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NBA

Victor Wembanyama: San Antonio Spurs ziehen wieder das große Los

  • Aktualisiert: 12.10.2023
  • 16:42 Uhr
  • ran.de
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© Imago

Zum dritten Mal in ihrer Geschichte gewinnen die San Antonio Spurs den ersten Pick im NBA Draft – mit einem revolutionären Big Man als Preis. Von Victor Wembanyama wird eine neue Basketball-Ära erwartet. 

Von Ole Frerks

Hoffnung ist in der NBA wichtiger als der Titel. Für die allermeisten Teams zumindest – was der Zeitpunkt der Draft Lottery noch einmal unterstreicht. Vier Teams kämpfen aktuell noch um die Larry O'Brien Trophy, bei allen 26 anderen laufen längst die Planungen für die nächste Saison und darüber hinaus (bald die Hälfte sucht dabei einen neuen Head Coach).

Und selbst zum Start einer Saison ist es bei vielen Teams vorher klar, dass sie nicht um die Meisterschaft mitspielen werden, Parität hin oder her. Diese Teams brauchen einen Plan, wie sie eines Tages, lieber früher als später, ebenfalls im Mai noch aktiv sein können – und vielleicht sogar das letzte Team sein können, das noch steht.

Die meisten dieser Pläne gehen nicht auf, das ist nur logisch bei 30 Franchises, von denen viele noch immer auf ihren allerersten Titel warten. Doch das ist in Ordnung, so lange es Hoffnung gibt. Und diese Hoffnung hat seit langem kein Spieler mehr so stark repräsentiert wie Victor Wembanyama, über den selbst die größten aktuellen Stars nur staunen können.

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Wembanyama: Superlative reichen nicht

Stephen Curry nennt ihn einen "Cheat Code", für LeBron James ist Wembanyama ein "Alien". Giannis Antetokounmpo erwartet von ihm, dass er "einer der besten Spieler werden kann, die dieses Spiel jemals gespielt haben". Mit 2,26 m Länge und dem Skillset eines Flügelspielers sprengt er die Grenzen der Vorstellungskraft, er soll der Basketballspieler der Zukunft sein, am besten vom ersten Tag an.

Wembanyama ist Rudy Gobert gepaart mit Magic Johnson, Giannis Antetokounmpo und Dirk Nowitzki. Er wirft einbeinige Stepback-Dreier und kann Dreierschützen blocken, während er unter dem Korb steht. Scouts würden ihn auch mit dem Tyrannosaurus Rex vergleichen, wenn er nicht so lange Arme hätte (2,44 m Spannweite!).

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Seit Jahren rankt sich ein Hype um den Franzosen, wie es ihn seit LeBron selbst nicht mehr gegeben hat. Es war daher ein wenig amüsant, als NBA-Chef Adam Silver im Januar in Paris immer wieder betonte, dass man nicht zu viel Druck auf den jungen Mann laden wolle – diese Aussagen passten nicht zu den Taten der Liga.

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Nur ein bisschen Druck

Schon lange zieht die Liga alle Register, um den Wembanyama-Hype angemessen zu nutzen. Spiele seines Teams wurden in der NBA-App übertragen, sein Team wurde im Oktober für zwei Spiele gegen G-League Ignite in Las Vegas eingeladen, wo er endgültig zur Hauptattraktion wurde. Sein Bild wurde von TV-Partner TNT genutzt, um auf die Lottery hinzuweisen.

Alles steht im Zeichen von Wembanyama. Niemand macht einen Hehl daraus, wie viel von ihm erwartet wird. Niemand, auch nicht Silver, machte jemals einen Hehl daraus, dass Wembanyama garantiert an erster Stelle gezogen und dass sein neues Team dadurch auf einen Schlag zum Quotenmagneten avancieren wird.

Aber Druck wird ihm nicht gemacht, natürlich nicht.

Victor Wembanyama: Schon immer besonders

Der 19-Jährige selbst scheint das bisher alles gut und durchaus selbstbewusst wegzustecken. An seinem Verhalten und seinen Aussagen ist ihm anzumerken, dass er den Ruhm mittlerweile schon lange kennt und nicht davon überrumpelt wird. Er ist kein "naiver" Europäer wie der junge Dirk Nowitzki, der 1998 erst kurz vor dem Draft so richtig auf der Landkarte auftauchte.

"Ich glaube, er wusste schon immer, dass er etwas Besonderes ist", sagte sein früherer Coach Michael Bur kürzlich zu "ESPN". "Immer, wenn es irgendein Event gab, gab es dort viel Druck. Überall warteten NBA-Scouts auf ihn, jeder redete über ihn, und er hat seinen Level immer steigern können. Er war sehr selbstbewusst, aber nicht arrogant."

Wembanyama wollte schon in die NBA, bevor er zum Teenie wurde. Und er arbeitete – gemeinsam mit seiner Familie – mit großem Eifer und einem Plan darauf hin. Sein Vater Felix, ein früherer Weitspringer, brachte ihm die richtige Lauftechnik bei. Seine Mutter Elodie, die selbst professionell Basketball spielte und danach lehrte, startete in diesem Bereich seine Ausbildung und achtete sehr gezielt darauf, ihm nicht bloß Center-Drills an die Hand zu geben.

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Wembanyama: Der (richtige) Schritt zurück

All seine Schritte bis zu diesem Zeitpunkt waren ausgewählt. Darunter auch die Entscheidung, im vergangenen Sommer vom EuroLeague-Klub ASVEL Basket zum kleineren Metropolitans 92 zu wechseln, wo er in der laufenden Spielzeit nicht international spielte. Dieser Schritt kam für einige überraschend, hat sich jedoch – wie die anderen zuvor – für ihn ausgezahlt.

Vincent Collet, der auch als französischer Nationaltrainer fungiert, gab ihm in Boulogne-Levallois die Freiheiten, die er wollte. Er war anders als zuvor bei ASVEL der Star und Fixpunkt des Teams und meisterte diese Rolle mit Bravour. Knapp 22 Punkte und über 10 Rebounds sowie 3 Blocks im Schnitt legt er auf (alles Bestwerte in Frankreich), verpasste kein Spiel und belegt mit seinem Team kurz vor den Playoffs den dritten Platz.

Gut möglich, dass er vor seinem Wechsel in die NBA noch einen MVP-Award in der heimischen Liga einsackt – während er die Grenzen seiner Fähigkeiten erst austestet. "Ich wurde wahrscheinlich mit diesem Willen geboren, die Dinge anders zu machen, auf meine Weise", sagte Wembanyama zu "ESPN". "Ich bin froh, dass ich diesen Willen behalten und mich nie in eine Schublade stecken lassen habe."

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San Antonio Spurs: Man kennt es bereits (ein bisschen)

Mit dem Schritt, sich zum Draft anzumelden, gaben Wembanyama und sein Team die Kontrolle erstmals ab. Anders geht es nicht, es war im wahrsten Sinne des Wortes eine Lotterie, wer das Recht erhalten würde, ihn zu draften. Vermutlich wird er mit den Spurs aber leben können – denn selbst dieser Schritt wirkt in gewisser Weise vorbestimmt.

San Antonio hat eine Vorgeschichte mit transformativen Big Men. David Robinson war der erste Pick 1987 und einer der ersten Center, die etliche Fähigkeiten eines Guards mitbrachten. Zehn Jahre später folgte Tim Duncan, der die Liga über fast zwei Jahrzehnte prägen und mit den Spurs fünf Meisterschaften gewinnen sollte.

Vier davon an der Seite der französischen Legende Tony Parker, der nebenbei auch Teampräsident und Besitzer von ASVEL ist, wo Wembanyama die Saison 2021/22 verbrachte. Die Spurs haben auch dank Parker eine Vorgeschichte mit internationalen, unkonventionellen Spielern, blickten früher (und erfolgreicher) über den großen Teich als die meisten anderen Teams.

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Gregg Popovich ist noch da

Sie haben noch immer den Head Coach, der Duncan, Parker und Manu Ginóbili zur erfolgreichsten Big Three der Liga-Geschichte formte. Bei Gregg Popovich wird zwar seit Jahren über ein baldiges Karriereende gemunkelt, vermutlich wird die Lottery ihn aber auch noch einmal anstacheln. Wie könnte er sich diese Möglichkeit entgehen lassen?

San Antonio hat vier Jahre ohne Playoff-Teilnahme hinter sich. In der vergangenen Saison holten die Spurs 22 Siege, die drittwenigsten in der Franchise-Historie. 88/89 gab es 21 Siege, dann kam Robinson (der schon zwei Jahre zuvor gedraftet wurde). 96/97 gab es nur 20, belohnt wurde das Team mit Duncan.

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An der Lottery nahmen die Spurs danach erst 2020 wieder Teil, weil sie in der Zwischenzeit immer die Playoffs erreichten. Diese 22 Playoff-Teilnahmen am Stück sind ein NBA-Rekord. Sie zeigen, wie selten man Tanking betreiben muss, wenn man einfach nur zum perfekten Zeitpunkt mit dem perfekten Spieler belohnt wird (und beim anschließenden Kaderbau viel richtig macht).

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Spurs zurück auf der Landkarte

Nun hat San Antonio wieder das große Los gezogen. Das Team hat bereits einige vielversprechende Spieler auf dem Flügel, allen voran Keldon Johnson, Devin Vassell und Jeremy Sochan. Vergleichsweise wenig Talent hatte dieses Team dennoch, weshalb keiner überrascht war, als während der Saison mal 16 Spiele am Stück verloren wurden. Es gab keine Erwartungen.

Diese Zeit ist jetzt vorbei. Mit Wembanyama kehrt San Antonio sofort zurück auf die NBA-Landkarte. Der erfolgreichste kleine Markt der Liga ist auf einen Schlag aufregender und stärker im Fokus als jemals zuvor. Mit Duncan wurden die Spurs in dessen zweiter Saison Meister – das zu toppen, ist wohl unmöglich (zumal Wembanyama keinen Robinson hat). Oder?

Es ist vielleicht gar nicht entscheidend. Die Spurs haben für den Moment erstmal wieder das, was jeder in der NBA haben möchte: Hoffnung. Jetzt liegt es an ihnen und allen voran Wembanyama selbst, was daraus wird.