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Nach Triumph über Djokovic

Wimbledon: Carlos Alcaraz gelingt die endgültige Wachablösung - ein Kommentar

  • Aktualisiert: 17.07.2023
  • 06:53 Uhr
  • ran.de
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© Imago

Carlos Alcaraz schlägt Novak Djokovic eindrucksvoll in dessen Wohnzimmer - und wird der jüngste Champion in Wimbledon seit Boris Becker. Doch es ist nicht nur der zweite Grand-Slam-Titel, den der Spanier damit erlangt. Es ist die große Wachablösung im Tennis. Ein Kommentar.

Von Justin Kraft

Novak Djokovic versuchte, seinen Ärger über die gerade erlittene Niederlage mit etwas Humor zu verdrängen: "Ich dachte, ich hätte mit dir Probleme auf Sand oder auf Hartplatz, aber doch nicht auf Rasen", sagte der 36-Jährige. "Ich habe gegen einen besseren Spieler verloren", erkannte er den Sieg von Carlos Alcaraz aber fair an, nachdem er zugeben musste: "Das ist schwer zu schlucken."

Auch deshalb, weil es nicht nur ein Sieg des Spaniers, sondern ein Triumph war. Es war die vollendete Wachablösung im Tennis. Mit nur 20 Jahren gewann Alcaraz nicht nur seinen zweiten Grand-Slam-Titel. Er gewann diesen im Wohnzimmer von Djokovic - dem Rekordträger der meisten Grand-Slam-Titel im Männer-Tennis (23).

Seit 34 Matches hatte der Serbe in Wimbledon und seit 2013 auf dem Centre Court nicht mehr verloren. Mit einem Sieg in diesem Finale wäre er zum ältesten Wimbledonsieger der Open-Ära (seit 1968) avanciert. Er hätte seinen Legendenstatus abermals unterstrichen und unter Beweis stellen können, dass er nach wie vor der Mann auf diesem Planeten ist, den es im Tennis zu schlagen gilt.

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Carlos Alcaraz setzte auch mit der Dramaturgie ein Statement

Doch das ist jetzt Alcaraz, der sich nach einem schwachen ersten Satz zurückkämpfte und seinen Rivalen mit einer starken Leistung mürbe spielte. Dass Djokovic seinen jungen Kontrahenten zunächst derart im Griff hatte und den ersten Satz in nur 34 Minuten für sich entschied, lässt das, was anschließend passierte, noch beeindruckender wirken. Die Dramaturgie des Matches war ein Statement für sich.

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News

Grandioses Finale! Alcaraz entthront Djokovic in Wimbledon

Carlos Alcaraz hat den herrschenden König von Wimbledon gestürzt. Der Weltranglistenerste setzte sich im Finale trotz eines Fehlstarts nach hartem Kampf gegen Novak Djokovic durch.

  • 16.07.2023
  • 20:11 Uhr

Aus dem schläfrig und nervös wirkenden Alcaraz wurde plötzlich der agile, variabel aufspielende Spanier, den die Fans in den vergangenen Monaten so lieben gelernt haben. Technisch anspruchsvoll, aber immer mit einer unvergleichlichen Power brachte er Djokovic an seine Grenzen - und letztendlich zum Fallen.

Vor den Augen des spanischen Monarchen Felipe VI., der zwischenzeitlich aufsprang und sich von Alcaraz komplett emotionalisieren und mitreißen ließ. Er wurde Zeuge einer mindestens kleinen Demonstration. Der 20-Jährige ist nun der jüngste Champion im Rasenmekka seit Boris Becker und der erste seit 2003, der nicht Roger Federer, Rafael Nadal, Andy Murray oder eben Djokovic heißt.

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Carlos Alcaraz distanziert einen starken "Djoker"

Fast schon beiläufig verteidigt er zudem seinen ersten Platz in der Weltrangliste. Alles, was Alcaraz auf dem Tennisplatz macht, wirkt frisch, agil und leidenschaftlich. Nicht, dass Djokovic dem komplett unterlegen gewesen wäre. Auch er bot großartiges Tennis.

Erst kürzlich sagte der "Djoker" noch, dass er sein Alter nicht als Hindernis sehe. 36 sei das "neue 26", scherzte er: "Ich sehe mich als Teil der neuen Generation." Doch die letzten Monate haben gezeigt, dass er nicht mehr in der Lage ist, so zu dominieren, wie er es einst getan hat. Und im Finale war er eben etwas weniger großartig als sein Rivale.

Die Chance zur Dominanz hat nun Alcaraz, der nicht nur der aktuell beste Spieler der Welt ist, sondern sich nie so richtig zufriedengibt. Den Hype um seine Person lässt er nicht an sich ran, seine Niederlagen analysiert er offenbar mit großer Akribie. Anders sind die Fortschritte, die er in kürzester Zeit gemacht hat, kaum zu erklären. Alcaraz vereint Talent und Arbeitsmoral.

In Wimbledon stellte er zur Schau, wozu er jetzt gerade fähig ist. Für die Konkurrenz ist es beängstigend, dass das erst der Anfang ist. Der Anfang einer Ära, die Alcaraz ähnlich dominieren könnte, wie es andere Legenden des Tennis taten. Kaum vorstellbar, zu was er erst in der Lage ist, wenn er nochmal besser wird.

Djokovic hat tatsächlich gegen den besseren Spieler verloren. Und es ist zweifelhaft, ob es ihm gelingen wird, dieses Kräfteverhältnis nochmal umzudrehen.