Vergleich mit dem Super Bowl
NFL in Frankfurt: Chiefs - Deutschland-Liebe mit einer Spur Kalkül
- Aktualisiert: 04.11.2023
- 20:24 Uhr
- Julian Huter
Die Kansas City Chiefs sind in Frankfurt angekommen. Die Stars um Patrick Mahomes schwärmen glaubhaft von Deutschland und den Fans. Ein gewisses geschäftliches Kalkül gibt es dennoch.
Aus Frankfurt berichtet Julian Huter
Dass Andy Reid Essen liebt, wie kaum etwas anderes, ist Teil seines Kultstatus.
Bereits vor dem Trip nach Frankfurt erzählte der 65-Jährige, dass er sich auf eine deutsche Bratwurst freue. "Ich habe bisher noch keine bekommen, aber ich werde eine essen – vielleicht sogar zwei", sagte der Head Coach der Kansas City Chiefs, als er am DFB-Campus in Frankfurt als Erster auf dem Podium saß und damit für einige Lacher sorgte.
Es war ein kleiner Witz, der aber den Ton für die Medienrunde vor dem Frankfurt Game gegen die Miami Dolphins (So. ab 15:30 Uhr im ran-Liveticker) vorgab und die Atmosphäre direkt auflockerte. Es war eine launige Pressekonferenz.
Defensive Tackle Chris Jones scherzte über die lange Anreise: "Der Flug war überragend. Wir durften die Coaches in den hinteren Teil des Flugzeugs abschieben."
Travis Kelce antwortete auf Fragen zu seiner potenziellen Liebschaft mit Popstar Taylor Swift gewohnt humorvoll und süffisant. Die Chiefs-Stars ließen sich zumindest nicht anmerken, dass sie erst wenige Stunden zuvor die lange Reise nach Europa absolviert hatten.
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Sie vermittelten Vorfreude – vor allem auf die deutschen NFL-Fans. "Ich hab letztes Jahr ein Video aus München gesehen", sagte Mahomes: "Da waren so viele Chiefs-Fans, ich freue mich sehr, sie live zu sehen. Ich weiß, dass es das Chiefs-Kingdom in Deutschland gibt."
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Der sportliche Erfolg sei natürlich das oberste Ziel, aber der 28-Jährige ist sich auch seiner Rolle als Markenbotschafter der NFL und der Chiefs bewusst: "Wir wollen natürlich das Spiel gewinnen, aber wir möchten auch die Erfahrung in Deutschland genießen und die NFL nach Deutschland bringen", sagte der Quarterback: "Das wird eine Erfahrung, die ich für den Rest meines Lebens habe."
Kicker Harrison Butker hat sich sogar im Voraus informiert und freut sich aus einem NFL-untypischen Grund auf den AFC-Kracher in Frankfurt: "Ich habe recherchiert und herausgefunden, dass schon Spieler wie David Beckham und Ronaldinho während der WM 2006 hier gespielt haben - einige der absoluten Top-Stars. Das ist als ehemaliger Fußballer natürlich sehr aufregend für mich.
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NFL in Frankfurt: Vergleich mit dem Super Bowl
Coach Reid erwartet im Deutsche Bank Park eine finalreife Atmosphäre: "Ich vergleiche es ein bisschen mit dem Super Bowl. Die Zuschauer werden bei Offense und Defense laut sein."
Ein Umstand, der auch durchaus taktische Auswirkungen hat. Hätten die Chiefs ihr Heimspiel gegen die Dolphins im Arrowhead Stadium ausgetragen, wären die Heimfans bei den Spielzügen von Mahomes und Co. ruhig gewesen, um die Kommunikation der Spieler nicht zu beeinträchtigen. Bei der gegnerischen Offense wären sie umso lauter gewesen. Dieser Vorteil fällt in Frankfurt weg.
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Dennoch ist die Vorfreude bei den Chiefs-Stars immens. "Uns gefällt es, dass die Fans laut sind", schob Reid rasch hinterher: "Eine Fanbase hier in Europa zu haben, ist eine große Sache für uns alle. Ich erinnere mich noch an die NFL Europe. Am Anfang waren die Teams quer über Europa verstreut, am Ende waren sie fast alle in Deutschland – und das lag an den Fans hier."
Chiefs halten Vermarktungsrechte in Deutschland
"Es ist etwas ganz Besonderes, hierher zu kommen. Ich liebe die Atmosphäre, die ganze Energie hier", schwärmte auch Safety Justin Reid.
Die Begeisterung der Chiefs wirkt echt, nicht etwa wie aufgesetzte und vom PR-Team vorgeschriebene Phrasen. Ein gewisses Business-Kalkül dürfte dennoch zur Deutschland-Begeisterung beitragen. Die Chiefs haben sich mit drei weiteren NFL-Teams die Vermarktungsrechte für Deutschland gesichert.
2021 wurden sogenannte "Internationale Heimatmärkte" ausgeschrieben, um die sich die 32-NFL-Teams bewerben konnten. Das berechtigt sie nicht nur, mehr Fan-Events wie Watch Partys oder Football-Camps in Deutschland abzuhalten. Die Teams dürfen auch Partnerschaften mit deutschen Sponsoren eingehen, Botschafter für ihre Marke engagieren und dürfen ein Büro in Deutschland eröffnen.
NFL in Frankfurt: Es bleibt ein Business
Es dürfte kein Zufall gewesen sein, dass Mahomes mehrfach betonte, wie sehr er sich darüber freue, seine Sponsoren-Partner in Deutschland zu besuchen – und diese auch immer wieder namentlich nannte.
Wirklich verwerflich ist das nicht. Es hilft aber dabei, diese Deutschland-Begeisterung ein Stück weit einzuordnen. Am Ende ist die NFL ein Geschäft, die Spieler gehen einem Job nach und es geht auch darum zu gewinnen. Bei einem Sieg gegen die Dolphins am Sonntag dürfte die Deutschland-Euphorie von Mahomes und Co. weiter wachsen. Und Coach Reid würde die ersehnte Bratwurst sicher noch besser schmecken.