Moderator und Experte im ran-Interview
Darts-WM 2025: Elmar Paulke glaubt an deutschen Weltmeister in der Zukunft
- Veröffentlicht: 10.01.2025
- 18:04 Uhr
- Christian Stüwe
Elmar Paulke ist die Stimme des Darts-Sports in Deutschland. Ob bei den Übertragungen der Weltmeisterschaft aus dem Londoner Ally Pally oder bei der "Promi-Darts-WM". Im Interview mit ran spricht Paulke über die Dominanz von Luke Littler, die WM-Bilanz der deutschen Spieler und die Zukunft der Darts-WM.
Das Interview führte Christian Stüwe
ran: Elmar Paulke, nach dem Finale der Darts-WM spricht die ganze Welt über den neuen Weltmeister Luke Littler. Kann er den Sport auf ein ganz neues Level bringen?
Elmar Paulke: Das hat er schon getan! Das, was wir jetzt in Deutschland erleben, hat England schon vor einem Jahr erlebt. Luke Littler hat Darts auf ein neues Niveau gebracht, nicht nur was Werbedeals betrifft. Große Firmen wie beispielsweise Microsoft kommen auf ihn zu, er ist in wirklich allen großen Shows dabei. Er ist ein echter Celebrity geworden, wie man in England so schön sagt. Das ist ein Niveau, das wir in Deutschland noch nicht haben. Deshalb ist Luke Littler wirklich einer, der Darts in eine neue Liga transportiert hat. Der Kerl verändert tatsächlich die Darts-Welt.
ran: Im Halbfinale gegen Stephen Bunting und im Finale gegen Michael van Gerwen hat Littler so stark gespielt, dass vor allem in den sozialen Medien schon Sorgen geäußert wurden, dass Langeweile drohen könnte, weil Littler unschlagbar ist. Sehen Sie diese Gefahr auch?
Paulke: Nein, das glaube ich nicht. Luke Littler wird sicherlich viele Turniere gewinnen. Aber die Weltklasse ist sehr dicht beisammen. Das Finale gegen Michael van Gerwen sieht am Ende vom Ergebnis her eindeutig aus. Aber ich denke, wenn die ersten zwei Legs ein wenig anders gelaufen wären, hätte es auch anders ausgehen können. Das sind diese kleinen Situationen, von denen man rückblickend weiß, dass sie ganz entscheidend waren. Hätte van Gerwen nicht die ersten sechs Darts auf Doppel ausgelassen und wäre in Führung gegangen, wäre das Match vielleicht ganz anders verlaufen. Was ich damit sagen will: Luke Littler ist nicht so weit weg von der restlichen Darts-Welt, wie das vielleicht einige Fans vermuten. Die sind so dicht beisammen, dass wir uns keine Sorgen machen müssen, dass das jetzt ein Alleingang von Luke Littler wird.
Das Wichtigste in Kürze
ran: Wer sind aus Ihrer Sicht die Spieler, die Littler schlagen können?
Paulke: Das sind letztlich die Spieler, die in der Premier League dabei sind. Zum Beispiel Luke Humphries, der ihn ja auch in wichtigen Partien im letzten Jahr - unter anderem im WM-Finale - geschlagen hat. Oder eben van Gerwen. Ich finde, dass MvG eine ganz tolle WM gespielt hat, weil er irgendwie aus der Spur war und sich wahnsinnig gut reingekämpft hat. Ich glaube auch, dass Gerwyn Price einer ist, der ihn schlagen kann, wenn er sein Spiel wieder zusammen bekommt – und davon gehe ich aus. Auch Stephen Bunting, wenn er ein richtig gutes Match spielt. Oder Joe Cullen. Alle die alten Bekannten, die vorne in der Weltrangliste stehen und in der Lage sind, ein Average von 105 bis 110 zu spielen, können Luke Littler schlagen.
ran: Aus deutscher Sicht verlief die WM etwas enttäuschend. Wie fällt Ihr Fazit aus?
Paulke: Ich finde nicht, dass es eine Enttäuschung war, wenn man das Endergebnis sieht. Wir hatten sechs deutsche Spieler bei der WM, einer davon stand im Achtelfinale. Ricardo "Pikachu" Pietreczko war überhaupt erst der zweite deutsche Spieler, der das geschafft hat. Ich glaube, wir hatten uns alle ein bisschen mehr von Martin Schindler erhofft. Er ist in einem ganz verrückten Auftaktmatch gegen Callan Rydz ausgeschieden. Erst verpasst er knapp den Neundarter, dann verwirft er sich und trifft nicht die Doppel-Sechs sondern die 13 und verliert das Leg und den Satz.
Ich habe auch nach dem Match nochmal mit Florian Hempel darüber gesprochen, wie unfassbar das war, dass er das Match verliert, wie brutal das gelaufen ist. Wenn er das überstanden hätte, hätte er vielleicht eine gute WM gespielt. Bei ihm hätten wir gedacht, dass es vielleicht in Richtung Achtelfinale gehen könnte. Aber dass ein gesetzter Spieler gleich am Anfang ausscheidet, passiert schon mal. Das ist 13 anderen auch passiert. Ähnlich war es auch bei Gabriel Clemens, der einfach wahnsinnig viel Druck hatte, weil er so viel Preisgeld zu verteidigen hatte. Das sind die beiden, von denen man vielleicht mehr erwartet hätte.
Auf der anderen Seite hatten wir mit Pikachu einen Achtelfinalisten und zwei richtig gute WM-Debütanten. Chris Dobey hat im Nachgang gesagt, dass er bei den deutschen Spielern nicht nur Martin Schindler im Auge hat, sondern auch Niko Springer. Niko ist allen aufgefallen. Alle haben gesehen, wie gut er ist. Insgesamt war es vielleicht nicht der deutsche Auftritt mit den großen positiven Überraschungen. Aber es war schon in Ordnung.
Ich glaube wirklich daran, dass wir in den nächsten sechs, sieben Jahren Spieler in den Top 10 und einen Weltmeister haben werden.
, Elmar Paulke
ran: Vielleicht entsteht dieser Eindruck auch, weil Gabriel Clemens mit seinem Halbfinal-Einzug vor zwei Jahren die Messlatte sehr hoch gelegt hat?
Paulke: Ja. Bei Leuten, die die Tour nicht so intensiv verfolgen, ist das nachvollziehbar. Wer aber die Tour kennt, weiß, dass du gegen Callan Rydz verlieren kannst. Rydz hat später im Viertelfinale gegen van Gerwen ein Riesenmatch gespielt. So ist das im Tour-Alltag. Es sollte halt nur idealerweise nicht bei der WM passieren, wie es Martin Schindler passiert ist.
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Darts WM 2025 - Saudi-Arabien statt Ally Pally? Paulke: "Entsetzen war natürlich groß!"
ran: Aber sehen Sie das Potenzial, dass es wieder ein deutscher Spieler ins Halbfinale schafft?
Paulke: Absolut! Ich glaube wirklich daran, dass wir in den nächsten sechs, sieben Jahren Spieler in den Top 10 und einen Weltmeister haben werden. Die Entwicklung ist so gut, es kommen so viele junge Spieler nach. Und ich glaube auch, dass Martin Schindler oder auch Pikachu das Potenzial haben für Top 16, vielleicht sogar für Top 10. Daran glaube ich fest!
ran: Haben Sie einen Namen im Kopf, wenn Sie von einem möglichen deutschen Weltmeister sprechen?
Paulke: Ich könnte mir vorstellen, dass das ein Spieler sein wird, der jetzt noch im Nachwuchsbereich spielt. Der vielleicht 15 oder 16 Jahre alt ist. Aber vielleicht ist es auch Niko Springer. Wir werden sehen, was er spielt, wenn er jetzt zum ersten Mal so richtig auf der Tour unterwegs ist. Aber es müssen nicht Martin Schindler, Gabriel Clemens oder Ricardo Pietreczko sein. Es kann wirklich sein, dass das ein Spieler ist, der erst später dazukommt.
Man muss sich nur mal die Entwicklung in den Niederlanden anschauen. Raymond van Barneveld hat 1998 zum ersten Mal die WM gewonnen und wurde von 20.000 Fans am Flughafen empfangen. Damit begann der Darts-Boom in den Niederlanden. Und dann dauert es bis 2014, bis Michael van Gerwen seine erste WM gewinnt.
Das erste wirklich hoffnungsvolle deutsche Talent war Max Hopp vor etwas mehr als zehn Jahren. Wenn man da 15 Jahre draufrechnet, wären wir in etwa bei der WM 2029. Dann sind wir in diesem Bereich, die eine solche Entwicklung braucht. Es muss eine Turnierstruktur entstehen, dann kriegen junge Talente richtig Bock darauf und fangen an, Turniere zu spielen. Das dauert einfach zehn bis 15 Jahre. Es werden viele gute Spieler hochkommen und wir werden in den nächsten Jahren auch deutlich mehr deutsche WM-Teilnehmer haben als die sechs Teilnehmer bei dieser WM, was für uns ja schon ein Rekord war.
Darts-Star Littler verblüfft mit krassen Fußball-Skills!
ran: Die Darts-WM soll wachsen und größer werden, weshalb der Ally Pally als Austragungsort zur Diskussion steht. Sogar über Saudi-Arabien als möglicher Austragungsort wurde gesprochen. Was glauben Sie, wie es weitergeht?
Paulke: Ich glaube, dass Saudi-Arabien kein Thema ist. Ich habe das Gefühl, das dieses Gerücht gestreut wurde, um einfach mal zu schauen, wie die Reaktion ist. Und das Entsetzen war natürlich groß. In Saudi-Arabien könnte es gar nicht dieses Darts-Event sein, wie wir uns das vorstellen. Mit einer Transfrau als Spielerin, mit einem homosexuellen Caller, aber auch mit der Party der Fans mit Alkohol. Das ist gar nicht denkbar. Saudi-Arabien wurde auch nie von der PDC, sondern nur von Barry Hearn genannt, der ja eigentlich raus ist aus dem laufenden Geschäft. Wir haben uns alle schon gefragt, was für eine Taktik da dahinter steckt. Ist Barry Hearn der, der einfach mal Sachen raushaut und die anderen können dann darauf reagieren? Oder ist Barry Hearn der, der seinen Sohn Eddie und Matt Porter ein bisschen anstacheln will, neue Wege zu gehen? Wir wissen es nicht. Aber so eine Taktik scheint dahinter zu stecken. Ich bin gespannt, wie es weitergeht.
Ich kann mir jedenfalls nicht vorstellen, dass man den Ally Pally einfach so verlässt. Die PDC weiß um die Faszination des Alexandra Palace. Es müsste massive finanzielle Gründe geben, um woanders hinzugehen. Und es müsste eine wirklich tolle Alternative geben. Der Ally Pally war schon wenige Jahre nach der ersten Austragung legendär und hat als Veranstaltungsort so ein hohes Standing. Da darf man eigentlich nicht rausgehen. Die PDC steckt momentan in Verhandlungen mit dem Ally Pally. Vielleicht sagt man auch, dass man sich vorstellen könnte, woanders hinzugehen, um die Preise zu verhandeln.
ran: Ein großer Teil der Zuschauerinnen und Zuschauer im Ally Pally kommt Jahr für Jahr aus Deutschland. Wäre es denkbar, dass ein wirklich großes Turnier in Deutschland stattfindet?
Paulke: Es finden ja bereits viele große Turniere in Deutschland statt. Wir haben Premier-League-Abende in Deutschland, wir haben viele European-Tour-Turniere. Es sind noch keine klassischen Major Turniere, wobei der World Cup of Darts auch in Deutschland stattfindet als Team-WM. Das ist ein wirklich ein großes Ding. Der deutsche Markt spielt für die PDC eine ganz wichtige Rolle. Eigentlich werden nur in England mehr Turniere ausgetragen als in Deutschland, wir sind auf Platz zwei noch vor den Niederlanden. Man darf auch die European Darts Championships nicht vergessen. Da hatten wir schon über 30.000 Zuschauerinnen und Zuschauer in der Dortmunder Westfalenhalle. Das sind ganz große Turniere, da ist Deutschland verdammt gut aufgestellt. Aber so weit, dass die WM in Deutschland ausgetragen wird, ist es noch nicht.
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ran: Während der DAZN-Übertragung des Finales hat Ihr Experte Florian Hempel dazu aufgerufen, Ihnen auf Instagram zu folgen, da nur noch wenige Follower zur 100.000 fehlten. Innerhalb weniger Minuten haben Sie dann rund 3.000 neue Follower gehabt. Wie erleben Sie persönlich den Hype um Darts?
Paulke: Das ist doch Wahnsinn. Ich bin ja schon lange dabei und das ist eine Entwicklung, die seit vielen Jahren Bestand hat, aber gerade im Moment massiv ist. Das sind solche Kleinigkeiten, an denen man das festmachen kann. Es waren innerhalb von 30 Sekunden ein paar tausend Follower mehr da. Das ist wirklich toll. Weil ich zu einer Zeit mit Darts begonnen habe, als viele noch darüber geschmunzelt haben. Viele haben das nicht ernst genommen und das Potenzial auch nicht erkannt. Sie haben nicht gesehen, was das für coole Veranstaltungen und was das für gute Typen sind. Und was für ein guter, interessanter und mentaler Sport Darts ist. Es ist schön, dass das jetzt immer mehr Menschen erkennen.
Mittlerweile kommt Darts in den "Tagesthemen" und im "heute journal" vor. Und dazu die tollen Quoten, die Sport1 erzielt hat und auch die "Promi-Darts-WM" auf ProAcht (lacht). Ich glaube wirklich, dass wir den Peak noch längst nicht erreicht haben. Was war los, als Gaga im Halbfinale war? Da sind alle durchgedreht. Was wäre wohl erst los, wenn wir einen deutschen Weltmeister hätten? Darauf bin ich sehr gespannt.