Klimawandel: Wie können Flüsse in Deutschland darauf vorbereitet werden?
- Veröffentlicht: 01.12.2022
- 10:25 Uhr
Viele Flüsse auf der Welt haben 2021 weniger Wasser geführt als im langjährigen Durchschnitt. In Europa gibt es NOCH keine großen Veränderungen. Wissenschaftler sagen, wie man sich in Deutschland darauf vorbereiten kann.
Das liegt in erster Linie am Klimawandel. 2021 hätten große Teile der Erde trockenere Perioden als im langjährigen Durchschnitt erlebt, heißt es in dem Bericht. „Die Auswirkungen des Klimawandels sind oft über das Wasser spürbar“, sagte WMO-Generalsekretär Petteri Taalas in einer WMO-Mitteilung.
Die Studie ist aber alarmierend, denn die Folgen des Negativ-Trends sind deutlich weitreichender, als es auf den ersten Blick aussehen mag. Denn betroffen sind durch sinkende Pegel Schifffahrt, Wirtschaft, Stromversorgung und die Gesundheit der Fluss-Ökosysteme.
Klimawandel: Abflussmengen der Flüsse – keine großen Abweichungen in Europa
Unterdurchschnittliche Abflussmengen gab es in Südosten Südamerika und in den südlichen USA sowie in Afrika bei den Flüssen Niger, Volta, Nil und Kongo, dazu in Regionen im Osten Russlands und in Zentralasien. Auf dem Niveau des Durchschnitts der vergangenen 30 Jahre blieb nur rund ein Drittel der weltweit untersuchten Regionen.
Für Europa sind in dem Bericht keine großen Abweichungen vom Durchschnitt angegeben. Was aber nicht bedeutet, dass dies nicht noch passieren kann. „Die großen Fließgewässer sind unsere Autobahnen für wassergebundene Abfallbeseitigung in Richtung Meer – vor allem den Abtransport gereinigten Abwassers“, sagt Karsten Rinke vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) im Briefing des Science Media Center.
Trotz Reinigung enthalte Abwasser im Vergleich zum natürlichen Flusswasser immer noch um den Faktor 10 bis 100 erhöhte Gehalte an Stickstoff, Phosphor und organischen Substanzen. Bei Niedrigwasser würde der Anteil gereinigten Abwassers im Abflussgeschehen immer höher, so Rinke. „Bei zu geringen Sauerstoffverhältnissen oder ungünstigen pH-Verhältnissen kommt es zu Fischsterben. Wenn Fische sterben, sterben natürlich auch andere Organismen wie Muscheln und Insektenlarven“, so Rinke weiter. Nicht zu vergessen: Belastete Fische könnten am Ende auch auf dem Teller des Menschen landen.
Klimawandel: Flüsse sind in Deutschland essenziell für den Güterverkehr
Die Schifffahrt in Deutschland ist essenziell, „es gibt rund 7.500 Kilometer Binnenwasserstraßen, von denen circa 75 Prozent der Strecke auf Flüsse und 25 Prozent auf Kanäle entfallen. Etwa 4.800 Kilometer des Bundeswasserstraßennetzes besitzen – innerhalb des nach Leistungsfähigkeit klassifizierten Wasserstraßennetzes – maßgebliche Bedeutung für den internationalen Güterverkehr in Europa“, erklärt Prof. Dr. Boris Lehmann, Lehrstuhlinhaber Fachgebiet Wasserbau und Hydraulik an der Technischen Universität Darmstadt.
Prof. Dr. Jürgen Geist vom Lehrstuhl für Aquatische Systembiologie der Technischen Universität München (TUM) gibt die Empfehlung, „die Entwässerung der Landschaft wieder umzukehren. Wenn man mehr Wasser in der Landschaft hält – zum Beispiel durch den Rückbau von Drainagen und den Aufbau vom Schwamm-Einzugsgebieten – dann werden Extreme wie Hochwässer und Dürren besser abgepuffert und es entstehen Synergien für den Arten-, Gewässer- und Klimaschutz sowie für die Landnutzung.“
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Klimawandel: Komplizierte Auswirkungen auf die Schifffahrt
Wie kompliziert die Auswirkungen auf die Schifffahrt sind, verdeutlicht Dr. Jonathan Köhler, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Competence Center Nachhaltigkeit und Infrastruktursysteme am Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung in Karlsruhe. Denn eine Verlagerung der Binnenschifffahrt auf das Land kommt angesichts der Klimaziele nicht in Frage. Baut man kleinere Schiffe mit weniger Tiefgang, bräuchte man mehr dieser Schiffe, was die Kosten steigen lassen würde.
„Man könnte die Auswirkungen verringern, wenn man in die Infrastruktur investiert, also zum Beispiel in größere Schleusen, damit größere, angepasste Schiffe sie passieren können. Dann käme es auch zu weniger Verkehrsverlagerung an Land, Staus und Emissionen auf den Autobahnen“, sagte Köhler.
Klimawandel: Wichtige Ratschläge durch Wissenschaftler
Lehmann rät, dass eine teilweise Kompensation von Niedrigwasser-Abflüssen durch das Ablassen von Wasser aus Talsperren möglich sei. So werde beispielsweise zur Aufrechterhaltung der Schifffahrt bei Niedrigwasserständen an der Weser eine Wasserzugabe aus der Edertalsperre über die Eder und Fulda bis hinein in die Weser bewerkstelligt, sofern der Speicherstand der Edertalsperre dies ermögliche. „Jedoch stellt diese Maßnahme für die Weser im deutschen Wasserstraßennetz eine Besonderheit dar – für andere schiffbare Flüsse sind solche Möglichkeiten kaum gegeben.“
Seine weiteren Vorschläge: „Niedrigwasserperioden und den sich dadurch ergebenden ‚Eng- und Gefahrenstellen‘ für die Schifffahrt sollten früh und verlässlich vorhergesagt werden. Die Fahrwasserrinnen sollten für eine bessere Befahrbarkeit auch bei Niedrigwassersituationen vorbereitet werden und Schiffe mit geringem Tiefgang, die auch bei Niedrigwasser noch optimal abladen und fahren können, entwickelt werden.“
Quellen: