Ein Interview mit Janine Steeger aka Green Janine
- Veröffentlicht: 01.02.2023
- 12:22 Uhr
Die Journalistin Janine Steeger arbeitete rund zwei Jahrzehnte fürs Fernsehen. Im Jahr 2015 kündigte sie ihren Job als Moderatorin, um sich voll und ganz für die Themen Umwelt und Nachhaltigkeit einzusetzen. Hier zeigt sie uns wie!
Welche Tipps und Tricks hast du für Menschen, die bei sich etwas ändern wollen?
Ihr müsst Bock haben auf das, was Ihr macht. Bedeutet: Sucht Euch eine Veränderung aus, die nicht besonders wehtut, die Euch leichtfällt. Das ist wahnsinnig individuell. Für manche ist das immer noch der Mehrwegbecher für den Coffee to go. In Großstädten ist es eventuell direkt das Abschaffen des Privat-PKW, weil man ohnehin schon lange nicht mehr weiß, wo der eigentlich steht und ob man Knollen bekommen hat. Fangt an, womit Ihr Spaß habt. Das ist der einzige Weg, um langfristig dran zu bleiben. Aber wenn Ihr diesen Einstieg wählt, ist es wie Blut lecken. Ihr werdet neue Veränderungen suchen und Euch gut dabei fühlen.
Was war letztlich der Ausschlag für deine berufliche Veränderung?
2011 war mein Wendejahr. Ich habe im März schwanger und hormongesteuert die Fukushima-Katastrophe beobachtet und war gleichzeitig auf Sinnsuche. Die Frage: „Wie können wir eine bessere Zukunft für die folgenden Generationen gestalten?“ war plötzlich allgegenwärtig. Ich habe mein Engagement bis 2014 sehr privat gehalten. Dann war klar: Ich kann das Thema nicht mehr beim täglichen Arbeitsbeginn ausblenden. 2015 habe ich gekündigt und mich selbständig gemacht. Seitdem nenne ich mich Green Janine.
Was konkret hast du seither in deinem Leben umgekrempelt?
Angefangen hat alles damit, dass unsere Kapsel-Kaffeemaschine im „richtigen“ Moment kaputt ging und wir seitdem dieselbe (!) Maschine haben, in die wir Fairtrade-Kaffeebohnen einfüllen. Ich habe jetzt überwiegend Bankkonten bei Ethikbanken und beziehe seit Jahren Ökostrom, entgegen aller Preisverlockungen. Wir haben unseren Lebensmittelmüll extrem reduziert, ebenso unseren Fleischkonsum. Das private Highlight war für mich die Abschaffung des eigenen Autos. Daran habe ich als Kind vom Land wirklich gehangen. Aber es ist so viel besser, günstiger und einfacher ohne. Und ja, das ist in der Stadt leichter umsetzbar, aber auch da sind immer noch viel zu viele Privat-PKW.
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Was war dabei für dich am schwersten?
Was ich insgesamt schwer finde: Das Thema Nachhaltigkeit ist unfassbar komplex. Dieser gesamte Prozess des Hinterfragens ist anstrengend. Nicht zuletzt deshalb habe ich das Buch geschrieben: „Going Green – Warum man nicht perfekt sein muss, um das Klima zu schützen“. Mein Buch und so viele andere von tollen Kolleginnen und Kollegen haben einiges an Vorarbeit geleistet. Nicht alle, die heute anfangen wollen nachhaltiger zu leben, müssen alles selbst recherchieren, sondern können auf die Erfahrungen anderer zurückgreifen.
Wie hat dein Umfeld darauf reagiert?
Ich wusste von Anfang an intuitiv: Ich darf meinen krassen Change jetzt nicht anderen überstülpen und sie umerziehen. Habe ich auch nicht gemacht – außer bei meinem Mann, und der fand das äußerst nervig. Erst als ich auch ihn hab machen lassen, hat er angefangen, mir Fragen zu stellen und selbstbestimmt Dinge und Verhaltensweisen zu ändern. Wir Menschen wollen die Erfahrung selbst machen und uns nicht vorschreiben lassen, was das bessere Leben ist.
Wieso hast du die Initiative FUTUREWOMAN gegründet?
Futurewoman.de ist aus der Wut heraus entstanden: Ich war 2017 bei einer viel beachteten Preisverleihung im Nachhaltigkeitsbereich. Award-Gewinner, Experten, Laudatoren und sogar der Moderator waren allesamt männlich. Das hat mein Fass zum Überlaufen gebracht und es war die Geburtsstunde von Futurewoman.de. Jetzt sind wir das einzige Angebot an Journalist*innen und Programmmachende, die ihre Sendungen und Beiträge diverser gestalten möchten und auf der Suche nach weiblicher Expertise sind. Und ich möchte betonen: Wir brauchen weibliche Stärken, wie zum Beispiel Empathie, Verbindlichkeit und Zähigkeit, sowie einen femininen Blickwinkel, um eine bessere und nachhaltigere Zukunft zu gestalten. Wir wollen, dass die Welt unsere tollen Futurewomen kennt und sie einlädt. Gleichzeitig ist das Netzwerk in sich sehr aktiv und mit großer Power ausgestattet. Wir kreieren wichtige Lösungen für die Zukunft des Planeten innerhalb des Netzwerkes und treiben sie voran.
Was wünscht du dir von deinen Mitmenschen bzgl. Klima- und Umwelt?
Viel mehr Weitsicht. Ich kann total nachvollziehen, dass wir alle im Hier und Jetzt leben wollen. Fakt ist aber: Die von Menschen gemachte Klimakrise wird uns innerhalb kürzester Zeit in Situationen bringen, von denen wir alle gedacht haben: Betrifft uns nicht! Kriege um Ressourcen, Kampf um Lebensräume, die plötzlich nicht mehr bewohnbar sind. Wir betrachten hier in Deutschland und in Europa ganz viel als selbstverständlich, was überhaupt nicht überall so ist: Dass Strom nicht einfach ständig aus der Steckdose kommt und Wasser nicht immer aus dem Hahn, ist vielen durch den schrecklichen Krieg in der Ukraine sehr nahegekommen. Und dennoch sagen Menschen: Um den Klimawandel kümmern wir uns, wenn’s richtig schlimm ist. Doch dann ist es zu spät. Wir haben jetzt die Chance, die Dinge noch positiv zu beeinflussen. Das Momentum sollten wir nutzen.