NFL-Regelwerk braucht Änderung
ranSicht zur Taunting-Rule: Es reicht! Die NFL muss diese Regel überarbeiten
- Aktualisiert: 09.11.2021
- 11:35 Uhr
- ran.de // Mike Stiefelhagen
Die Auslegung der Taunting-Regel in der aktuellen Form nimmt dem Spiel Emotionen, bringt Unsicherheiten und entscheidet im schlimmsten Fall sogar Spiele. Sie fördert zudem den Ärger von Spielern, Trainern und Funktionären. Die NFL muss dringend reagieren, findet ran-Autor Mike Stiefelhagen. Ein Kommentar.
München - "Taunting" entwickelt sich allmählich zum NFL-Unwort des Jahres 2021. Damit muss jetzt Schluss sein.
Mittlerweile ist es als Zuschauer nicht mehr auszuhalten und noch viel schwieriger: nachzuvollziehen. Seit der NFL-Saison 2021 wird die sogenannte Taunting-Rule, also das Verhöhnen des Gegenspielers oder des gegnerischen Teams, gefühlt strenger und kleinlicher ausgelegt als je zuvor. Der Ansatz ist vernünftig zu sagen, man möchte Respektlosigkeiten unterbinden.
Aktuelle Taunting-Auslegung: Zu subjektiv, zu unfair
Da dies aber häufig sehr subjektiv ausgelegt wird, ist es als Fan und umso mehr als Spieler nahezu unmöglich nachzuvollziehen: Was darf ich jetzt nach einer erfolgreichen Aktion noch machen und was nicht? Respektloses Jubeln möchte niemand sehen, aber Football ist eine sehr emotionale Sportart, von vielen Stimmungsschwankungen, starken Einzelaktionen und einer Achterbahn des Adrenalins geprägt.
Dies sollte sich auch in Jubel-Gesten widerspiegeln dürfen, solange sie nicht unter die Gürtellinie gehen. In dieser NFL-Spielzeit sind zu viele Aktionen mit einer Strafe belegt worden - die dann auch noch deftig ausfallen: 15 Yards Raumverlust und ein automatisches First Down für den Kontrahenten.
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Taunting-Rule ins Lächerliche gezogen
Um ein paar Beispiele zu nennen: Raiders-Tight-End Darren Waller wurde mit der Taunting-Strafe belegt, als er nach einem Catch über einen Gegner gestiegen ist, obwohl er dies tun musste, um die Balance zu wahren. Eagles-Profi Genard Avery bekam in Woche 6 die volle Taunting-Härte zu spüren, nachdem er in einem wichtigen Moment gegen die überlegenen Bucs Running Back Leonard Fournette fair aus dem Spielfeld beförderte. Fournette fiel zu Boden, stand auf und pushte dabei leicht seinen Helm gegen den von Avery. Avery reagierte darauf mit Worten und pushte zurück. Taunting. Aber nur gegen Avery. Geschenkte Yards.
Denn 15 Yards und ein automatischer neuer erster Versuch können unter Umständen spielentscheidend sein. So gipfelte die aktuelle Taunting-Rule in ihrer Lächerlichkeit beim Spiel der Chicago Bears gegen die Pittsburgh Steelers. Nur wenige Minuten vor Schluss stoppte Defensive End Cassius Marsh Steelers-Quarterback Ben Roethlisberger bei einem Third Down mit einem Sack- komplett regelkonform. Und jubelte danach, in dem er - ohne ein Wort zu rufen oder zu schreien - in Richtung Steelers-Bank blickte. Genug für Schiedsrichter Tony Corrente, um Taunting zu ahnden. Davon abgesehen, dass der Referee die Flagge erst warf, nachdem er seltsamerweise Marsh noch mit einem Hüft-Check den Weg versperrte.
Taunting-Rule entscheidet Spiele zu unrecht
Der Bears-Profi zeigte sich nach dem Spiel sichtlich geschockt und wurde für diese Art von Jubel noch nie belangt, welchen er bereits seine ganze Karriere lang ausführte. Und er ist seit 2014 in der NFL. Die Steelers gewinnen das Spiel am Ende knapp, auch weil die Bears zu diesem späten Zeitpunkt im Spiel mit dieser Strafe belegt worden sind. Und das kann kein Fan wollen, dass Spiele wegen der Taunting-Rule entschieden werden - zumal der Schiedsrichter diese Aktion offensichtlich subjektiv falsch interpretiert hat.
Es gibt bereits viele Stimmen - auch aus der NFL - die mit der momentanen Taunting-Auslegung unzufrieden sind. Seahawks-Coach Pete Carroll stößt die Art der Regel schon seit Woche zwei auf: "Die NFL hat damit etwas geschaffen, was wir nicht mögen können". Buccaneers-Quarterback Tom Brady reagierte auf einen Tweet, der besagte, dass die neue Taunting-Rule "stinken" würde und stimmte dem zu. Auch Packers-Quarterback Aaron Rodgers ("i still own you"...) ist unzufrieden: "Die Regel ist zu subjektiv ausgelegt".
Es fehlt bessere Definition und ein Video-Schiedsrichter als Entlastung
Es fehlt die klare Linie: Was ist Taunting und was nicht? Solange das nicht klar ist, ist diese Regel nicht haltbar und zerstört auch für neutrale Fans des Sports den Spaß am Spiel. Zur Not müssen solche Strafen, da sie eben so heftige Konsequenzen nach sich ziehen, nochmal via Video-Entscheidung überprüft werden. Das würde auch die Schiedsrichter auf dem Platz schützen und entlasten.
Wir wollen Emotionen sehen. Wir wollen Entertainment und nicht das Spieler wie Roboter funktionieren. Es braucht eine klare Definition: Was ist verhöhnend und respektlos? Die NFL sollte hier dringend reagieren, ansonsten diskutieren wird bald das Playoff-Aus - oder noch schlimmer - die Super-Bowl-Entscheidung, weil ein Schiedsrichter eine Geste irgendwie als Verhöhnen missinterpretiert hat.
Schützt die Emotionen
Für mich wären abfällige Gesten in Richtung des Gegners, so wie das Schikanieren der Umgebung und obszönes oder beleidigendes Reden klares Taunting. Nicht falsch verstehen: gewisse Arten von "Trash Talk" sind in Ordnung und gehören dazu, dass darf jedoch nicht beleidigend oder persönlich schmutzig werden. Das gilt es zu unterbinden und zu bestrafen. Gibt es Zweifel? Lass' einen Video-Referee die Szene neu bewerten. Das würde Taunting verständlicher machen.
Alles andere muss beschützt werden. Sonst zerstört es im Sport das, was wir Fans und Spieler am meisten lieben: Emotionen.
von Mike Stiefelhagen
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