Motorsport Formel 1
Toto Wolff: Mercedes hat mit Antonelli in Monza "einen Fehler gemacht"
Der 30. August war ein denkwürdiger Tag in der Formel-1-Saison 2024. Es war der Tag, an dem Andrea Kimi Antonelli, im Paddock von allen nur Kimi genannt, erstmals in einem offiziellen Freitagstraining gegen die gestandenen Stammfahrer antrat, anstelle von George Russell in dessen Mercedes. Und Antonelli hinterließ direkt einen bleibenden Eindruck.
Weniger wegen seines Crashs in der Parabolica-Kurve, auf seiner erst zweiten schnellen Runde, sondern wegen der imposanten Telemetriedaten in der Runde seines Unfalls. In manchen Kurven hatte der 18-Jährige selbst Superstars wie Max Verstappen um zehn und mehr km/h abgehängt und so eine Kostprobe seines Talents abgegeben.
Toto Wolff kommt drei Monate später noch ins Schwärmen, wenn er an Antonellis Strohfeuer bis zum Crash zurückdenkt. Antonelli habe in Monza "eine unglaubliche Runde hingelegt, die leider nur bis zur Parabolica gehalten hat. Aber wenn man sich die Overlays angeschaut hat, war das unglaublich", sagt der Mercedes-Teamchef in einem Interview mit dem ORF.
Wobei natürlich jedem klar ist, dass Antonelli 2025 nicht vom ersten Tag an alle anderen in Grund und Boden fahren und wie Nasenbohrer aussehen lassen wird. Seine unfassbaren Monza-Daten sind womöglich auch ein Beleg für seine Unerfahrenheit, weil er vermutlich bis zum Anschlag gepusht hat und andere etwas routinierter und gemäßigter gefahren sind.
Denn: Antonelli hat durch die irren Kurvengeschwindigkeiten mutmaßlich seinen Pirelli-Reifen zu viel zugemutet, sodass diese bei seiner Ankunft in der Parabolica (eigentlich: Alboreto-Kurve) nicht mehr den vollen Grip hatten. Vielleicht wären auch Verstappen & Co. zu solchen Kurvengeschwindigkeiten imstande gewesen, wären sie wie Antonelli ohne Rücksicht auf Verluste gefahren.
Wolff: Es wird 2025 bittere Momente geben
Wolff weiß: "Wir alle denken immer drüber nach, ob wir die richtigen Entscheidungen treffen. Und die Antonelli-Entscheidung ist sicher eine mutige und für uns auch ein Experiment." Jetzt gehe es drum, "dass wir nächstes Jahr die Erwartungshaltung managen, seine, unsere und auch die der Fans, und ihn sich einfach entwickeln lassen".
Denn: "Es wird Momente geben, wo wir uns die Haare ausreißen, wegen Fehlern, und dann wird's wieder Momente der Brillanz geben, wo man sieht, wie dieses Talent durchkommt. Aber Hauptsache ist, sich zu entwickeln im nächsten Jahr. 2026 ist sehr wichtig für uns als Motorenhersteller. Und da wollen wir ihn ready haben."
Antonelli absolvierte nach Monza noch ein zweites Freitagstraining, beim Grand Prix von Mexiko, und trat dort bereits wesentlich besonnener auf als noch beim Heimspiel in Italien. In Mexiko-Stadt absolvierte er 19 relativ unauffällige Runden. Am Ende der Session lag er gut eine Sekunde hinter George Russell auf dem zwölften Platz.
Die Geburtsstunde eines Champions?
Wolff berichtet, dass "jeder, der mit ihm gearbeitet hat", in den Nachwuchsformeln vor der Formel 1, Antonellis Talent als "außergewöhnlich" beschreibe. Mercedes habe aber in Monza "einen Fehler gemacht, dass wir ihn in Italien dem Druck ausgesetzt und auch angekündigt haben, dass er 2025 für uns fahren wird".
Doch eins ist klar: Auch wenn Antonellis Auftritt in Monza in den Reifenstapeln geendet hat und nicht auf Platz 1 der Ergebnisliste, war es ein denkwürdiges Debüt in der Formel 1. Eins, auf das Experten womöglich noch in vielen Jahren als Geburtsstunde eines neuen Champions zurückblicken werden. Immerhin ersetzt Antonelli niemand Geringeren als Lewis Hamilton.