Green Seven Week: Wie Pferde zu nachhaltigen Forstarbeitern werden
- Veröffentlicht: 26.09.2023
- 09:52 Uhr
Nur noch 20 Prozent der deutschen Wälder sind aktuell gesund
Jahrzehntelange Monokultur in der Forstwirtschaft und eine intensive Bewirtschaftung mit großen Maschinen hat den deutschen Wäldern zugesetzt. Der Wald wird anfällig für Schädlinge und Unwetter. Die vermehrte Hitze schwächt die Fichtenmonokulturen und der Borkenkäfer konnte sich ausbreiten. Waldböden sind durch das Befahren mit schweren Geräten so verdichtet, dass kaum mehr etwas auf natürliche Weise wachsen und Wasser nur schwer versickern kann. „Seit dem heißen Sommer 2018 haben wir Wälder in Deutschland in der Größe des Saarlands verloren“, weiß die Biologin Prof. Dr. Katrin Böhning-Gaese.
Green Seven Week: Mit Pferden den Wald umweltschonend bearbeiten
Mit dem aktiven Wiederaufbau von Mischwäldern und mit bodenschonender Waldbearbeitung können wir die Wälder wieder instandsetzen. Ein Teil der Lösung kann der Einsatz von sogenannten Rückepferden bei der Holzernte sein. Beim „Holzrücken“ werden große Baumstämme mithilfe von Pferden aus dem Wald an Wegränder gezogen, wo sie danach verladen werden können. Ein junger Landwirt aus Bayern zeigt, wie das funktioniert und warum es umweltschonender ist. Und wie man dabei die Selbstheilungskräfte des Waldes nutzen kann.
Green Seven Week: Rückepferde – eine besondere Beziehung zwischen Mensch und Tier
Der studierte Agrarwissenschaftler Korbinian Arzberger lebt etwa 25 Kilometer von Regensburg entfernt. Gemeinsam mit seiner Frau bewirtschaftet er den Biohof Arzberger, den er im Jahr 2013 von seinem Großvater übernommen hat. Zum Betrieb gehören Tierhaltung, ein eigener Hofladen und ein viele hundert Jahre alter Wald. Hier setzt der junge Landwirt auf echte Pferdestärken statt auf Harvester – wie vor 100 Jahren.
„Natürlich werden wir Pferderücker gern romantisch dargestellt und es ist auch toll, wenn die Sonne scheint und das Pferd dampft ... Das hat auch etwas Meditatives“, beschreibt Arzberger einen Arbeitstag im Wald. Aber es ist harte Arbeit für Mensch und Tier. Es muss einen hohen Wissensstand bei beiden haben, damit alles auch ungefährlich abläuft.“
Die Arbeit mit Pferden im Wald ist für den Bio-Bauern mehr als nur Baumstämme ziehen – es ist wahres Teamwork: „Im Endeffekt bin ich immer auf seine Mitarbeit angewiesen. Ich kann ihn (das Pferd) nicht lenken. Ich kann ihm immer nur sagen, was ich gerne hätte. Was er dann tut, ist immer noch ein bisschen seine Entscheidung. Und das ist manchmal gar nicht so dumm auf ihn zu hören, weil er den ein oder anderen Fuchsbau schon wesentlich früher gesehen hat als ich.“
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Holzrücken: 3 Vorteile von Pferden in der Forstwirtschaft
- Pferde können auch dort arbeiten, wo große Forstmaschinen gar nicht mehr hinkommen. Ob dichte Bewaldung oder steilere Hänge – Pferde sind flexibel und trittsicher.
- Außerdem verdichten sie den Waldboden beim Holzrücken nicht so sehr wie Harvester und Co. Der Einsatz von Rückepferden ist also definitiv bodenschonender und umweltfreundlicher.
- Ein weiterer Pluspunkt bei der Arbeit mit Pferden im Forst, ist die Tatsache, dass sie beim Ziehen der Baumstämme kleine Furchen im Waldboden hinterlassen. In diesen Furchen können neue Bäume viel besser wachsen – ein Starterbonus für die neue Wald-Generation.
Green Seven Week: Wie kann die Arbeit mit Forstpferden unseren Wäldern helfen?
Der Einsatz von Rückepferden sorgt für eine nachhaltigere und umweltfreundlichere Bewirtschaftung des Waldes. Wälder und Böden werden durch die Forstarbeit mit Pferden nicht verwüstet zurückgelassen, sondern schonender behandelt. So bekommt junge Vegetation bessere Chancen nachzuwachsen.
Die Interessengemeinschaft Zugpferde e. V. vermeldet einen Anstieg von Pferderückern. War Arzberger vor ein paar Jahren noch einer von wenigen, gibt es heute mittlerweile 60 zertifizierte Pferderücker in Deutschland und die Nachfrage nach der Ausbildung hat zugenommen.
Welche Pferde eignen sich besonders gut für die Forstarbeit?
Zu den besten Rückepferden zählen mittelschwere, nicht allzu große Kaltblüter, wie etwa der Noriker, das Schwarzwälder Kaltblut oder das Schleswiger Kaltblut. Doch es kommt nicht nur auf die Rasse, sondern auch auf das Wesen des Pferdes an.
Pferde bleiben immer Fluchttiere. Allerdings gibt es bei der Forstarbeit immer wieder laute und auch unerwartete Geräusche, wie Kettensägen oder herunterfallende Äste. Außerdem ist der Waldboden voller Stolperfallen, wie Wurzeln und Löcher. Während Menschen einfach Gehörschutz und Schutzkleidung tragen können, müssen Rückepferde wirklich durch und durch an diese außergewöhnlichen Bedingungen gewöhnt sein.
Die Ausbildung für Pferde in der Forstwirtschaft dauert in der Regel mehrere Jahre. Dabei muss das Pferd auch lernen auf bestimmte Kommandos zu hören, etwa fürs Losgehen, Anhalten oder einen Richtungswechsel. Arzberger bildet seine Pferde schon als Fohlen selbst aus, um diese besondere Bindung aufzubauen, die für Vertrauen und Teamwork wichtig ist. „Wir wollen uns immer selbst im Spiegel angucken können. Und wenn das bedeutet, sieben Tage in der Woche zu arbeiten, dann ist das okay …“
Wie wichtig der Wald für uns ist, was wir selbst an der Situation verändern können und ob Projekte wie das von Korbinian Arzberger möglicherweise die Waldwirtschaft verändern können, erfahrt ihr am Dienstag, 3. Oktober 2023, 20:15 Uhr im Green Seven Report auf ProSieben.
Entdecke weitere spannende Geschichten rund um die Themen Nachhaltigkeit, Klima und Zukunft: Die Green Seven Week vom 2. bis zum 8. Oktober 2023 auf ProSieben. Sei dabei! www.greenseven.tv