Kerber: Istanbul kann kommen
- Aktualisiert: 14.10.2013
- 20:29 Uhr
- SID
Nach ihrem Sieg beim WTA-Turnier in Linz konzentriert sich Angelique Kerber ab sofort nur noch auf das WTA-Championship-Turnier der acht besten Spielerinnen des Jahres in Istanbul. Ihren Start beim WTA-Turnier in Moskau sagte Kerber aufgrund einer Bauchmuskelzerrung deshalb vorsichtshalber lieber ab.
Linz - Zur Feier des Tages gönnte sich Angelique Kerber sogar ein Schlückchen Wein. Beim Abendessen nach dem ersehnten WTA-Turniersieg in Linz fielen mit einem Mal Druck und Anspannung der letzten Monate von der deutschen Nummer eins ab. In der Stunde des Triumphs gab die Weltranglisten-Zehnte Kerber sogar Einblicke in ihr Seelenleben. "Gezweifelt habe ich zwar nicht an mir. Aber es gab in dieser Saison eine kurze Phase, in der es schwierig war, dem Druck standzuhalten", sagte die 25-Jährige.
Volle Konzentration auf Istanbul
Das ist jetzt vergessen. Ab jetzt zählt nur noch Istanbul. Im Sinan Erdem Dome unweit des Goldenen Horns spielen in der kommenden Woche die besten acht Spielerinnen beim mit 6,0 Millionen Dollar dotierten WTA-Masters (22. bis 27. Oktober, live auf ran.de und tennis.de) ihre Weltmeisterin aus. Ihren geplanten Turnierstart in dieser Woche in Moskau sagte Kerber wegen einer Bauchmuskelzerrung dann auch vorsichtshalber ab.
Nicht nur Fed-Cup-Teamchefin Barbara Rittner traut Kerber am Bosporus spätestens seit den Tagen von Linz einiges zu. "Ich glaube, dass Angie da was reißen wird. Dieses Mal kennt sie den Rummel und kann befreit aufspielen. Sie hat nichts zu verlieren", meinte die 40-Jährige, die die Art und Weise von Kerbers erstem Turniersieg seit April 2012 "abolut überzeugend" fand: "Sie kann mit breiter Brust nach Istanbul reisen. Wir sind stolz auf Angie."
Kerber mit vielen Tiefpunkten in dieser Saison
Rittner macht keinen Hehl daraus, dass sie vor ein paar Wochen nicht unbedingt mit der neuerlichen WM-Qualifikation der Kielerin gerechnet hatte. Nach ihrem Traumjahr 2012 mit zwei Turniersiegen und dem Sprung auf Platz fünf des WTA-Rankings musste Kerber in der laufenden Saison einige bittere Rückschläge hinnehmen. Tiefpunkt: Das Zweitrunden-Aus in Wimbledon im Sommer, das auch schlimme Drohungen auf ihrer Facebook-Seite nach sich zog.
Der entstandene Erwartungsdruck machte Kerber sichtlich zu schaffen. "Man geht raus auf den Platz und denkt, man muss da jetzt gewinnen", beschreibt die Linkshänderin das Dilemma. Erschwerend kam hinzu, dass Kerber ein wenig zum Pessimismus neigt. "Sie ist eher eine, die zweifelt und sich hinterfragt", berichtete Rittner.
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"Spaß haben und Leidenschaft zeigen"
Doch nach der Enttäuschung von Wimbledon ging Kerber in sich und setzte fortan wieder auf das Motto: "Spaß haben und Leidenschaft zeigen." Es sind die Dinge, die "Angie" erst in die Weltspitze geführt hatten. "Ich habe ein paar Wochen gekämpft. Aber jetzt habe ich mein Tennis wiedergefunden. Ich mache mir nicht mehr den Druck wie noch zu Beginn des Jahres", meinte sie, die seit einigen Wochen auch wieder deutlich aggressiver von der Grundlinie agiert.
Die Belohnung folgte auf dem Fuße: Nach dem Achtelfinal-Aus bei den US Open sammelte Kerber durch die Final-Teilnahme in Tokio und den Viertelfinal-Einzug in Peking neues Selbstvertrauen. Bezahlt machte es sich auch, dass sich seit ein paar Monaten ihr eher introvertierter Stammcoach Torben Beltz und der extrovertierte Benjamin Ebrahimzadeh von der Schüttler/Waske Tennis Akademy die Trainingsarbeit mit der Nummer zehn der Welt teilen.
"Da habe ich nichts zu verlieren"
Der Triumph von Linz vor den Augen ihrer eigens aus Polen angereisten Oma wirkte dann auch wie eine Erlösung: "Jetzt kann ich ohne Druck nach Istanbul fahren. Da habe ich nichts zu verlieren. Das zweite Mal in Folge dabei zu sein, ist unglaublich und zeigt, dass ich am Ende doch ein konstantes Jahr gespielt habe", sagt Hobby-Taucherin Kerber, die 2012 beim Masters noch Lehrgeld bezahlt hatte. Nach drei Niederlagen in den drei Gruppenspielen verpasste sie damals das Halbfinale klar. Sollte diesmal in der Türkei der große Wurf gelingen, darf sich Kerber mehr als ein Schlückchen Wein gönnen.