NFL
Vorbild Taysom Hill: NFL-Teams basteln an ihrem Allrounder
- Aktualisiert: 01.07.2019
- 17:35 Uhr
- ran.de / Oliver Jensen
Taysom Hill gibt als Allzweckwaffe dem Spiel der New Orleans Saints etwas Unvorhergesehenes. Nun arbeiten sämtliche NFL-Teams daran, sich einen ähnlichen NFL-Allrounder zu basteln.
München – Steht Taysom Hill in der Offense oder in den Special Teams auf dem Platz, weiß der Gegner nie so genau, was er zu erwarten hat. Mit dem 28-Jährigen haben die New Orleans Saints nämlich einen echten Allrounder in ihren Reihen. Er war am College zwar Quarterback und wird auch im Roster der Saints unter dieser Position aufgeführt, kann aber auch sämtliche andere Positionen einnehmen.
Er wirft Pässe, er läuft, er fängt, er blockt, er spielt Fake Punts, er steht im Kickoff-Team – Hill ist einfach unberechenbar. Utility Player ist die Bezeichnung für Spieler, die in einem Mannschaftssport mehrere Positionen einnehmen können.
Im Association Football, im Baseball, im Eishockey oder im Rugby ist das nicht ungewöhnlich, im professionellen American Football allerdings schon. Zwar gibt es im College-Football sogenannte "Tweener", die aufgrund ihrer athletischen Veranlagung mehrere Positionen einnehmen können. Mit diesem Profil gelangte allerdings kaum einer in die NFL – einfach weil diese Akteure alles ein bisschen, aber nichts so richtig gut können.
Ein Spieler wie Hill allerdings ist eine Waffe, da er aufgrund seiner physischen Stärke und seiner Geschwindigkeit überall glänzen kann, als langjähriger Quarterback zudem auch jederzeit ein Big-Play im Arm hat. "Ihn zu haben, ist faszinierend. Er ist so vielseitig, er kann so viele Dinge", sagt Quarterback Drew Brees.
Ravens und Giants planen Taysom-Hill-Kopie
So war es irgendwie nur eine Frage der Zeit, bis auch andere NFL-Teams ihren Allrounder basteln würden. Das gesuchte Profil: Es sollte ein gelernter Spielmacher sein, der wohl nicht das Potential zum Starting-Quarterback hat, dafür aber eine herausragende Athletik und physische Stärke besitzt.
Tatsächlich sind vermehrt Spieler dieses Typus in den Kadern der NFL-Teams zu finden. Die Baltimore Ravens haben Trace McSorley, den Starting-Quarterback der Penn State Nittany Lions, in der 6. Runde gedraftet. Die New York Giants nahmen Eric Dungey, den Spielmacher der Syracuse Orange, als ungedrafteten Rookie unter Vertrag. Beide werden in ihrem Team wohl zum Allrounder herangezüchtet.
Externer Inhalt
Ravens-Coach John Harbaugh spricht ganz offen über seinen Plan: "Man hat gesehen, was die Saints mit ihrem dritten Quarterback gemacht haben. Das ist etwas, was wir auch mit Trace machen können. Er hat die Qualität, um in den Special Teams zu spielen, und auch die Chance, eine wichtige Rolle bei uns einzunehmen."
McSorley: Ich tue alles, was die Trainer verlangen
McSorley hatte an der Pennsylvania State University zwar sämtliche Rekorde aufgestellt und gilt daher als der erfolgreichste Quarterback in der Geschichte seines Colleges. Aufgrund seiner mangelnden Körpergröße (1,83 Meter), seiner Schwäche bei langen Bällen und der mangenden Genauigkeit taugt er allerdings wohl kaum zum Starting-Quarterback in der NFL.
Noch hat der 23-Jährige diesen Traum nicht aufgegeben. "Ich glaube, ich kann ein Quarterback sein, und es ist auch mein Ziel, die Position des Quarterbacks einzunehmen", sagt McSorley, der allerdings auch seine Bereitschaft zum Allrounder signalisiert: "Ich weiß auch, dass ich bei dieser Gelegenheit einige andere Dinge tun kann. Ich bin bereit, alles zu tun, was die Trainer von mir verlangen. Ich weiß, dass ich auf dem Footballfeld viele verschiedene Dinge tun kann, um eine Mannschaft erfolgreich zu machen."
Dungey: Trainer bot mir die Möglichkeit, mehrere Positionen zu spielen
Die New York Giants gehen bezüglich ihrer Planung mit Eric Dungey noch offensichtlicher um als die Ravens. Im Roster führen sie ihn gleichzeitig als Quarterback und Tight End. Dabei hat auch er als College-Quarterback überzeugt. Kein anderer Spielmacher in der Geschichte der Syracuse Orange hat so viele Spiele mit 300 Passing-Yards oder mehr absolviert. Zudem ist er sehr mobil, ließe sich also als moderner Quarterback bezeichnen.
Vor allem aber gilt Dungey als System-Quarterback. Das heißt: Für die NFL ist er wohl nicht vielseitig genug. Zudem haben seine mangelnde Genauigkeit und seine Verletzungshistorie viele Scouts abgeschreckt. Es war abzusehen, dass er im Draft durch das Raster fällt und als Free Agent sein Glück in der NFL versuchen muss.
"Ich möchte hier einfach mithalten können", sagte Dungey im Rookie-Camp der Giants. "Daniel Jones (Quarterback und 6th-Overall-Pick der Giants, Anm.d.Red.) ist ein großartiger Quarterback. Aber der Trainer bot mir die Möglichkeit, mehrere Positionen zu spielen und so auch die Chance zu haben, Quarterback zu spielen. Wenn ich das tue und die Offense nach besten Kräften lernen kann, freue ich mich darauf, alles zu tun, um zu helfen."
Auf die Frage, ob er im Stil von Taysom Hill mehrere Positionen einnehmen könnte, antwortete Dungey: "Das war eines der Dinge, über die Head Coach Pat Shurmur mit mir gesprochen hat."
Shurmur: Für gute Footballspieler gibt es immer einen Platz
Der Trainer selber hält sich zunächst alle Optionen mit Dungey offen und zeigt sich vor allem von dessen Athletik beeindruckt: "Er hat viele Spielzüge mit seinen Füßen gemacht. Er ist einer von denen, die wir während des gesamten Drafts im Auge hatten. Ich denke, er ist ein guter Footballspieler. Normalerweise gibt es auf dem Spielfeld immer einen Platz für Jungs, die Football spielen können. Also werden wir einfach weiter mit ihm zusammenarbeiten und sehen, was passiert. Wir wollen ihn einbeziehen, ihn als Quarterback ansehen und einfach sehen, wie sich das alles entwickelt."
Auch andere Teams haben Quarterbacks unter Vertrag, denen eine Zukunft als Allzweckwaffe bevorstehen könnte. Als mögliche Kandidaten in den US-Medien genannt werden Nick Fitzgerald, der ungedraftet bei den Tampa Bay Buccaneers unterkam, Easton Stick, der in der fünften Runde von den Los Angeles Chargers gepickt wurde, und John Lovett, dem ungedrafteten Rookie der Kansas City Chiefs.
Gut möglich also, dass in der NFL gerade ein neuer Spielertyp entsteht. Ob man diesen als Utility Player bezeichnen möchte oder eine coolere Bezeichnung findet, wäre dann zweitrangig.
Oliver Jensen
Du willst die wichtigsten NFL-News direkt auf dein Smartphone bekommen? Dann trage dich für unseren WhatsApp-Service ein unter http://tiny.cc/ran-whatsapp