison seine Piloten zu evaluieren. In der Folge bekam Ricciardo das Alpha-Tauri-Cockpit von Nyck de Vries. Nun darf sich am Donnerstag also Lawson beweisen.

Zwar ist die Ausfahrt des Neuseeländers nur als Filmtag deklariert, die dabei erlaubten 200 Kilometer dürften für das Team aber mehr als genug sein, um das Potenzial Lawsons aufs Neue abwägen zu können. Praktischer Nebeneffekt: Auch der Einsatz des aktuellen Autos ist dadurch möglich - und damit entsprechende Quervergleiche mit den Daten der Stammpiloten von diesem Wochenende.

Was das Bild aus Red-Bull-Sicht abrundet: Durch den Freitagseinsatz im ersten Training anstelle von Perez, hat sogar noch ein weiterer Junior seine Visitenkarte abgegeben, denn auch Formel-2-Pilot Isack Hadjar drehte in Silverstone seine Runden im Red Bull. Ist auch er theoretisch noch in der Verlosung?

"Wir haben gesagt, dass wir uns nach der Sommerpause zusammensetzen und schauen, was unsere Pläne sind, und für Entscheidungen getroffen werden", sagt Marko dazu in Silverstone, macht aber keinen Hehl aus seiner guten Meinung über den Nachwuchspiloten: "Ich weiß, dass Hadjar gut ist, und das ganze Pech, das er dieses Jahr in der Formel 2 hatte, ist unglaublich. Ohne die Probleme hätte er 40 oder 50 Punkte mehr."

Perez mit Katastrophen-Bilanz: Zahlen sprechen Bände

Allein: Ob Perez bei derlei Zahlenspielen ähnlichen Welpenschutz genießt, das darf mehr als bezweifelt werden - beim Mexikaner lesen sich die jüngsten Zahlen deutlich drastischer, sprechen sie doch Bände: Von den 116 Punkten, die Red Bull in den letzten fünf Rennen geholt hat, gehen gerade einmal 15 auf das Konto des Mexikaners ...

Selbst Teamchef Christian Horner, der grundsätzlich als Perez-Befürworter gilt, tut sich bei Sky deshalb schwer, seinen Schützling gegen die zunehmend kritischen Stimmen zu verteidigen: "Es ist ein Sport, in dem man sich nicht verstecken kann - vor allem nicht, wenn Max Verstappen dein Teamkollege ist."

Horner weiter: "Er weiß, dass er gegen den Besten gemessen wird, und wir brauchen ihn da vorne, um Max zu unterstützen, denn es gibt jetzt zwei McLaren, zwei Ferrari und zwei Mercedes. Wir müssen definitiv zwei Red Bulls sein."

Zur jüngsten Perez-Krise sagt der Teamchef: "Sergio hatte jetzt eine harte Zeit, aber seine ersten fünf Rennen waren sehr stark - wohingegen er bei den letzten fünf nirgends war. Und wir wollen den Sergio von den ersten fünf Rennen zurück."

In die gleiche Kerbe schlägt nach der Enttäuschung am Samstag natürlich auch Perez selbst: "Ich will meine Form so schnell wie möglich wiederfinden, und nur darauf konzentriere ich mich", schiebt er die neuerlich aufgekommene Unsicherheit über seine Zukunft zur Seite.

Perez glaubt nicht, dass sein Stuhl wegen der jüngsten Ereignisse jetzt wieder wackelt: "Ich bin dem Team gegenüber voll verpflichtet", sagt der Mexikaner und pocht darauf: "Ich habe einen Vertrag mit dem Team, und ich werde die Dinge herumdrehen. Es ist auch nichts, was mich ablenkt... es ist wasserdicht."

Für Perez ist es "nur eine Frage der Zeit, bevor wir diese Situation umdrehen", schließlich sei er "schon lange genug im Geschäft, ich weiß also genau, was ich tun muss", so der Red-Bull-Pilot, der bekräftigt: "Ich werde nicht aufgeben, ich werde es drehen."

Selbst Horner deutet Hintertür an: "Wie wir alle wissen ..."

Dass Perez deshalb auf vielen Ebenen hart schuftet, unter anderem im Simulator, um zu verstehen, woran es im Moment für ihn hapert, das ist auch Teamchef Horner nicht entgangen: "Diese Resilienz haben wir bei ihm schon oft gesehen, und wir hoffen, sie bald wieder zu sehen", gibt er die Hoffnung noch nicht auf, räumt aber dennoch ein, dass man sich vom neuen Vertrag eigentlich einen positiven Effekt auf die Leistung erhofft habe, und nicht das eingetretene Gegenteil.

Die Vertragsverlängerung mit dem Routinier bereue man trotz der jüngsten Schwierigkeiten aber nicht, betont Horner - und deutet gleichzeitig abermals die straffen Performanceklauseln im Vertrag als valide Hintertür für den Rennstall an: "Es machte zu dem Zeitpunkt absolut Sinn mit Checo zu unterschreiben. Und wie wir alle wissen, ist es ein Geschäft, in dem immer der Druck herrscht zu liefern."

Liefert beim Test am Donnerstag jedoch Lawson, spätestens dann droht Perez wohl die Zügel seines roten Bullen aus der eigenen Hand zu verlieren ...

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