Olympia 2024: Was Frankreich kann, kann Deutschland auch - Kommentar
Aktualisiert: 16.08.2024
12:07 Uhr
Tobias Wiltschek
Die Spiele in Paris waren ein Fest des Sports - und dienen als Blaupause für Olympia in Deutschland. Dort kommt eigentlich nur eine Stadt für die Ausrichtung in Frage. Ein Kommentar.
Was bleibt, sind Erinnerungen an pompöse Eröffnungs- und Abschlussfeiern, Bilder von Beachvolleyballern unterm glitzernden Eiffelturm, feiernden Menschen entlang der Strecken, und Eindrucke von ohrenbetäubendem Lärm in den Arenen – nicht nur bei den olympischen Kernsportarten Schwimmen und Leichtathletik.
Paris und Frankreich - so viel nachbarschaftliches Lob sei gestattet - haben sich in den vergangenen zwei Wochen von ihrer besten Seite gezeigt.
Die Franzosen haben sich und der Welt bewiesen, dass es auch in diesen politisch und gesellschaftlich herausfordernden Zeiten möglich ist, ein im wahrsten Sinne des Wortes offenes Großereignis zu zelebrieren, das die Menschen zumindest wieder ein Stück weit zusammenführt.
Nach den vielen sportlichen Großereignissen der vergangenen Jahre in diktatorischen Staaten senden die gelungenen Spiele in Paris darüber hinaus ein weiteres wichtiges Zeichen, das auch in Deutschland hoffentlich gesehen wird: Ja, es ist nach wie vor möglich, Olympische Spiele in einer westlichen Demokratie auszutragen und einen Großteil der eigenen Bevölkerung dafür zu begeistern.
Warum also sollte es nicht auch in Deutschland möglich sein, Olympische Spiele auszurichten? Ein erster Schritt dazu hat die Bundesregierung zusammen mit dem Deutschen Olympischen Sportbund schon getan.
Die gemeinsame Absichtserklärung, sich für Olympia 2040 zu bewerben, kann aber nur ein Anfang sein. Wichtig ist nun, einerseits die Bevölkerung für die Austragung zu gewinnen, anderseits aber auch die besten Bedingungen für die Athletinnen und Athleten zu schaffen, die in 16 Jahren vor ihren Landsleuten um die Medaillen kämpfen sollen.
Dazu braucht es den Mut und das Engagement, die Idee von Olympia in Deutschland auch gegen die durchaus berechtigten Bedenken der Olympia-Gegner zu verteidigen und im besten Fall die Bedenkenträger von den Spielen im eigenen Land zu überzeugen.
Ja, die Bewerbung für und die Ausrichtung von Olympischen Spielen wird viel Geld kosten. Ja, die Spiele werden nur unter massiven Sicherheitsvorkehrungen zu veranstalten sein. Ja, das Internationale Olympische Komitee hat sich in den vergangenen Jahren einen sehr zweifelhaften Ruf erarbeitet. Korruptionsvorwürfe, grenzenloser Gigantismus und mangelnde Nachhaltigkeit prägen das Bild vieler Kritiker vom IOC.
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Olympia 2024: Gewinner und Verlierer von Team Deutschland in Paris
Olympia 2024: Gewinner und Verlierer von Team Deutschland Die olympischen Sommerspiele in Paris 2024 sind vorbei, alle Medaillen wurden vergeben. Für einige deutsche Athleten wurde der Traum von Edelmetall wahr, zahlreiche Top-Stars und Favoriten aus Team D konnten die hohen Erwartungen aber nicht erfüllen.(ran-Kommentar: Das muss sich jetzt ändern.) ran zeigt die deutschen Gewinner und Verlierer der Spiele.
Gewinner: Yemisi Ogunleye Der Wettkampf endet erst mit dem letzten Versuch. Diese Weisheit untermauerte die Kugelstoßerin eindrucksvoll. Mit exakt 20 Metern katapultierte sich Ogunleye im 6. Versuch noch auf Platz eins. Die bis dato Führende Maddison-Lee Wesche aus Neuseeland konnte nicht mehr kontern und musste sich doch noch nur mit Silber begnügen.
Gewinner: Leo Neugebauer Unfassbarer Wettbewerb im Zehnkampf der Männer. Leo Neugebauer lag zwischenzeitlich auf Goldkurs. Am Ende musste er sich aber dem Norweger Markus Rooth geschlagen geben, der im Laufe der Disziplinen eine persönliche Bestmarke nach der anderen aufstellte. Aber: Die Silbermedaille glänzte dennoch ein wenig golden, zumal Neugebauer deutlich sein Potenzial als neuer Superstar des DLV zeigte - so frisch, so sympathisch und so positiv er sich in Interviews präsentierte.
Gewinner: Handballer Die deutschen Handballer spielten ein bärenstarkes Turnier und verdienten sich die Silbermedaille. Die Siege über Frankreich nach Verlängerung im Viertelfinale und Spanien im Halbfinale waren ein Statement. Am bärenstarken Auftritt der DHB-Herren trübt auch die 26:39-Rutsche gegen den haushohen Favoriten Dänemark nichts. Auch, wenn der Schock über den Klassenunterschied zunächst überwog. Mit Silber hatte vor dem Turnier kaum einer gerechnet.
Gewinner: Basketballer Gleiches wie für die Handballer gilt auch für die Basketball-Herren, auch wenn nach einem insgesamt erneut starken Turnier die Medaillen knapp verpasst wurden. Nach dominanter früher Turnierphase gingen den Weltmeistern um Dennis Schröder und Co. diesmal im Halbfinale gegen Frankreich und Bronze-Match gegen Serbien die Puste aus. Dennoch ist der DBB weiter nah dran an der absoluten Weltspitze - es war das beste Ergebnis bei Olympia ever.
Gewinner: 3x3 Basketballerinnen Was für ein unfassbares Turnier der deutschen 3x3-Basketballerinnen, die diverse Spiele auf Messers Schneide für sich entscheiden konnten und völlig zurecht Gold im Finale gegen Spanien mit 17:16 gewannen. Das Quartett Svenja Brunckhorst, Sonja Greinacher, Elisa Mevius und Marie Reichert bewies in den entscheidenden Momenten steht die besseren Nerven als ihre Gegnerinnen.
Gewinner: Deutsche Dressur- und Springreiter Reiten geht bei Olympia nur über Deutschland. In der Dressur wurde die deutsche Vormachtstellung zementiert. Mit Gold im Teamwettbewerb sowie Einzelgold bei den Männern durch Michael Jung sowie Gold und Silber bei den Damen durch Jessica von Bredow-Werndl und Isabell Werth waren eine Wucht. Im Springreiten sicherte sich Christian Kukuk im Stechen dann sogar auch noch Gold.
Gewinner: Beachvolleyballer Die "Beach Boys" Nils Ehlers und Clemens Wickler gewannen unter der traumhaften Kulisse direkt vor dem Eifelturm sensationell Silber. Im Finale zerplatzte mit 0:2 gegen die favorisierten Schweden David Ahman und Jonatan Hellvig zwar der Traum von Gold, dennoch übertraf das Duo die Erwartungen um Längen. Vor den Spielen zählten sie zwar zum erweiterten Favoriten-Kreis, aber nicht zu den aussichtsreichsten Medaillenkandidaten.
Gewinner: Angelique Kerber Wie angekündigt beendet die langjährige deutsche Nummer eins im Tennis nach den Olympischen Spielen ihre hochdekorierte Karriere. Auf dem vertrauten Gelände der French Open in Roland Garros lieferte die 36-Jährige aber noch einige denkwürdige Schlussakkorde ab. In Runde eins war bereits nach zwei Sätzen für die favorisierte Japanerin Naomi Osaka Schluss. Kerber schnupperte sogar an einer Medaille, unterlag im Viertelfinale im Tiebreak des 3. Satzes jedoch der Chinesin Zheng Qinwen.
Gewinner: Tischtennis Damen Deutschlands hat einen neuen Tischtennisstar! Die erst 18-jährige Annett Kaufmann spielte in Paris groß auf und schockte reihenweise deutlich besser in der Weltspitze platzierte Spielerinnen. Auch wenn es im Bronze-Duell mit Südkorea ein deutliches 0:3 setzte, spielte das Team um die neue Hoffnungsträgerin ein bärenstarkes Turnier. Im Halbfinale gegen Japan schlug Kaufmann sensationell sogar die hochfavorisierte 16-Jährige Miwa Harimoto.
Verlierer: Alexander Zverev Ernüchterung für Titelverteidiger Zverev in Paris. Der Goldmedaillen-Gewinner von Tokio 2021 musste sich dem Italiener Lorenzo Musetti im Viertelfinale bereits nach zwei Sätzen geschlagen geben. Nach dem Aus klagte der 27-Jährige über anhaltende körperliche Probleme. Zverev habe schon zuvor beim Turnier in Hamburg gemerkt, dass etwas nicht stimmt. Da er dort bereits "sehr schnell müde" geworden war, werde er nun der Ursache auf den Grund gehen.
Verlierer: 4x400m Mixed-Staffel Der Wettbewerb der deutschen 4x400m Mixed-Staffel geriet fast in den Hintergrund, Nebenkriegsschauplätze um die Läufer- und Läuferinnen bestimmten das Geschehen. Jean Paul Bredau und seiner Freundin Luna Bulmahn stieß die Nichtberücksichtigung Letzterer sauer auf. Statt Bulmahn bekam Social-Media-Star Alica Schmidt den Vorzug ...
Verlierer: 4x400m Mixed-Staffel Die Bevorzugung von Schmidt und die Kommunikation im Team sorgten für reichlich Unstimmigkeiten. Freund Bredau sollte auf der Laufstrecke als Startläufer massiv enttäuschen und das Team dadurch früh um eine Medaillenchance bringen. Was folgte war viel Drama und Hetze im Netz gegen Bredau und Bulmahn, die für die Misstöne innerhalb der Mannschaft sogar komplett aus dem deutschen Aufgebot für die weiteren Staffeln flog.
Verlierer: Niklas Kaul Im Gegensatz zu Silbermedaillen-Gewinner Neugebauer war für Ex-Weltmeister Kaul bereits nach einem überaus enttäuschenden ersten Wettkampftag der Traum von einer Medaille im Zehnkampf geplatzt. Der 26-Jährige werde nun in die Analyse gehen, woran es in mancher Disziplin gelegen habe. Danach gilt der Fokus aber direkt der Vorbereitung für Los Angeles, wo die Olympischen Sommerspiele 2028 stattfinden.
Verlierer: Deutschland-Achter Ernüchterung für das deutsche Ruder-Aushängeschild. Das erste Mal seit 16 Jahren ging der Achter bei Olympischen Spielen leer aus. Das Boot um den neuen Schlagmann Torben Johannesen landete im Finale nur auf dem vierten Platz. Mit 4,52 Sekunden Rückstand aufs Treppchen wurde die erhoffte Medaille deutlich verpasst.
Verlierer: Ricarda Funk Drama um die Goldgewinnerin von Tokio! Ricarda Funk war als Doppelolympiasiegerin mit großen Träumen zu den Spielen nach Paris gereist. Im Wettbewerb sah es dann erneut großartig aus, Funk lag lange auf Goldkurs. Dann aber der Schock sie verfehlte in Führung liegend ein Tor – und wurde schließlich abgeschlagen nur Elfte.
Verlierer: Tischtennis Männer Keine Medaille gab es für die deutschen Tischtennis Männer. Im Viertelfinale setzte es gegen Schweden ein deutliches 0:3. 2021 in Tokio hatte es das deutsche Team noch bis ins Finale geschafft und unterlag erst Top-Favorit China. Doppelt Bitter: Das vorzeitige Aus war gleichbedeutend mit dem letzten Olympia-Spiel von Legende Timo Boll - dem langjährigen Aushängeschild des Tischtennissports in Deutschland.
Verlierer: Florian Wellbrock Komplett gebrauchte Spiele erlebte der ehemalige Top-Schwimmer. Über 800 Meter und 1500 Meter scheiterte Wellbrock bereits völlig ratlos im Vorlauf aus. Auf der Langdistanz hatte er in Tokio noch Bronze gewonnen. Und auch im Freiwasserschwimmen über zehn Kilometer war der 26-Jährige bei seiner versuchten Titelverteidigung trotz zwischenzeitlicher Führung am Ende mit Platz acht chancenlos.
Verlierer: Fechten Einst war Deutschland eine große Fechtnation. 13 Olympiasieger und mehr als 40 Medaillengewinner hatte die Sportart hervorgebracht. Doch diese Zeiten sind vorbei. Ohnehin war man mit dem kleinsten Aufgebot seit 68 Jahren am Start - nur Florettfechterin Anne Sauer und der Säbelspezialist Matyas Szabo durften auf Medaillenjagd gehen. Davon waren sie aber schlussendlich weit entfernt. Beide schieden im Viertelfinale aus.
Doch Paris hat zumindest gezeigt, dass man kaum neue Sportstätten bauen muss, um ein Ereignis dieser Größenordnung zu stemmen. Die meisten Stadien, Hallen und Strecken gab es bereits. Und wenn etwas neu gebaut wurde, dann möglichst klimaneutral.
Auch in Deutschland würden sich die Investitionen in neue Stadien und Arenen in Grenzen halten. Auch hierzulande gäbe viele Wettkampfstätten, die für die Spiele 2040 genutzt werden könnten.
Mit Berlin, Hamburg, Düsseldorf, Leipzig, München und der Region Rhein-Ruhr gelten gleich mehrere Standorte als mögliche Olympia-Ausrichter.
Berlin hätte die besten Chancen
Damit Deutschland am Ende aber auch den Zuschlag bekommt, wäre Berlin der Standort mit den größten Erfolgsaussichten. Nicht nur aus politisch-gesellschaftlichen Gründen, weil hier 1990 – also 50 Jahre vor den möglichen Spielen 2040 - die Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten beschlossen wurde.
Auch was die sportliche Infrastruktur betrifft, hat die Hauptstadt die besten Voraussetzungen. Mit dem Olympiastadion verfügt sie über eine der wenigen großen Arenen in Deutschland mit einer Leichtathletik-Laufbahn.
Dazu kommen weitere Austragungsorte, wie die Uber-Arena oder die Regattastrecke in Grünau. Nur eine größere Schwimmhalle müsste wohl noch gebaut werden.
Dazu könnten, ähnlich wie in Paris, auch die Bereiche um Sehenswürdigkeiten als Wettkampfstätten genutzt werden. Beachvolleyball unter dem Fernsehturm? Bogenschießen an der East Side Gallery? Dressurreiten im Park von Schloss Sanssouci?
Noch ist das alles Zukunftsmusik. Die Voraussetzungen aber für Olympia 2040 in Deutschland sind gegeben. Jetzt muss daraus nur noch Wirklichkeit werden.