Ein Blick auf den Trade des Jahres
NBA: Dallas tradet Luka Doncic zu den Lakers - Gewinner und Verlierer des Schock-Deals
- Aktualisiert: 03.02.2025
- 13:30 Uhr
- Ole Frerks
Der Monster-Trade von Luka Doncic zu den Los Angeles Lakers versetzte die NBA in Schockstarre. ran blickt auf die Gewinner und Verlierer des Deals.
von Ole Frerks
Selten hat ein Trade die NBA-Welt so erschüttert.
Wahrscheinlich sogar noch nie, berücksichtigt man die Qualität der involvierten Spieler, die Ambitionen und das Renommee der involvierten Teams und die Tatsache, dass niemand im Vorfeld auch nur von den Diskussionen wusste – und dass der durchaus anerkannte Newsbreaker Shams Charania explizit klarstellen musste, dass er vor der Verkündung dieses Trades nicht etwa gehackt wurde.
Nein, es ist wirklich passiert. Luka Doncic ist nicht mehr bei den Mavericks, Anthony Davis nicht mehr bei den Lakers. Es gibt viel zu klären, viel zu sortieren. Blicken wir dazu einmal auf die Gewinner und Verlierer eines waschechten Trade-Schockers.
Verlierer: Nico Harrisons Ruf
Noch weiß natürlich niemand, wie die Geschichte am Ende ausgehen wird und ob Nico Harrison, der General Manager der Mavs, der mit seinen Wetten in den vergangenen Jahren oft richtig lag (etwa auf Kyrie Irving, P.J. Washington und Dereck Lively II), auch die Wette gegen Doncic gewinnen wird. Klar ist Stand jetzt aber, dass der Prozess hinter diesem Deal in Frage gestellt werden muss.
Fast niemand in der NBA scheint gewusst zu haben, dass Doncic, locker ein Top-5-Asset in der NBA, überhaupt zu haben war. Die Mavs initiierten selbst die Gespräche und hielten sie unter Verschluss – das ist in Ordnung, wenn man selbst den großen Preis jagt, aber nicht, wenn man diesen großen Preis traden will. Die Trade Deadline war zudem noch einige Tage entfernt.
Das Wichtigste in Kürze
Es hätte bessere Angebote geben können, eigentlich müssen. Selbst wenn Dallas offensichtlich genug vom Slowenen hatte – ein Thema für sich. Mindestens zwei Drittel aller NBA-Teams hätten einen 25-jährigen fünfmaligen All-NBA-First-Teamer gerne im Team - weil er, außer Form oder nicht, besser ist als der beste Spieler fast jeder Franchise ist.
Die Mavs wollten Davis, sie haben sich die Lakers als Partner ausgesucht - in Ordnung. Aber: In solch einem Deal müsste dann wenigstens alles von den Lakers losgeeist werden, was geht. Die Knicks zahlten im vergangenen Sommer fünf Erstrundenpicks für Mikal Bridges. Für Doncic gibt es einen Pick. Bei aller Wertschätzung für AD ist das schlichtweg viel zu wenig.
Ganz zu schweigen davon, dass man einen Spieler von Doncic' Format ohnehin nicht ohne Not traden sollte. Harrison hat am Sonntag gesagt, dass die Fans zufrieden mit ihm sein werden, wenn das Team gewinnt. Für den Moment ist er jedoch auch in der Stadt seines Teams zu einer Hassfigur aufgestiegen.
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Gewinner: Die Post-LeBron-Lakers
Am Freitag waren die Lakers ein leicht überdurchschnittliches Team mit wenig Hoffnung, dass über die nächsten Jahre mehr als "leicht überdurchschnittlich" möglich sein würde. Die logische Konsequenz bei einem Team, das um einen 40-Jährigen GOAT-Kandidaten und einen 31-jährigen Big Man konstruiert war, der vor der vergangenen Saison ziemlich oft aussetzte. Angeblich wollten sie mit Davis bei der nächsten Gelegenheit nicht mehr verlängern.
Am Ende des Wochenendes waren die Lakers ein Team mit interessantem offensiven Fit und enorm wenig Defense in der Gegenwart, mit so vielen Fragezeichen, dass man in dieser Saison eher nicht mit einem Titel planen sollte (ebenso wenig wie vorher), aber eben auch mit einer klaren Perspektive.
NBA: Doncic vs. Davis - die Details des Mega-Trade
Mit einem Spieler, der mit seiner Blütezeit erst anfangen sollte und schon jetzt mehr Auszeichnungen angehäuft hat, als die meisten Stars über eine ganze Karriere.
Doncic ist ein bewiesener Playoff-Killer. Er taucht jedes Jahr irgendwo in der MVP-Konversation auf, wurde vergangene Saison Dritter. Offensiv ist nur sein Kumpel Nikola Jokic besser. Wie gut könnte er erst sein, wenn ihn diese Respektlosigkeit genug anstachelt, um (endlich) konstant in Form zu kommen? Wenn er sich ein paar Ideen von LeBron holt?
Das wäre dann ein Ära-prägender Spieler - und diese Ära wäre jetzt dann eben wieder eine Lakers-Ära. Das ist ein Geschenk, das in dieser Form wohl nur diese Franchise erhält (auf den Tag genau 17 Jahre nach dem Geschenk namens Pau Gasol übrigens).
Verlierer: Luka Doncic' Kontostand
Apropos Respektlosigkeit. Der Trade betrifft bei Doncic nicht nur die Ehre, sondern auch den Kontostand. Nein, Sorgen machen muss sich natürlich niemand … Sponsor Air Jordan wird über den Wechsel wahrscheinlich nicht wütend sein, als Werbefigur hat Doncic in L.A. mehr Möglichkeiten als in Dallas. Die NBA-Einkünfte jedoch werden dadurch erst einmal gedrückt.
Zum einen wird in Kalifornien anders als in Texas Einkommensteuer erhoben. Ein wildes Konzept. Und: Durch den Trade kann Doncic im Sommer nicht den gigantischen Fünfjahresvertrag über 345 Millionen Dollar unterschreiben, für den er sich in Dallas mit seinen All-NBA-Teilnahmen schon qualifiziert hatte.
In L.A. wären laut "ESPN"-Guru Bobby Marks "nur" 229 Millionen Dollar über fünf Jahre möglich, falls er in diesem Sommer für die maximale Laufzeit verlängern will (drei Jahre wären klüger, da er dann 2028 nach zehn Jahren in der Liga einen 35-prozentigen Super-Max unterschreiben könnte). Definitiv nicht wenig. Aber weniger.
Gewinner: Kyrie Irvings Kontostand
Im Sommer 2023 wurden die Mavs noch dafür belächelt, als sie Irving nach sehr turbulenten Jahren 126 Mio. Dollar über drei Jahre mit einer Spieler-Option anboten. Seither spielt Irving durchweg starken Basketball – und ist nun wohl so unverzichtbar, dass er im Sommer auf besagte Option verzichten und einen deutlich höher dotierten Deal unterschreiben könnte.
Ob Irving auch auf dem Court gewinnt, ist ein anderes Thema. Ohne Doncic lastet nun ungleich mehr Kreativlast auf ihm, da Davis ein überragender Finisher, aber nicht unbedingt ein überragender Playmaker ist. Irving brillierte in seiner Karriere bisher als Second Banana, der Erfolg seiner Teams mit ihm als klarem Chef auf dem Court hingegen war überschaubar.
Auch in der laufenden Saison – seit Doncic‘ Ausfall am Christmas Day haben die Mavs nur fünf der 13 Spiele gewonnen, in denen Irving zur Verfügung stand.
Nun verändert sich das Team natürlich, aber …
Verlierer: Dallas' Gegenwart
Harrison führte diesen Trade nicht zuletzt deshalb durch, weil er dachte, dadurch in dieser Spielzeit eine größere Chance auf den Titel zu haben. Defense Wins Championships, und so. Über die Saison hatten die Mavs beim Defensiv-Rating den elften Platz belegt, die Tendenz über die vergangenen Wochen war allerdings negativ.
Jetzt haben sie einen der besten Verteidiger der Liga hinzugewonnen, auch wenn Davis in dieser Saison bisher nicht auf seinem höchsten Defensivniveau spielte.
Dallas kann nun mit Davis, Washington und Daniel Gafford oder Lively, sollte dieser in der Saison wieder zurückkehren, imposante Länge und Athletik im Frontcourt aufbieten. Mit Max Christie, Quentin Grimes oder Naji Marshall stehen zudem kleinere Flügelverteidiger bereit, die Irving oder Klay Thompson den Rücken freihalten könnten. Defensiv klingt das sehr spannend.
Luka Doncic: Mitten im Spiel! Schock bei Durant und Beal
Fraglich ist der Fit des Ganzen offensiv. Wegen der Kreativlast Irvings, wie oben skizziert. Aber vor allem auch wegen des Spacings. Die Center werfen nicht. Davis zählt zu den ineffizienteren Jumpshootern der Liga (und ist auch deshalb eigentlich besser als Center). Washington trifft in dieser Spielzeit 38 Prozent von draußen, wird aber nicht wie ein guter Shooter verteidigt.
Das, äh, wirkt problematisch. Ein solides Team sollten die Mavs durchaus sein. Ein wilder Run wie 2024 scheint mit diesem Roster eigentlich aber wesentlich unwahrscheinlicher, einfach weil das offensive Ceiling so viel niedriger ist und weil Dallas (derzeit Platz 9, 26-24) wohl in keiner Serie Heimvorteil haben würde.
Doncic konnte sich ganze Serien durch seine offensive Kontrolle zu eigen machen, eindimensionale Roll-Men wie Gafford zu legitimen Waffen machen. Irving ist auch ein guter Pick’n’Roll-Playmaker, aber er ist nicht das, zumal er physisch ganz andere Voraussetzungen mitbringt.
Gewinner: Jaxson Hayes
Hat da jemand "eindimensionale Roll-Men" und "legitime Waffen" gesagt?
Die Lakers werden ganz dringend weitere Bigs brauchen, aber bis dahin wird Doncic wohl Hayes zu seinem neusten Spielzeug machen. Wenn man sieht, was für Zahlen Nick Richards in Phoenix auflegt …
Gewinner: OKC Thunder
So oder so wird Dallas wohl Zeit brauchen, um sich zu finden. Das dürfte dem Rivalen aus Oklahoma City gefallen. Dallas wirkte in seiner Bestform wie ein Kryptonit für den großen Favoriten der Western Conference – 2024 schmissen sie OKC aus den Playoffs, in dieser Saison gewannen sie drei von vier Duellen, jeweils ohne Doncic.
Die Thunder hatten bei keiner der Niederlagen einen ihrer Center dabei, aber trotzdem: Die Spielweise der Mavs liegt ihnen weniger als die der meisten anderen Teams. Oder lag, besser gesagt. Jetzt müssen diese ja selbst erst herausfinden, wie sie ohne ihr offensives Alpha und Omega eigentlich spielen wollen.
Verlierer: Dallas' Langzeitaussichten
"Für mich ist die Zukunft die nächsten drei, vier Jahre. Zehn Jahre entfernt – bis dahin werden sie mich und Jason Kidd wahrscheinlich begraben. Oder wir begraben uns selbst."
Das sagte Harrison selbst nach dem Trade, gefragt nach der Langzeitperspektive der Mavs. Es ist eine faszinierende Aussage.
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Blenden wir einmal aus, dass die Titelchance der Mavs in der Gegenwart ohne Doncic nicht viel höher sein sollte (zur Erinnerung: Sie waren gerade in den Finals!). Zum Ende der Dekade hin sollte das definitiv so sein – Doncic ist dann in seiner Prime, Irving (33 im März) und Davis (32 im März) sind dann wohl spätestens damit fertig.
Es wird für die Mavs auch nicht unbedingt leicht werden, sich über die nächsten Jahre jung zu halten oder zu erneuern. Ihre eigenen Erstrundenpicks 2027, 2028, 2029 und 2030 gehören direkt oder durch Swap-Rechte allesamt anderen Teams.
Gerade Charlotte (gehört der 27er Pick), OKC (Swap-Recht 2028) und San Antonio (Swap-Recht 2030) haben durch diese Transaktion potenziell eine andere Perspektive dazugewonnen.
Verlierer: Die Dallas-Würzburg-Allianz
Durch den Trade haben die Mavs erstmals seit 1998 keinen Würzburger mehr im Kader. Donnie Nelson hätte das nie zugelassen!
Im Ernst: Maxi Kleber ist hier natürlich nicht der Headliner, es ist jedoch interessant, wie es für ihn nach dem Deal weitergeht. Würde er mit einem gebrochenen Fuß nicht noch lange ausfallen, wäre sein Spielertyp für die neuen Lakers theoretisch interessant, da er noch immer verteidigen kann und Frontcourt-Physis mitbringt, was dem Team sonst gerade fast komplett abgeht.
Offensiv spielte Kleber allerdings schon vor seiner Verletzung ein sehr schwaches Jahr. Falls ihn der Wurf wirklich verlassen hat (nur 26,5 Prozent bei 1,4 Dreiern pro Spiel), trägt er zu einer funktionalen Offense nicht genug bei und dürfte es schwer haben, einen Rotationsplatz bei den Lakers zu ergattern. Vielleicht erhält er dafür auch ohnehin keine Chance.
Die Lakers dürfen sein 11-Mio.-Dollar-Gehalt vor der Deadline zwar nicht im Paket mit anderen Spielern traden, erlaubt wäre aber ein Deal für einen Spieler, der weniger verdient. Finden die Lakers unter dieser Grenze ein Roster-Upgrade und legen bspw. noch einen Zweitrundenpick oben drauf, könnte Kleber schon bis zum Ende der Woche den nächsten Arbeitgeber haben.
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Fraglich: LeBron James
"Ist LeBron der nächste?", war eine Frage, die man sich am Sonntag zeitweise stellen konnte. Konsultiert wurde er von den Lakers vorher nämlich nicht, was signifikant ist, schließlich war Davis genau wie er ein Klient von Klutch Sports und der Spieler, den LeBron vor einigen Jahren höchstselbst nach Los Angeles gelotst hatte (natürlich würde er das so nie sagen).
Diesen Überlegungen hat James indes schon einen Riegel vorgeschoben. Er will über die Deadline hinaus bei den Lakers bleiben und kann das tatsächlich so entscheiden, da er eine No-Trade-Klausel sein Eigen nennt (Grüße an Bradley Beal). Er gilt seit vielen Jahren als großer Fan von Doncic und will diesem neuen Superstar-Tandem eine Chance geben.
Der On-Court-Fit ist spannend – Doncic hat James vor einiger Zeit als den besten Mismatch-Jäger der NBA abgelöst, beide sind aber nach wie vor absolute Supercomputer in der Offensive. Sie sind auch beide daran gewöhnt, den Ball sehr viel in der Hand zu halten … James hat über die letzten Jahre allerdings schon einiges an Verantwortung abgegeben, kann den Ball mit 40 Jahren natürlich auch nicht mehr so dominieren wie früher.
Es wird so oder so wohl eine Anpassungsphase geben, wenn Doncic fit ist. Auch Austin Reaves spielt da mit hinein, der über die vergangenen Wochen sehr viel Zeit am Ball verbrachte und starke Leistungen zeigte, defensiv aber noch anfälliger ist als Luka und LeBron.
Vielleicht ist auch er ein Trade-Kandidat, weshalb Dallas auch nach ihm hätte fragen sollen – selbst wenn man ihn dann wieder hätte weiterschicken wollen. Ballhandling haben die Lakers auf einmal im Überfluss, Defense und Physis dafür sind weg. Wie ein balanciertes, gefährliches Playoff-Team sieht L.A. Stand heute eigentlich nicht aus.
Das war jedoch auch nicht der primäre Grund für diese Transaktion. Erstmals seit seiner Ankunft 2018 haben die Lakers einen Deal eingefädelt, bei dem ihnen LeBrons Gefühle nahezu völlig egal sein konnten. Eine neue Ära, wie gesagt.