1. Spieltag steht in den Startlöchern
Tradition, Fans, Qualität: Wie die 3. Liga zum Premium-Produkt wurde
- Aktualisiert: 31.07.2024
- 21:41 Uhr
- Kai Esser
Am Wochenende startet die 3. Liga in die Saison 2024/25. Die ehemalige "Insolvenz-Liga" ist zu einem waschechten Premium-Produkt geworden - auch dank traditionsreicher und fanstarker Neuzugänge.
Von Kai Esser
Es ist noch gar nicht so lange her, da galt die 3. Liga als Höchststrafe. Ein Abstieg aus der 2. Liga (das Eröffnungsspiel zwischen dem 1. FC Köln und dem Hamburger SV am Freitag ab 19:50 Uhr in Sat.1 und im Stream) war für viele Vereine beinahe schon gleichzusetzen mit einem Existenzverlust, dem Konkurs.
In der Saison 2024/25 jedoch ist die 3. Liga eine waschechte Attraktion geworden. Nicht nur strotzt das Teilnehmerfeld vor Tradition, die Liga ist statt einer Strafe eine mit einem eigenen Charme und eigenem sportlichen Reiz geworden.
Beim Blick auf die Vereine, die in der kommenden Saison in der 3. Liga an den Start gehen, könnte so manchem Nostalgiker das Herz aufgehen.
3. Liga: Historische Duelle gleich zum Start
Alleine das Eröffnungsspiel zwischen dem TSV 1860 München und dem 1. FC Saarbrücken klingt, als hätte es auch an einem Montagabend in der 2. Liga stattfinden können.
Oder auch, wenn man noch weiter in der Geschichte zurückgeht, an einem Spieltag der ersten Bundesliga-Saison 1963/64. Sechzig und der FCS sind Gründungsmitglieder der Bundesliga, wie wir sie heute kennen.
Das Wichtigste in Kürze
Einen Tag später kommt es an der legendären Hafenstraße in Essen zum Duell zwischen Rot-Weiss Essen und Alemannia Aachen. Nicht nur die Neuauflage eines alten Klassikers der Oberliga West, sondern die des DFB-Pokalfinals 1953.
Freilich, es ist zumeist die Vergangenheit, von der diese Klubs zehren. Aber wenn man mehr richtig als falsch macht, dann spielt man mit so einer Historie nicht "nur" in der 3. Liga.
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3. Liga: Dauerkarten-Rekorde bei vielen Klubs
Auch bei den Fans und Zuschauern boomt die dritthöchste deutsche Spielklasse. Bei Dynamo Dresden etwa haben sich satte 15.000 Fans für eine Dauerkarte entschieden. Das ist nicht nur Rekord für Dynamo, sondern auch mehr als die Hälfte des gesamten Heimbereiches.
Alemannia Aachen liegt sogar mit 15.352 Jahreskarten noch davor. Überhaupt ist die Euphorie beim Aufsteiger, der seine Mitgliederzahl in diesem Jahr von knapp 5.000 auf mehr als 10.000 verdoppeln konnte, riesig. "Das ist wirklich unglaublich", heißt es aus der Kaiserstadt.
Insgesamt haben neben Dynamo und Alemannia mit Hansa Rostock, 1860 München, Arminia Bielefeld und RW Essen sechs Drittligisten mehr als 10.000 Dauerkarten verkauft, der VfL Osnabrück hat mit 9.000 ebenfalls sein ganzes Kontingent ausgeschöpft.
Zum Vergleich: In der Debütsaison der 3. Liga hatten nur drei Teams am Ende einen Zuschauerschnitt jenseits der 10.000. Dieser Wert ist also vor Saisonstart bereits mindestens verdoppelt worden.
3. Liga: Hohes Niveau - und doch ausgeglichen
Die 3. Liga kann jedoch mehr, als nur von der Vergangenheit zehren. "Es klingt wie eine Floskel, aber in der 3. Liga ist es wirklich so: Jeder kann jeden schlagen", erzählte Terrence Boyd im Podcast "Copa TS".
Der ehemalige US-amerikanische Nationalspieler geht für Waldhof Mannheim auf Torejagd, vorher war er für den Halleschen FC und den 1. FC Kaiserslautern aktiv. Wenn einer also weiß, wie die 3. Liga funktioniert, dann er.
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Diese Ausgeglichenheit findet auch noch auf einem hohen Niveau statt. Der 1. FC Saarbrücken spielte sich bei seinen letzten beiden Teilnahmen jeweils ins Halbfinale des DFB-Pokals. Unter anderem der FC Bayern München dürfte schlechte Erinnerungen an den Ludwigspark haben.
Dass in den vergangenen beiden Saisons satte drei Aufsteiger aus der Regionalliga durchmarschiert sind, ist nur ein weiterer Beweis dafür, wie eng es ist. Und auch, wie viel mit Willens- und Laufstärke ausgemacht werden kann. Die 3. Liga ist vor allem eine Liga der Arbeiter, ohne das Fußballerische völlig zu vernachlässigen.
3. Liga: Wehrmutstropfen Zweitvertretungen
Doch auch in der so spannenden 3. Liga ist nicht alles toll. Mit dem VfB Stuttgart, Borussia Dortmund und Hannover 96 finden sich gleich drei Zweitvertretungen von Erst-, beziehungsweise Zweitligisten wieder.
Das Thema kocht immer wieder auf - und offenbart zwei klare Standpunkte. Die Fans der anderen Teams riechen Wettbewerbsverzerrung, wenn eine Mannschaft gegen eine von Profis verstärkte U23 spielen muss, während eine Woche später ein Gegner gegen eine Mannschaft ohne ihre besten Spieler antritt, weil diese "oben" gebraucht werden.
Zudem ziehen sie den Zuschauerschnitt der Liga runter, die Gästeblöcke der Profiklubs bleiben zumeist leer. Auf der anderen Seite stehen die Vereine sowie der DFB, die das als perfekte Möglichkeit sehen, junge Talente an den Männerfußball heranzuführen - eben weil die 3. Liga so stark und so nah an der 2. Liga ist.
Fakt ist nur, dass eine Reform der aktuellen Regelung nicht in Sicht ist. Dennoch ist das nur ein kleiner Wehrmutstropfen einer Liga, die in Deutschland ihresgleichen sucht.
Denn vor allem diese Ausgeglichenheit, diese Abwechslung, können die ersten beiden Ligen nur selten bieten.