Jerry Reese in der Kritik
Die Krise bei den New York Giants: Welche Schuld trägt der General Manager?
- Aktualisiert: 12.10.2017
- 11:52 Uhr
- ran.de / Dominik Hechler
Die Misere bei den New York Giants spitzt sich zu. Nach der fünften Pleite in Folge in Week 5 gegen die Los Angeles Chargers ist die Saison für die "Big Blue" quasi beendet. Die Probleme der Giants sind vielfältig. Vor allem General Manager Jerry Reese steht in der Kritik.
Von Dominik Hechler
München/New York – Es war eine Szene mit Symbolcharakter. Nichts hätte die bisherige Seuchen-Saison der New York Giants so widerspiegeln können, wie dieses Desaster, das sich da vier Minuten vor Schluss auf dem Rasen des heimischen MET-Life-Stadions gegen die Los Angeles Chargers in Week 5 abspielte.
Die Giants führten mit 22:20, hatten Ballbesitz und waren auf dem besten Weg, den so sehr gewünschten ersten Saisonsieg zu feiern. Dann passierte es: Giants-Superstar Odell Beckham jr. verletzte sich schwer, Quarterback Eli Manning wurde im direkt darauffolgenden Spielzug gesacked, ließ den Ball fallen und dieser wurde wiederum von der Chargers-Defense recovered. Kurz vor der Endzone der Giants. Philip Rivers kam aufs Feld, warf den spielentscheidenden Touchdown und New York war geschlagen. Mal wieder. Zum fünften Mal im fünften Spiel. Die Saison ist gelaufen. Endgültig.
Reese mit wenig Interesse am Draft?
Und jetzt? Die Probleme in New York sind tiefgründig. Sie gehen laut ESPN auch schon einige Jahre zurück. Demnach habe es vor allem General Manager Jerry Reese in seiner zehnjährigen Amtszeit verpasst, im Draft vielversprechende Talente nach East Rutherford zu locken – Beckham und Landon Collins mal ausgeschlossen. Reese' Interesse am Draft und auch sein Verständnis davon seien generell eher leidlich. So habe er noch nie nach unten getradet, um so vielleicht den einen oder anderen guten Fang für die "Big Blue" zu machen. Stattdessen ging Reese immer genau den anderen Weg, tradete nach oben - für Spieler wie Ramses Barden, Ryan Nassib, Bryan Kehl und Adam Bisnowaty. Die Krux an der Sache: Sie haben für die Giants zusammen nur sechs (!) Spiele von Beginn an gemacht.
Und anstatt die freien Roster-Plätze für hoffnungsvolle Draft-Picks freizuhalten, wurde Reese in der Vergangenheit ein ums andere Mal auf dem Free-Agent-Markt aktiv und füllte das Team mit durchaus verdienten, aber auch nicht überaus erfolgreichen Spielern wie Dwayne Harris, Rashad Jennings oder J.T. Thomas auf – die allesamt deutlich mehr Geld kosteten, als vielleicht ein vielversprechender Rookie.
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Mit viel Geld die Defensive verstärkt
Apropos Geld: Als Reese nach der Saison 2015 merkte, dass die Defensive der Giants Verstärkung nötig hat, plünderte er die Bank und holte die Free-Agents Damon Harrison, Janoris Jenkins und Olivier Vernon in den "Big Apple". Zudem stattete er damals auch Jason-Pierre Paul mit einem neuen Ein-Jahres-Vertrag aus. Der Plan ging zwar auf – die Giants hatten die zweitbeste Defensive der NFL – aber das Salary Cap wurde dadurch kräftig belastet. Und die bereits damals erkennbaren Probleme in der Offensive Line noch lange nicht behoben …
In diesem Jahr durfte sich der extrem verletzungsanfällige JPP dann über einen neuen Vier-Jahres-Vertrag (!) freuen – im Wert von insgesamt 62 Millionen Dollar, wovon ihm 49,5 Millionen Dollar in den ersten drei Jahren garantiert sind. Außerdem wurde der 33-jährige Brandon Marshall von den New York Jets verpflichtet. Sein Salär: elf Millionen Dollar für zwei Jahre. Und der Erstrunden-Pick ging an Tight-End Evan Engram. Reese wollte seinem Quarterback mehr Anspielstationen auf den Rasen stellen. Dass eigentlich die löchrige O-Line das Problem der Giants ist, wurde auch im vergangenen Sommer ignoriert.
Einsparungen im Salary Cap notwendig
Ob diese in der kommenden Offseason behoben werden können, ist mehr als fraglich. Denn die Giants haben in ihrem Salary Cap "nur" 22 Millionen Dollar zur Verfügung. Reese könnte zusätzlich noch etwa zehn Millionen Dollar einsparen, wenn er Marshall, Harris und John Jerry auf die Straße setzen würde. Auch eine Entlassung von Dominique Rodgers-Cromartie würde nochmal 6,5 Millionen Dollar ins Salary Cap spülen. Aber: Beckhams Rookie-Vertrag läuft nach dieser Saison aus, es laufen Verhandlungen über einen Mega-Vertrag für den Superstar der "Big Blue". Dass er mit einem Knöchelbruch nun die komplette Saison ausfällt, könnte – so makaber das auch klingen mag – den Giants in die Karten spielen. Vielleicht ziehen sie nun auch erstmal den Franchise Tag, damit der Salary Cap mit Beckham nicht zu sehr belastet wird.
Auch ein "Ausstieg" aus dem Manning-Mega-Deal ist laut ESPN vorstellbar. Der 36-jährige Quarterback hat für 2018 ein garantiertes Gehalt von 22,2 Millionen Dollar, das sich aber auf 12,4 Millionen Dollar verringern könnte, sollten die Giants Manning traden, cutten oder aber, wenn er selbst seine Karriere beenden würde. Doch wer würde dann in Mannings Fußstapfen treten?
Eine Menge Hausaufgaben für General Manager Reese, der durchaus ins Kreuzfeuer der Kritik geraten ist. Allerdings gilt die Mara-Familie – die Besitzer der Giants – als treu und wenig reaktionär. Deshalb dürften weder der glücklose Reese, noch der erfolglose Head Coach Ben McAdoo auf der Abschussliste stehen. Sie hoffen allesamt auf eine bessere Zukunft mit klugen Personalentscheidungen. Ob Reese dafür der richtige Mann ist, bleibt abzuwarten.
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