Die NFL gibt es ab dem 6. September mit der Kick-Off-Show live auf ProSieben und ProSieben MAXX
Pittsburgh-Steelers-Offensive-Tackle Alejandro Villanueva exklusiv: "Es ist ein bisschen wie bei 'American Idol'"
- Aktualisiert: 28.08.2020
- 13:07 Uhr
- ran.de/Raman Rooprail
Alejandro Villanueva ist Offensive Tackle bei den Pittsburgh Steelers und seit Jahren einer der wichtigsten Beschützer von Star-Quarterback Ben Roethlisberger. Im exklusiven Interview mit ran.de spricht er über seine Zeit beim US-Militär, Antonio Browns extremen Trainings-Rhythmus und wie es dazu kam, dass er JuJu Smith-Schuster das Autofahren beigebracht hat.
München - Alejandro Villanueva ist Offensive Tackle und seit Jahren einer der Leistungsträger der Pittsburgh Steelers. Doch Villanueva ist über keinen klassischen Weg in die NFL gekommen. Im exklusiven Interview mit ran.de spricht der Beschützer von Ben Roethlisberger über seine Zeit beim US-Militär, Antonio Browns extremen Trainings-Rhythmus und wie es dazu kam, dass er JuJu Smith-Schuster das Autofahren beigebracht hat.
ran.de: Mr. Villanueva, Sie haben in ihrer Jugend Rugby gespielt, ihr Bruder hat es sogar bis zum Rugby-Profi gebracht. Warum haben Sie sich letztlich für American Football entschieden?
Alejandro Villanueva: Da ich in Spanien aufgewachsen bin, wollte ich ursprünglich sogar Fußballprofi werden. Meine Figur war dafür aber nicht ideal, daher habe ich mit dem Rugby angefangen. Als ich mit 17 Jahren in die USA zog, fiel mir auf, dass hier Rugby niemanden interessiert. So habe ich mich dann schnell für Football entschieden.
Steelers, Bucs, Chiefs - Die Super-Bowl-Kandidaten der #ranNFL-Stars
ran.de: Hatten Sie in Ihrer Jugend schon Berührungspunkte zum Football?
Villanueva: Bis zu meinem dritten High-School-Jahr hatte ich noch nie etwas über Football gehört. Meine Schule in Belgien, wo mein Vater beim Militär stationiert war, hat aber regelmäßig Footballspiele ausgetragen. So kam ich irgendwann ins Schulteam. Wir haben sogar gegen verschiedene Militärstützpunkte in Deutschland gespielt. In dieser Zeit wurde mir bewusst, dass College-Scouts aus den USA nach Deutschland kommen, um Spieler zu scouten. Man sagte mir, dass ich auch in den USA am College Football spielen könnte, wenn ich mich richtig reinhängen würde. Diesen Schritt wollte ich auf jeden Fall wagen. Als ich dann gemerkt habe, dass Rugby hier niemanden interessiert, habe ich mich endgültig für Football entschieden.
ran.de: Nachdem Sie 2010 im NFL Draft nicht ausgewählt wurden, sind Sie zum Militär gegangen. Wie kam es dazu und hat Sie diese Zeit geprägt?
Villanueva: Durch meinen Vater wusste ich ja schon ein wenig, wie es in der Armee läuft. Es war schon immer mein Traum, eines Tages selbst meinem Land zu dienen. Ich habe sogar gehofft, dass ich in Deutschland stationiert werde, aber dazu kam es leider nicht. Als ich mit 17 Jahren in die USA zog, hatte ich einen starken Akzent und wusste nicht viel über die Kultur des Landes. Meine Integration wäre mir nie vollständig gelungen, wenn ich nicht bewiesen hätte, dass ich meinen Beitrag zur amerikanischen Gesellschaft leisten kann. Ich verdanke dem Militär sehr viel und habe dort tolle Menschen aus vielen verschiedenen Ländern kennengelernt. Die Zeit beim US-Militär war definitiv eine der schönsten und prägendsten meines Lebens.
ran.de: Sie sind bekennender Christ und haben schon häufiger erklärt, dass der Glaube eine zentrale Rolle in ihrem Leben spielt. Hilft Ihnen das auch auf dem Football-Feld?
Villanueva: Wenn du in Spanien aufwächst, hast du fast keine andere Wahl, als gläubig zu sein. Fast jeder ist dort katholischen Glaubens. In den USA habe ich dann gemerkt, dass es viele verschiedene Religionen gibt. Mir gefällt das Spirituelle daran. Ich habe schon in meiner Jugend viele Bücher von Philosophen gelesen. Die Werke von Friedrich Nietzsche finde ich zum Beispiel sehr interessant. Wenn man sich lange mit Philosophie beschäftigt, tauchen irgendwann Fragen auf, die schwer zu beantworten sind. Wie jeder andere Mensch setze auch ich mich mit existenziellen Fragen über das Leben auseinander. Mein Glaube hilft mir dabei.
ran.de: Nach Ihrer Zeit bei der Armee sind Sie in der NFL als Free Agent bei den Philadelphia Eagles untergekommen. Unglücklicherweise wurden Sie dort aber schnell entlassen. Wie haben sie diese schwierige Phase in ihrem Leben empfunden?
Villanueva: Ich war damals sogar der erste Spieler, der aus dem 90er Kader im Training Camp entlassen wurde. Der Prozess der Entlassungen läuft, wie man es auch aus "Hard Knocks" kennt, ziemlich dramatisch ab. Es ist ein bisschen wie bei "American Idol" (das Pendant zu "Deutschland sucht den Superstar", Anm. d. Red.), eine gewisse Anzahl an Personen muss rausgeworfen werden. Jeder Spieler denkt, wie bei diesen Castingshows, dass er der Größte ist und es auf jeden Fall in den endgültigen Kader schafft. Als Spieler bekommen wir von unseren Agenten zudem das Gefühl vermittelt, dass wir im Training richtig abgeliefert haben. Meine Entlassung hat mich daher umso mehr geschockt und auch meinen Stolz verletzt. Glücklicherweise hat Mike Tomlin keine 48 Stunden später angerufen und mich zu einem Probetraining bei den Pittsburgh Steelers eingeladen, obwohl er mir gleich gesagt hat, dass er nicht wüsste, auf welcher Position ich eingesetzt werden würde.
ran.de: Wie ist Ihre Anfangszeit bei den Steelers anschließend abgelaufen und warum sind Sie letztlich in der Offensive Line gelandet?
Villanueva: Ich habe schon im College eine Saison als Offensive Lineman gespielt. Die Steelers hatten damals mit Mike Munchak einen exzellenten Offensive-Line-Coach, der mich gleich unter seine Fittiche genommen hat. Große Trainer, egal in welcher Sportart, suchen sich immer Herausforderungen. Für Coach Munchak war ich diese Herausforderung (lacht). Die Steelers haben mich in ihren Practice Squad aufgenommen und gaben mir die Möglichkeit, mich an die NFL zu gewöhnen.
ran.de: Lassen Sie uns über die kommende Saison reden. Ben Roethlisberger kehrt nach seiner Verletzung zurück. Was erhoffen Sie sich von der Spielzeit?
Villanueva: Wir haben jedes Jahr das gleiche Ziel. Natürlich wollen wir den Super Bowl gewinnen, das ist ja gar keine Frage.
Externer Inhalt
ran.de: Erzählen Sie uns etwas über Big Ben. Wie ist es, mit solch einem erfolgreichen Quarterback zusammenzuspielen?
Villanueva: Er ist wirklich sehr ehrgeizig. Wenn man mit so einem großartigen Quarterback zusammenspielt, dann überträgt sich der Ehrgeiz zwangsläufig. Big Ben interessiert sich nicht für Statistiken oder sonstige Dinge, die das Spiel letztlich nicht beeinflussen. Ihm geht es in jeder Partie nur um den Sieg. Das macht es für einen Offensive Lineman manchmal etwas schwer, weil wir uns schnell auch selbst unter Druck setzen. Doch es macht trotzdem großen Spaß, in einer Mannschaft mit Big Ben zu spielen.
ran.de: Sie sind seit 2014 in der NFL und damit ein erfahrener Spieler. Welche Rolle nehmen Sie bei den Steelers, speziell für die jüngeren Spieler, ein?
Villanueva: Es gibt viele Dinge, egal in welcher Sportart, die jüngere Spieler nicht verstehen können. Mit den Jahren wurde mir bewusst, dass meine Mitspieler in meiner Entwicklung eine große Rolle gespielt haben. Junge Spieler denken, dass sie für ihre Leistungen selbst verantwortlich sind und es ganz allein bis in die NFL geschafft haben. Ein Beispiel: Wenn Lewis Hamilton in der Formel 1 nicht versteht, dass er auch dank Mercedes so dominant ist, wird er schnell Probleme mit Mechanikern, Ingenieuren und seinen Chefs bekommen. In der NFL läuft es ähnlich. Ich versuche den jungen Spielern beizubringen, dass sie ihr Ego kontrollieren und über den Tellerrand hinausschauen müssen.
ran.de: Zwischen 2014 und 2018 haben Sie mit Antonio Brown zusammengespielt. Was macht AB als Footballspieler aus?
Villanueva: Brown hat schon immer unfassbar hart trainiert. Er ist wirklich einzigartig. Ich kenne keine Person, die so besessen davon war, immer besser zu werden. Antonio hatte regelrecht einen 24-Stunden-Zyklus. Mal hat er bis in die Nacht trainiert, ein anderes Mal hat er schon um drei Uhr morgens angefangen. Er hatte die Mentalität eines Außenseiters, der es einfach jedem beweisen wollte. Wenn ich jemals geglaubt habe, dass ich wirklich sehr hart trainiere und alles aus mir raushole, habe ich AB gesehen und wusste, dass er noch viel mehr tut als ich.
ran.de: Vor zwei Jahren haben Sie nach einem Fake Field Goal ihren ersten Touchdown in der NFL gefangen. War das Ihr größter Moment in der NFL? Waren Sie vor dem Spielzug nervös?
Villanueva: Es ist lustig, viele Leute glauben, dass ein Touchdown das Höchste der Gefühle ist. Mein Ziel ist es aber nicht, Punkte zu erzielen, sondern Fehler zu vermeiden. Ich bin einfach glücklich, wenn nicht über mich geredet wird. Dann weiß ich nämlich, dass ich nichts falsch gemacht habe. Ich war bei dem Spielzug gar nicht nervös. Das schlimmste, was mir hätte passieren können, wäre ein fallengelassener Ball gewesen. Von mir erwartet aber sowieso keiner, dass ich ein guter Receiver bin. Ein langes Third Down macht mich beispielsweise deutlich nervöser, als ein Fake-Field-Goal-Versuch.
ran.de: Wie kam es eigentlich dazu, dass Sie JuJu Smith-Schuster das Autofahren beigebracht haben?
Villanueva: Als ich in die USA gezogen bin, hatte ich noch keinen Führerschein. Ich erinnere mich noch gut, dass ich das damals vor mir hergeschoben habe. Nachdem JuJu zu uns ins Team kam und ich gesehen habe, dass er keinen Führerschein hat, wollte ich ihm dabei etwas unter die Arme greifen. Ich hatte damals ein relativ altes Auto, daher hätte es mich nicht gestört, wenn er einen kleinen Unfall gebaut hätte. Außerdem wollte sonst niemand aus dem Team JuJu sein nobles Auto leihen. So habe ich es mir als Aufgabe gemacht, ihm das Autofahren beizubringen.