Motorsport Formel 1
Was wir aus den Formel-1-Wintertests in Bahrain nicht gelernt haben
Frage: Fanden die Tests unter ungewöhnlichen Bedingungen statt, und sind die Ergebnisse repräsentativ?
Oleg Karpow: Am Donnerstagabend in Bahrain, nur wenige Stunden nach Lando Norris' beeindruckendem Longrun, wurde Andrea Stella bei einer Medienrunde gefragt, ob McLaren seine Art des Feierns in dieser Saison ändern wird. Wird es weiterhin Teamfotos nach Podestplätzen geben, wie in der Vergangenheit, oder nur noch nach Siegen?
Dass McLaren Rennen gewinnen wird - und vermutlich einige davon - steht nach den Tests in Bahrain außer Frage. Doch Stella, ganz der bedachte Pragmatiker, war nicht so überzeugt wie die Medien von der Stärke seines Teams im Vergleich zur Konkurrenz. Er verwies auf die besonderen Testbedingungen: Die Temperaturen lagen weit unter denen, die die Teams üblicherweise in Bahrain vorfinden. Dadurch könnten einige der "traditionellen Probleme", mit denen McLaren auf dieser Strecke in den vergangenen Jahren zu kämpfen hatte, überdeckt worden sein.
Zwar ist es typisch für den McLaren-Teamchef, die Erwartungen zu dämpfen, doch sein Punkt ist berechtigt. Alle Prognosen über die Kräfteverhältnisse basieren auf nur drei Testtagen an einem einzigen Kurs - unter Bedingungen, die die Teams in dieser Saison wahrscheinlich nicht noch einmal erleben werden, nicht einmal in Bahrain.
Die Herausforderungen umfassten eine kalte Strecke, einen extrem rauen Asphalt und ein Streckenlayout, das vor allem gute Traktion erfordert. Ja, McLaren sah definitiv am stärksten aus. Und ja, das ist für das Team ein positives Zeichen, da es in Bahrain in der Vergangenheit stärker zu kämpfen hatte als auf den meisten anderen Strecken im Kalender.
Doch wir haben letztes Jahr gesehen, wie sehr sich die Kräfteverhältnisse von einem Rennen zum nächsten ändern können - abhängig nicht nur vom Layout, sondern auch von der Asphaltbeschaffenheit, den Temperaturen und sogar von der Intensität und Richtung des Windes. Deshalb könnten viele Analysen, die auf den Beobachtungen in Bahrain basieren, zwar zutreffend sein - aber sie müssen nicht zwangsläufig auf Melbourne, China oder sogar auf das nächste Rennen in Bahrain im April übertragbar sein.
Frage: Vorhersehbarer als erwartet, aber mit Problemen: Wo steht Red Bull wirklich?
Jake Boxall-Legge: "Schlechter als letztes Jahr kann es nicht sein", sagte Max Verstappen über seinen neuen RB21 während der Wintertests. Doch es gab noch mehr zu sagen: Er genoss seine erste Ausfahrt mit dem neuen Auto und bemerkte, dass es sich "deutlich anders" als der launische RB20 von 2024 verhielt. Doch wirklich überschwänglich klang er nicht. Hat seine Zeit in England etwa zu einer britischen Vorliebe für Understatement geführt, oder war dies einfach nur ein Lob mit einer Prise Kritik?
Wir haben von Red Bull bisher nicht das gesamte Bild gesehen. Die Prognosen für die Saison reichen von einem direkten Zweikampf mit McLaren bis hin zu einer Rolle als einer von mehreren Konkurrenten in einem engen Duell mit Ferrari und Mercedes. Doch letztlich wissen wir auch nicht genau, wo Ferrari und Mercedes tatsächlich stehen. Auch innerhalb des Teams gibt es gemischte Signale.
Red Bulls Motorsportkonsulent Helmut Marko erklärte am ersten Testtag, dass der RB21 wesentlich berechenbarer sei, dabei aber weiterhin die sensible Reifenbehandlung seines Vorgängers beibehalte. Doch während die Tage in der Wüste Bahrains verstrichen, traten Probleme auf: Ein Wasserdruckproblem sorgte am zweiten Tag für eine Zwangspause in der Boxengasse, und weitere Kinderkrankheiten führten dazu, dass Technikchef Pierre Wache einräumte, dass der Test "nicht so reibungslos verlief wie erwartet".
Das Team glaubt, die Probleme in den Griff zu bekommen, doch es strahlt nicht die gewohnte Selbstsicherheit aus, mit der es in die vergangenen Saisons gestartet ist.
Frage: Wie bereit ist Liam Lawson wirklich?
Ben Hunt: Wenn es ein Wort gibt, das Liam Lawsons Wintertests in der Formel 1 beschreibt, dann wäre es wohl "unspektakulär" - doch das ist nicht unbedingt schlecht. Ja, sein Tempo ließ im Vergleich zur Konkurrenz zu wünschen übrig, doch dasselbe gilt für seinen Teamkollegen Max Verstappen.
Red Bull führte dies auf mehrere Faktoren zurück, allen voran das Wetter. An dem Tag, an dem Lawson das Auto übernahm, regnete es, sodass das Team sein geplantes Testprogramm umstellte und sich auf Longruns zur Überprüfung der Zuverlässigkeit konzentrierte, anstatt schnelle Einzelrunden zu fahren.
Lawson selbst sprach davon, sich erst an das Auto gewöhnen zu müssen, blieb aber zuversichtlich. Red Bull berichtete, dass seine Rückmeldungen mit denen Verstappens übereinstimmten und dass beide Fahrer sich in Bezug auf die notwendigen Verbesserungen einig waren.
Ob der Neuseeländer wirklich bereit für die Formel 1 ist, lässt sich noch nicht abschließend sagen. Doch was in Red Bulls Fahrerpaarung wirklich zählt, ist eine harmonische Zusammenarbeit mit Verstappen - und dass beide Fahrer in dieselbe Richtung arbeiten. Dass Lawson seinen Teamkollegen derzeit nicht unter Druck setzt und stattdessen von ihm lernt, könnte ihm die nötige Zeit verschaffen, um sich weiterzuentwickeln, bevor er unter intensiverer Beobachtung steht.
Frage: Wie realistisch ist das Tempo von Williams im dichten Mittelfeld?
Ronald Vording: Am Freitagabend wurde Williams im Fahrerlager von Bahrain als positive Überraschung gehandelt. Alex Albon und Carlos Sainz zeigten über eine Runde vielversprechende Zeiten - doch jeder weiß, dass diese in den Wintertests wenig Aussagekraft besitzen. Unbekannte Faktoren wie Benzinladungen und Motorenmodi verzerren das Bild, sodass die Frage bleibt: Waren dies reine Showruns oder ist Williams tatsächlich ein ernsthafter Anwärter auf den Titel "Best of the Rest" hinter den vier Topteams?
Wichtiger als Einzelrunden sind die Longruns. Hier lag Williams im Schnitt 0,80 Sekunden pro Runde hinter McLaren - eine vielversprechende Zahl. Mit insgesamt 395 Runden absolvierte das Team zudem ein produktives Testprogramm. Doch bleibt abzuwarten, ob Williams 2025 tatsächlich überraschen kann oder ob es lediglich mehr gezeigt hat als einige seiner Rivalen.
Das Gegenteil trifft auf Aston Martin zu. Das Team aus Silverstone galt als eine der größten Enttäuschungen. Doch ist es wirklich so schlecht, wie es den Anschein hatte? Oder haben die gestörte Testplanung und die gesundheitlichen Probleme von Lance Stroll das wahre Potenzial des AMR25 verschleiert?
Diese Fragen bleiben bis zum Saisonauftakt in Australien offen - und machen das Formel-1-Mittelfeld 2025 so unvorhersehbar wie selten zuvor.
Frage: Wird Haas seine Stärke über eine Runde behalten?
Mark Mann-Bryans: Wer die Zeitenliste der drei Testtage in Bahrain flüchtig betrachtete, dürfte Haas selten in den vorderen Reihen entdeckt haben. Weder Oliver Bearman noch Esteban Ocon konnten sich auf den Spitzenpositionen zeigen.
Doch das lag nicht an mangelndem Potenzial, sondern an der Strategie des Teams: Haas konzentrierte sich in erster Linie auf Longruns und Rennpace - ähnlich wie im Vorjahr.
Ocon konnte am Freitag gegen Ende des Tests endlich eine schnelle Runde setzen, lag aber immer noch über eine Sekunde hinter der Spitze. Bearman hingegen sorgte für eine kuriose Szene: Sein letzter Run wurde abrupt beendet, als seine Motorabdeckung abriss und eine sichtbare Rissbildung an der Seite des Haas offenbarte.
Haas war in Bahrain weder besonders auffällig noch inspirierend. Ob das US-Team seine letztjährige Stärke in der Qualifikation beibehalten kann, wird sich erst in Melbourne zeigen - insbesondere wenn man bedenkt, dass Nico Hülkenberg in Abu Dhabi noch auf einen beeindruckenden vierten Startplatz fuhr (bevor er aufgrund von Strafen zurückversetzt wurde). Das Team hat also einiges zu bestätigen.