NBA Finals 2024: Was die Mavericks und Doncic von Nowitzki lernen müssen
Aktualisiert: 25.06.2024
10:46 Uhr
Seb Dumitru
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Die Boston Celtics sind NBA-Champion 2024. Luka Doncic und seine Dallas Mavericks mussten in diesen Finals eine schmerzhafte, aber dringend nötige Lektion lernen. Die Situation erinnert stark an einen anderen Mavs-Superstar vor 18 Jahren.
Von Seb Dumitru
Drei Siege. Drei Siege fehlten den Dallas Mavericks am Ende zum ultimativen Erfolg in dieser historischen Saison.
Dass es am Ende nicht zum zweiten Titel der Franchise-Geschichte reichte, hatte teils mit dem eigenen Unvermögen, teils mit der Dominanz des Gegners in den Finals zu tun.
Die Boston Celtics demonstrierten eindrucksvoll, warum sie nicht nur zwischen Oktober und April als mit Abstand bestes Team der Liga galten, sondern auch in den Playoffs von keinem Opponenten zu stoppen waren.
Zu tief, zu vielseitig, zu kompakt an beiden Enden präsentierten sich die Kobolde in ihrer rekordträchtigen Saison, die mit 80 Siegen in 101 Partien und Champagner-Duschen endete.
Während Montagnacht grün-weißes Konfetti von der Hallendecke im TD Garden nach unten schwebte, Finals MVP Jaylen Brown, sein kongenialer Partner Jayson Tatum und die gesamte Celtics-Nation ausgelassen Championship Nummer 18 feierte, rangen niedergeschlagene Mavs-Protagonisten in den Katakomben mit ihrem Schicksal – und der Realisierung, dass die Bühne in den Finals viel gnadenloser, die Scheinwerfer viel heller und der Druck viel größer ist.
Next Level wie Boston
"Ich denke wir haben, mehr als alles andere, gelernt, was es braucht, um es bis hierher zu schaffen, und um auf diesem Level zu gewinnen", sagte Kyrie Irving nach Spiel fünf: "Die Celtics sind das perfekte Beispiel für uns, weil sie in den vergangenen Jahren so viel durchmachen mussten."
In der Tat war Bostons Rückkehr ins Endspiel kein Selbstläufer. 2022 noch erbärmlich an Steph Currys Golden State Warriors gescheitert, verloren die Celtics im Vorjahr in sieben Spielen gegen Miami in den Conference Finals. Insgesamt vier Mal scheiterte das Duo Tatum/Brown tief in den Playoffs, bevor in diesem Jahr endlich der Durchbruch gelang.
"Sie sind ein großartiges Team", analysierte ein trübseliger Luka Doncic in der letzten Medienrunde der Saison: "Sie sind schon lange zusammen, und mussten gemeinsam alles durchstehen. Wir müssen sie studieren, wie sie spielen, ihre Reife, wie viele gute Akteure sie haben. Und wir müssen daraus lernen."
Die Celtics waren und sind einfach viel weiter auf diesem unumgehbaren Weg vom sehr guten zum absoluten Elite-Team. Und nur Elite-Teams gewinnen Titel.
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Doncic, Tatum und Co.: ran kürt die All-NBA-Teams der Playoffs
Bostons Evolution über die Jahre, das stete Etablieren eigener Stärken und finale Ausmerzen jeglicher Schwächen, ist in der Tat eine exzellente Blaupause für den weiteren Weg der Mavericks, die sicherlich nicht erwartet hätten, schon so früh hier zu sein.
Sicher, Doncic lieferte mal wieder auf spektakuläre und atemberaubende Art und Weise, zeigte seine bisher beste Profisaison. Auch das Zusammenspiel mit Irving klappte in Jahr zwei viel besser und geschmeidiger, als sich das selbst die größten Optimisten erhofft hätten.
Erst die Midseason-Trades für PJ Washington und Daniel Gafford jedoch drehten eine bis dahin enttäuschende erste Saisonhälfte und etablierten Dallas an beiden Enden als Top-Team, das schließlich als Nummer-fünf-Seed gleich drei höher gesetzte Mannschaften auf beeindruckende Art und Weise eliminierte und die Finals erreichte.
Dort bremste Bostons fein geölte Basketball-Maschinerie alle Mavs-Träume jäh aus. Die Celtics-Defense hielt Dallas bei allen vier Siegen unter 100 Punkten und verteidigte ihre in dieser Saison makellose Bilanz (26-0), wenn der Gegner die Hundert verpasst.
Dallas Mavericks: Kein Durchbruch ohne Leiden
Doncic wird sich einen ganzen Sommer lang Kritik anhören und diese bittere Lektion auf der Finals-Bühne verdauen müssen. "Ich muss besser werden" – mit dieser selbstreflektierenden Einstellung sitzt der Slowene fast immer in Pressekonferenzen, wenn das Spiel verloren ging. Wer seinen legendären Wettbewerbseifer kennt, weiß, wie sehr jeder einzelne dieser Verlierer-Momente an ihm nagt.
Dass dem Team die notwendige Tiefe und Qualität im Angriff fehlte, um gegen Boston Spiel für Spiel 48 fast perfekte Minuten zeigen zu können, um überhaupt eine Chance zu haben – dafür konnte der Mann, der die meisten Punkte, Rebounds und Assists aller Akteure in diesen Playoffs zustande brachte, natürlich nichts.
Dass ausgerechnet der Megastar seine Teamkollegen in Spiel drei im Stich ließ, als sich Doncic von einem frustrierenden Foul zum nächsten haderte, und zum ersten Mal in seiner Playoff-Karriere vom Parkett flog, bleibt jedoch einer der Schlüsselmomente dieser Final-Serie. Anstatt zu verkürzen, fiel Dallas in ein unüberwindbares 0:3-Loch. Keines der jetzt 157 Teams in dieser Situation hat in der langen NBA-Geschichte noch das Comeback geschafft.
"Die Geschichte ist für uns da, um aus ihr zu lernen", weiß Jason Kidd, einer der besten Point Guards der NBA, der in seiner eigenen Hall-of-Fame-Karriere 17 Jahre brauchte, um endlich den Titel zu gewinnen.
"Sie ist gespickt mit Legenden, die scheiterten, ehe sie den Durchbruch schafften. Jordan gegen die Pistons. LeBron bei seinen ersten Versuchen. Die Größten nutzen die Lektionen, und erinnern sich für den Rest ihrer Karriere daran. Sie verstehen es endlich", führte der Mavs-Coach weiter aus.
Und ergänzte: "Erfahrung spielt eine so große Rolle auf diesem Niveau. Diese Celtics haben 2022 gegen Golden State verloren, letztes Jahr gegen Miami, und jetzt schau sie dir an. Die Besten der Besten, sie müssen erst scheitern, bevor sie auf der größten Bühne Erfolg haben können."
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Dallas Mavericks: 2006/2011-Vibes
Im Sommer 2006 galt ein anderer Mavs-Superstar als einer der besten Spieler der Welt. Dirk Nowitzki war bei der Wahl des Most Valuable Player zwei Mal in Folge Dritter geworden, sollte den Award ein Jahr später sogar gewinnen.
Er stand im All-NBA First Team, genauso wie Doncic heute. Und er stand in den NBA Finals, führte dort mit seinen Mavericks bereits mit 2:0. Dann rissen die Miami Heat von Dwyane Wade und Shaquille O'Neal vier Siege in Folge ab und klauten Dallas die bereits sicher geglaubte Trophäe (Dallas war als 60-Win-Team haushoher Favorit).
Nowitzki wurde aufs Schärfste kritisiert, als soft und als schwacher Anführer zerrissen. Fünf Jahre brauchten die Mavs danach, um endlich wieder die Finals zu erreichen. Drei Mal in den nächsten vier Saisons scheiterten sie bereits in der ersten Playoff-Runde. Der damalige Manager Donnie Nelson ersetzte alle Protagonisten bis auf Nowitzki und Jason Terry, nach und nach.
Erst, als die Veteranen Shawn Marion, Jason Kidd, Tyson Chandler und Peja Stojakovic zum "Dirkster" und "Jet" hinzustießen, schaffte Dallas den so lange herbeigesehnten Durchbruch – auch gegen das Superteam aus Miami um Wade, James und Chris Bosh. Nowitzki hatte gelernt, was es braucht, um seine Truppen anzuführen. Seine Mitspieler waren endlich gut genug, um sich auch in den schwierigsten Momenten auf sie verlassen zu können.
Die Uhr tickt schon...
Am Ende hatten diese 2024er Mavs einfach nicht genug. Diese Pleite war jedoch ein wichtiger Spickzettel für die Zukunft, auf dem jetzt steht, wie weit dieses Team von der Larry-O'Brien-Trophäe noch entfernt ist.
Der Teufel liegt bekanntlich im Detail. Ob Doncics Aussetzer, Irvings katastrophale Leistungen auswärts an alter Wirkungsstätte, oder die Wurfscheu und mangelnde Qualität der Rollenspieler – Champions können sich einfach keine körperlichen, mentalen oder emotionalen Lapsus erlauben.
Diese Finals-Niederlage wird die Mavericks monatelang verfolgen. Wenn sich der Staub gelegt hat, wird der Klub dennoch stolz auf das Erreichte sein können. Dass GM Nico Harrison und Coach Kidd, deren Verpflichtung durch Mark Cuban lange kritisch gesehen wurde, quasi im Vorbeigehen zum ersten Mal einen veritablen Contender um ihren jenseitigen, mittlerweile 25-jährigen ehemaligen Wunderknaben auf die Beine gestellt haben, ist bemerkenswert.
Der Slowene ist einer der drei besten Spieler der Welt. Das Fundament ist dank Doncic, Irving und Dereck Lively fest ausbetoniert, die tragenden Säulen dank Rollenspieler wie Washington, Gafford und Derrick Jones Jr. stabil genug, um als Mitfavorit in die neue Saison zu gehen.
NBA-Champion: Celtics feiern wilde Kabinenparty mit Skibrillen
Jetzt kommt der ebenso komplexe wie entscheidende letzte Teil: den Rest des Kaders sinnvoll und entscheidend aufzubessern. Es wird immens wichtig, passende Rollenspieler zu lokalisieren, um die Fähigkeiten von Doncic und Irving zu maximieren und ihre Schwächen zu kaschieren.
Eine Verlängerung mit dem exzellent passenden Jones Jr. scheint so gut wie sicher. Maxi Kleber, Tim Hardaway und Josh Green hingegen enttäuschten gewaltig und waren borderline unspielbar. Ihr Verbleib wird und sollte hinterfragt werden.
Dallas braucht willige, solide Shooter, die jederzeit abdrücken wollen, ohne zu überdrehen. Kreative Flügelspieler stehen weit oben auf Kidds und Harrisons Wunschliste. Dallas wird, ohne Cap Space, vor allem über kleine Trades versuchen, das Team qualitativ zu verstärken.
Die Mavericks 2023/2024 haben überrascht, unterhalten, begeistert. Sie gaben Dallas und den Fans mehr Grund zum Jubeln als jedes Mavs-Team seit den glorreichen Tagen von Nowitzki. Viel fehlte nicht, um sich am Ende in der beneidenswerten Position wiederzufinden, in der die Celtics seit Montag Nacht verweilen.
Es fühlt sich so an, als stünden die Texaner am Anfang ihrer eigenen, glorreichen Mini-Ära. Mit den wichtigen Lektionen und den richtigen Schlüssen im Gepäck kann die neue Saison für Doncic, Dallas & Co. nicht früh genug beginnen.