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Kommentar

ranSicht zur Australien-Farce um Novak Djokovic: Er ist jetzt schon der Verlierer

  • Aktualisiert: 10.01.2022
  • 11:00 Uhr
  • ran.de / Carolin Blüchel
Article Image Media
© 2021 Getty Images
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Mit einer umstrittenen medizinischen Ausnahmeregelung wollte Novak Djokovic an den Australian Open teilnehmen. Doch er hat die Rechnung ohne den Grenzschutz gemacht und ist schon jetzt der Verlierer. Unabhängig davon, wie das Gericht am Ende entscheidet. Ein Kommentar von ran-Mitarbeiterin Carolin Blüchel.

München - Medizinische Ausnahmeregelungen bezüglich der strengen Impfpflicht für Reisende sind keine Schlupflöcher für privilegierte Tennisspieler mit Impf-Aversion. Das durfte vergangenen Nacht auch Novak Djokovic lernen.

Der australische Grenzschutz verweigerte dem Weltranglistenersten am Flughafen in Melbourne die Einreise, weil er nicht über genügend Belege für eine vom Bundesstaat Victoria erteilte Sondergenehmigung verfügte. Diese hätte ihm das Betreten des Landes auch ohne doppelte Corona-Impfung ermöglicht.

Keine Einreise ohne nötige Papiere - das gilt für den besten Tennisspieler der Welt eben genauso wie für Otto-Normal-Verbraucher. Und das ist richtig. "Regeln sind Regeln, besonders wenn es um unsere Grenzen geht. Niemand steht über diesen Regeln", twitterte Aussie-Premier Scott Morrison.

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Djokovic fehlen Nachweise für Sonderstatus

Djokovic muss durch eine offenbar verzerrte Selbstwahrnehmung ganz selbstverständlich vom Gegenteil ausgegangen sein. Anders ist es kaum zu erklären, dass er seine Ausnahmegenehmigung nur von einem Arzt hatte bestätigen lassen, obwohl die Regularien – schwarz auf weiß – eine doppelte Prüfung vorsehen. Oder dass er, wie australische Medien berichten, ein falsches Visum beantragt haben soll.

Statt reumütig die fehlenden Papiere aufzutreiben, diskutierte Djokovic stundenlang mit den Grenzschützern, was sein Vater ketzerisch als "australische Gefangenschaft" bezeichnete. Serbiens Präsident Aleksandar Vucic schimpfte gar über eine "politische Hexenjagd". Selbstreflexion? Fehlanzeige.

Djokovic während Corona: ignorant und weltfremd

Es ist der vorläufige Höhepunkt einer arroganten, ignoranten und weltfremden Attitüde, die Djokovic schon seit Beginn der Pandemie immer wieder an den Tag legt. So veranstaltete er im Sommer 2020 den Adria Cup, als sich nahezu die ganze Welt im Lockdown befand. Das Turnier inklusive Feier-Orgien wurde schließlich abgebrochen, nachdem sich fast alle Teilnehmer inklusive Djokovic selbst mit dem Coronavirus infiziert hatten.

Von Reue keine Spur. Stattdessen machte Djokovic auch in der Folge keinen Hehl daraus, wie wenig ernst er die Pandemie nehme bzw. wie sehr er auf seinen Vorbild-Charakter pfeife. 

Übrigens schon 2017 war der 34-Jährige durch fragwürdige Schwurbeleien aufgefallen, als er behauptete, giftiges Wasser mit Achtsamkeit und Gebeten in Heilwasser verwandeln zu können. 

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Medien bezeichnen Ausnahmegenehmigung als "kranke Heuchelei"

Serbiens Präsident Vucic kritisiert "Hexenjagd"
News

Serbiens Präsident Vucic: "Politische Hexenjagd" auf Djokovic

Serbiens Präsident Aleksandar Vucic hat im Chaos um die Einreise des Tennisstars Novak Djokovic nach Australien schwere Vorwürfe erhoben.

  • 06.01.2022
  • 13:00 Uhr

Seinen Impfstatus hielt er monatelang unter Verschluss. Das ist natürlich sein gutes Recht. Erst als er Anfang der Woche via Instagram seine Teilnahme an den Australian Open dank einer Ausnahmeregelung verkündete, machte er zwischen den Zeilen seinen Status öffentlich und trat damit besonders der australischen Bevölkerung rücksichtslos auf die Füße.

Denn kaum ein Land dieser Welt fuhr und fährt im Kampf gegen die Pandemie einen härteren Kurs. Der Bundesstaat Victoria, in dem die Australian Open stattfinden, hatte erst im Oktober den weltweit längsten Lockdown von 262 Tagen beendet. Inklusive nächtlicher Ausgangsbeschränkungen.

Die Bevölkerung durfte im Land nicht reisen, nicht einmal, um sterbende Verwandte zu verabschieden. Und das trotz moderater Infektionszahlen. Dementsprechend groß war der Aufschrei über Djokovics "Extrawurst". 

Die Ausnahmegenehmigung sei eine "kranke Heuchelei", schrieb "The Herald Sun". Und weiter: "Seine Teilnahme ist eine Beleidigung für jeden Australier, der wegen Covid durch die Hölle gegangen ist."

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Gründe für Ausnahme-Status unbekannt

Das alles interessierte Djokovic nicht. Ebenso wenig scheint es ihm wichtig zu sein, transparent zu sein. Zwar gaben Tennis Australia und der Staat Victoria bekannt, dass der Antrag von zwei unabhängigen Gremien ohne Kenntnis des Namens geprüft worden sei. Allerdings braucht es schon sehr viel Fantasie, im Fall von Leistungssportler Djokovic schlagkräftige Argumente für eine Sondergenehmigung zu finden. 

Denn die Kriterien hierfür sind streng: Sie reichen von schwerer Herzerkrankung über lebensbedrohliche Komplikationen nach einer ersten Corona-Impfung bis hin zu einer durchgemachten Infektion in den vergangenen sechs Monaten. Letzteres hätte Djokovic problemlos öffentlich machen können, hätte ihm das doch viel Ärger um seine Person erspart und womöglich sogar noch Sympathien eingebracht.

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Kollegen von Djokovic genervt

Dass Djokovic seine Begründung aber nicht offenlegt, lässt Raum für Spekulationen. Unschöne Spekulationen: Etwa, dass die Turnier-Bosse beim neunmaligen Sieger ein Auge zudrücken wollten, um ihren größten Zuschauermagneten nicht zu verlieren. Dazu würden auch Vermutungen passen, wonach ein erster Antrag Djokovics noch abgelehnt worden sein soll. So berichtet es die "Zeit".

Insgesamt stellten 26 Spieler und Betreuer einen Ausnahme-Antrag, nur eine Handvoll wurde laut Verband genehmigt. Djokovic war der einzige, der bislang Probleme mit der Einreise hatte. 

Auch in Kollegen-Kreisen kursiert übrigens die Meinung, Djokovic hätte eine Sonderbehandlung genossen. "Wäre ich ungeimpft, ich hätte wohl keine Ausnahmegenehmigung erhalten", mutmaßte Doppel-Spezialist Jamie Murray zuletzt. Und Rafael Nadal kommentierte fast schon genervt. "Ich hatte Covid, bin doppelt geimpft. Wenn du das machst, hast du kein Problem, hier und überall auf der Welt zu spielen."

Gericht entscheidet am Montag

Dank einer einstweiligen Verfügung seiner Anwälte darf Djokovic zunächst bis Montag in einem Quarantäne-Hotel für Einwanderer bleiben, ehe ein Gericht über seine Abschiebung entscheiden soll. Serbiens Präsident Vucic will in der Zwischenzeit alles tun, "um die Belästigung des besten Tennisspielers der Welt zu stoppen". Ergebnis – offen.

Verloren hat Djokovic dennoch schon jetzt: Die Zuneigung vieler Fans, das Verständnis der Kollegen auf der Tour, das Ansehen in der Welt. Oder wie "The West Australian" schrieb: "Der Djoker hat sich in den Joker verwandelt und sich selbst schamlos die Rolle als Bösewicht zugeteilt."

Diesen Imageverlust wieder zu reparieren, dürfte Djokovics größte Herausforderung sein. Wenn es ihn denn überhaupt interessiert.

Carolin Blüchel

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