Motorsport Formel 1
Toto Wolff: Aktuelle Formel-1-Autos passen nicht zu Lewis Hamilton
"Es war eine ziemlich gute Zeit für Mercedes und für Lewis." Dieses Fazit zieht Teamchef Toto Wolff nach den vergangenen zwölf Jahren, in denen Lewis Hamilton für das Mercedes-Werksteam gefahren und in diesem Zeitraum zum Formel-1-Rekordweltmeister geworden ist.
Höhepunkt der gemeinsamen Zeit waren dabei die Jahre 2014 bis 2021, in denen Mercedes achtmal in Folge die Konstrukteurs-Weltmeisterschaft und Hamilton selbst sechsmal den Fahrertitel in der Formel 1 gewann, letztmalig in der Saison 2020.
Nachdem der Brite 2021 noch ein weiteres Mal Vizeweltmeister wurde und den Titelkampf gegen Max Verstappen erst bei einem dramatischen und kontroversen Saisonfinale in Abu Dhabi verlor, verliefen die vergangenen drei Jahre ab 2022 allerdings größtenteils enttäuschend.
Hamilton gewann in drei Saisons lediglich noch zwei Rennen und blieb 2022 und 2023 sogar jeweils komplett sieglos. Laut Wolff überschatten diese eher schwächeren Jahre aber nicht das Vermächtnis von Hamilton, der das Team nach der Saison 2024 verlassen hat.
Wolff: Haben Lewis kein gutes Auto mehr gegeben
Der Österreicher betont, Hamilton hätte auch nach 2021 weiter um Siege und WM-Titel kämpfen können, wenn Mercedes ihm das Material dazu gegeben hätte. "Aber das haben wir nicht geschafft", gesteht Wolff selbstkritisch. Denn die große Regeländerung zur Saison 2022 habe Mercedes aus der Bahn geworden.
Wolff betont: "Bis heute sind wir einfach nicht in der Lage, eine konstante Performance ans Auto zu bringen und den Fahrern etwas zu geben, das vorhersehbar ist, das genug Abtrieb hat, das nicht hüpft oder springt, das ein akzeptables Fahrverhalten hat, bei dem der Reifenabbau richtig gesteuert werden kann und [der Reifen] nicht zu kalt oder zu heiß ist."
Trotzdem, so Wolff, seien die vergangenen Jahre kein komplettes Debakel gewesen. Denn zwar beendete Mercedes die abgelaufene Formel-1-Saison 2024 nur auf WM-Rang vier, 2022 war man aber immerhin WM-Dritter und 2023 sogar Vizeweltmeister geworden.
Passt Hamiltons Fahrstil nicht zu den aktuellen Autos?
Fakt ist allerdings auch, dass Hamilton selbst zwei der vergangenen drei Saisons in der Fahrer-WM hinter seinem Teamkollegen George Russell beendete. Obwohl der Mercedes also insgesamt kein leicht zu fahrendes Autos war, schien der Rekordweltmeister selbst damit phasenweise besonders große Schwierigkeiten zu haben.
2024 zeigte sich das vor allem im Qualifying. Das interne Mercedes-Duell gegen Russell verlor er mit 5:19, nach der Sommerpause schloss der 26-Jährige sogar neun der zehn Qualifikationen vor Hamilton ab. Den einzigen "Sieg" in diesem Zeitraum holte der siebenmalige Weltmeister in Singapur.
"Diese Generation Auto liegt Lewis nicht so", sagt Wolff in einem Interview mit auto motor und sport und erklärt: "Er bremst spät und haut das Auto aggressiv in die Ecken. Das Auto und die Reifen verzeihen das manchmal nicht, weil die Reifen nicht mit allen Belastungen klarkommen."
Allison: Formel-1-Autos muss man momentan ruhig fahren
"Manchmal ist es besser, nur mit 98 Prozent zu fahren. In der Qualifikation fällt das mehr auf als im Rennen", so Wolff. James Allison, Technikchef bei Mercedes, teilt diese Einschätzung. Das hat er bereits im vergangenen Sommer im Podcast Beyond the Grid verraten.
"Die aktuelle Kombination aus Auto und Reifen, und das betrifft nicht nur uns, sondern alle in der Boxengasse, mag es nicht, gedrängt zu werden. Man erzielt fast die besten Rundenzeiten, wenn man es nicht versucht", so Allison damals im Hinblick auf Hamiltons Schwierigkeiten in der Qualifikation.
Die Fahrer seien im vergangenen Jahr selbst oft "überrascht" gewesen, mit einem eher entspannten Ansatz plötzlich eine schnellere Rundenzeit zu fahren. Doch gerade im Qualifying, wenn man voll mit Adrenalin sei, sei es häufig schwierig, diese nötige Entspannung zu haben, so Allison.
Mercedes stellt klar: Haben Russell nicht bevorzugt
Verschwörungstheorien, dass Mercedes Russell 2024 bewusst bevorzugt habe, weil es klar war, dass Hamilton das Team verlässt, dementierte Allison schon damals vehement und stellte klar: "Die Fahrzeuge sind identisch. Der Einsatz der Motoren ist identisch."
"Wenn sich die Autos in der Abstimmung unterscheiden, liegt das daran, dass sich die Ingenieurteams auf beiden Seiten der Garage dazu entschieden haben. Aber sie haben die Möglichkeit, identisches Material zu verwenden, wenn sie wollen", so Allison.
Auch Wolff hat solche Behauptungen stets ins Reich der Fabeln verwiesen. Und auch umgekehrt habe Hamilton die Saison 2024 nicht vorzeitig abgeschenkt. Er glaubt zumindest nicht, "dass er mit seinem Kopf schon bei seinem neuen Team war. Dazu ist Lewis zu professionell", so Wolff.
Bereits vor dem Start der Saison 2024 hatte Hamilton bekanntgegeben, in der Formel 1 ab 2025 für Ferrari zu fahren. Im Alter von inzwischen bereits 40 Jahren will der Brite seiner Karriere mit dem Wechsel noch einmal neuen Schwung verleihen.