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Simon Rolfes zu Aussagen von Hoeneß und Eberl: "Hat uns ehrlicherweise gar nicht interessiert"
- Veröffentlicht: 09.01.2025
- 21:21 Uhr
- Martin Volkmar
Vor dem Bundesliga-Restart bei Borussia Dortmund (Freitag ab 19.50 Uhr live in Sat.1 und im Livestream auf Joyn und ran) äußert sich Bayer Leverkusens Sportchef Simon Rolfes im Gespräch mit ran über die Aussichten im Titelduell mit Bayern München, die Gründe für den Turnaround, die Bedeutung von Xabi Alonso und Florian Wirtz sowie die Gerüchte um ihre Zukunft.
Der Ball rollt wieder!
Und der Wiederbeginn hat es mit dem Topspiel zwischen Borussia Dortmund und Bayer Leverkusen gleich in sich (ab 19.50 Uhr live in Sat.1 und im Livestream auf Joyn und ran).
Vorher sprach Leverkusens Geschäftsführer und Ex-Bayer-Kapitän Simon Rolfes im ausführlichen Interview unter anderem über das Ende von "Vizekusen", die holprige Anfangsphase und die Wende mit zuletzt acht Pflichtspielsiegen in Folge, die jüngsten Aussagen von Uli Hoeneß und Max Eberl sowie die Herausforderung regelmäßiger Abgänge.
Das Wichtigste in Kürze
Simon Rolfes: "Stolz darauf, dass wir Spirit und Hunger wiedergefunden haben"
ran: 2024 war das erfolgreichste Jahr in der Vereinsgeschichte. Manche Skeptiker sagen, jetzt kann es eigentlich nur noch abwärts gehen. Wie gehen Sie ins neue Jahr?
Simon Rolfes: Zum einen ist 2024 natürlich ein Jahr gewesen, auf das wir alle stolz zurückblicken, weil es ein außergewöhnlicher Erfolg war und gerade auch mit der Meisterschaft natürlich das Sehnsuchtsziel des Vereins erreicht wurde. Also der Stolz bleibt und wächst mit ein bisschen mehr Abstand vielleicht sogar. Aber ich bin auch stolz darauf, dass wir zum Ende der Hinrunde diesen Spirit und Hunger wiedergefunden haben, alles für den Erfolg zu geben. Das ist auch ein großer Ansporn für 2025 und wo das dann enden wird, weiß man vorher nie. Aber wir als Verein blicken jetzt nach vorne, wollen uns weiterentwickeln und verbessern. Das spüre ich bei der Mannschaft und das ist ein schönes und sehr motivierendes Gefühl.
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ran: Sie sind vor 20 Jahren als Spieler nach Leverkusen gekommen und haben deutlich schlechtere Phasen erlebt, vom Verpassen des Europacups bis zur bitteren Niederlage im DFB-Pokalfinale 2009, wo es danach sehr massive Kritik am fehlenden Siegergen des Klubs gab. Haben Sie sich diesen Turnaround vorstellen können zu einem Erfolgsklub, der mittlerweile vielen als Vorbild gilt?
Rolfes: Ja, das habe ich mir vorstellen können. Ich bin ehrlich: Dass ich hier in zehn Jahren als Spieler keinen Titel gewonnen habe, das hat mich schon gewurmt und da habe ich immer gedacht, das kann es in deiner Karriere im Fußball auf und neben dem Platz nicht gewesen sein. Daher war es mein Antrieb, dann in einer anderen Funktion die Voraussetzungen für einen Erfolg wie im Vorjahr zu schaffen.
ran: Glauben Sie, dass das Ende der titellosen Zeit im gesamten Verein, beim Umfeld und den langjährigen Fans emotional eine Bremse gelöst hat, weil das Stigma von "Vizekusen" bis zum Sommer irgendwo in den Kleidern gesteckt hat?
Rolfes: Ja, absolut – diese Bremse ist gelöst. Was wir noch immer spüren, ist, dass wir diesen "Point of no Return" in der vergangenen Saison gemeistert haben. Als wir gewinnen mussten, haben wir gewonnen und sind nicht an der Herausforderung gescheitert. Jeder Verein hat seine Historie und wenn die bezüglich der Meisterschaft eher schwierig besetzt ist, kann es große Energie und auch Selbstvertrauen freisetzen, so ein Trauma zu durchbrechen. Das spürt man in dieser Spielzeit, auch im Stadion. Das Double hat viele Kräfte freigesetzt.
Simon Rolfes: Erfolg im Mannschaftssport hängt nie von einer Person ab
ran: Nicht nur für den "kicker" war Xabi Alonso als Baumeister des Triumphs die Persönlichkeit des Jahres. Wie schwer ist die Aufgabe, den Erfolgskurs von dieser "Lichtgestalt" möglichst unabhängig zu machen, um für den Tag X gerüstet zu sein, wenn er den Verein verlässt – wann auch immer das sein wird?
Rolfes: Zum einen hängt der Erfolg im Mannschaftssport nie von einer Person ab, egal, wer es ist. Und trotzdem sind natürlich herausragende Trainer oder Spieler ein wichtiges Puzzlestück des Erfolgs. Deswegen redet man ja auch von Unterschiedsspielern – aber auch die brauchen das Team auf und neben dem Platz. Seit ich 2018 bei Bayer 04 die Verantwortung für die Transfers übernommen habe, haben wir immer wieder extrem wichtige Spieler abgeben müssen wie Kai Havertz oder nicht zu vergessen vor der Double-Saison Moussa Diaby als unseren damals besten Angreifer. Daher war es immer unsere Aufgabe, Spieler zu verpflichten, die internationales Toplevel erreichen können. Das ist uns in den vergangenen Jahren gelungen. Wir haben hier ein Fundament geschaffen und sind gut aufgestellt, auch Abgänge zu kompensieren. Das wird immer der Weg von Bayer 04 sein. Und natürlich galt und gilt das genauso für die Trainerposition.
ran: Einer der wichtigsten Zugänge vor der vergangenen Spielzeit war sicher Granit Xhaka. Der hat jetzt erklärt, er wolle zum jetzigen Zeitpunkt nicht über mögliche Titel reden, weil dieses Schritt-für-Schritt-Denken das Erfolgsrezept im letzten Jahr gewesen sei. Welche Ziele geben Sie als sportlich Verantwortlicher für die Rückrunde aus?
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Rolfes: Granit meint diese uneingeschränkte Fokussierung auf den nächsten Schritt. Die Mannschaft hat eine unbändige Energie und den Willen, den jeweiligen Moment erfolgreich zu gestalten. Und ich glaube, dass das auch viele Zuschauer fasziniert hat: Dieser Ehrgeiz, jedes Spiel gewinnen statt den Erfolg verwalten zu wollen. Aus diesem Grund ist ja auch jeder Spieler Profi geworden: Weil er als Kind die Liebe zum Fußball und die Freude am Spiel und am Gewinnen entdeckt hat. Wenn wir diesen Siegeswillen weiter zeigen, werden wir sehr viele Spiele gewinnen, sehr viele Punkte holen und auch in schwierigen Momenten erfolgreich sein.
ran: Trotz oder gerade wegen des Erfolgs im Vorjahr ist die Mannschaft etwas schwer in die neue Saison gekommen, war vor allem defensiv anfälliger als gewohnt. Ist der Turnaround nach dem 1:1 gegen Bochum mit danach acht Pflichtspielsiegen in Folge umso positiver zu bewerten?
Rolfes: Ja. Natürlich war uns diese Herausforderung durchaus bewusst und in gewisser Weise ist es nach so einem Jahr sowie der anschließenden EM und Copa America für die meisten Stammspieler auch menschlich, dass hier und da ein paar Prozent fehlen. Wobei nicht viel gefehlt hat. Aber die Summe der kleinen Teile war dann insgesamt zu viel, so dass wir uns einfach ein paar Unentschieden auch dämlich eingefangen haben. Und nach dem Spiel in Bochum ist das Fass übergelaufen und der Frust war extrem. Das hat uns geärgert und andererseits total motiviert. Wir haben alle hart gearbeitet und diesen Spirit wiedergefunden und diese Vorfreude auf die jeweils nächste Aufgabe entwickelt. Das freut mich natürlich sehr.
Simon Rolfes: "Unsere Ambition war die Rückkehr zur eigenen Stärke"
ran: Sie konnten den Rückstand auf Tabellenführer FC Bayern auf vier Punkte reduzieren. Trotzdem hat Max Eberl jetzt gesagt, die Bayern seien der Verfolger von Leverkusen, weil Sie ja der amtierende Meister sind. Mussten Sie bei dieser Aussage schmunzeln?
Rolfes: Bayern München wird aufgrund des Etats im Vergleich zur Konkurrenz immer die Favoritenrolle einnehmen müssen. Ob Max Eberl das will oder nicht. Es gab ja aus München in den vergangenen Wochen verschiedene Aussagen zur Tabellensituation, auch von Uli Hoeneß. Das hat uns ehrlicherweise gar nicht interessiert. Sondern unsere Ambition war die Rückkehr zur eigenen Stärke. Damit wollen wir die Liga spannend machen und in allen Wettbewerben erfolgreich sein. Und wer was wie angeblich schon sicher hat oder nicht, ist mir ziemlich egal.
ran: Hätten Sie nach der Siegesserie zuletzt gerne auf die Winterpause verzichtet oder sehen Sie Bayer 04 nach der kurzen Vorbereitung gerüstet für den Restart am Freitag in Dortmund?
Rolfes: Es war gut, ein bisschen durchzuatmen und es war ja eine wirklich überschaubare Pause, die allen gutgetan hat. Sorgen hatte ich da keine, denn wir haben eine gute Mannschaft. Der Spirit und die Mentalität, die uns vor dem Jahreswechsel ausgezeichnet hat, war auch in den ersten Trainingseinheiten sofort wieder spürbar. Daher bin ich optimistisch, dass wir an unsere jüngsten Leistungen aus dem Vorjahr anknüpfen können.
ran: Auf dem Papier fahren Sie als Favorit zum BVB. Wie schwer wird die Herausforderung?
Rolfes: Ich habe mich auf die Spiele gegen Dortmund schon als Spieler immer gefreut. Und ich denke, auch für die Fans ist so ein Flutlichtspiel am Freitagabend im ausverkauften Stadion zum Wiederbeginn der Bundesliga eine tolle Sache. Dortmund ist gerade zu Hause immer eine starke Mannschaft mit hervorragenden Einzelspielern, auch wenn sie aktuell tabellarisch ein bisschen weiter hinter uns stehen. Aber auch wir sind stark und mit diesem Ehrgeiz und Selbstverständnis, zu gewinnen, fahren wir dahin.
Simon Rolfes: "Fände es viel schlimmer, wenn es keine Gerüchte gibt"
ran: Florian Wirtz ist gerade vom "kicker" in die Weltklasse erhoben worden, noch vor Jamal Musiala. Hat er aus Ihrer Sicht diese Saison nochmal einen Schritt nach vorne gemacht?
Rolfes: Die Technik und die Qualität hat Florian schon vor zwei Jahren gehabt. Aber er wird natürlich erfahrener, macht mehr große Spiele in der Champions League und vorher bei der Europameisterschaft im eigenen Land. Da hat er viele neue Sachen kennengelernt und ist auch als Persönlichkeit gereift. Er hat bei uns ein Umfeld und alle Möglichkeiten, um sich als Spieler und Mensch weiterzuentwickeln und noch besser zu werden.
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ran: Sie haben im Vorgespräch gesagt, dass Sie keine Wasserstandsmeldungen mehr zu Vertragsfragen geben wollen, auch bei Wirtz und Alonso. Aber das Thema wird ja bleiben. Wie wollen Sie bis zum Sommer damit umgehen, dass es vor allem bei den beiden immer wieder Nachfragen und beinahe tägliche neue Gerüchte geben wird?
Rolfes: Gerüchte gehören in diesem Geschäft dazu und ich fände es viel schlimmer, wenn es keine Gerüchte gibt, denn dann wären unsere Spieler oder der Trainer nicht interessant und wir wären nicht erfolgreich. Nur geht es bei diesen Gerüchten eigentlich immer um die Zukunft, aber entscheidend für den Erfolg ist die jetzige Saison. Mit dem Kader, den wir im Moment haben, wollen wir das Maximum herausholen. Darüber hinaus wird es bei uns sicher immer wieder Änderungen in der Mannschaft geben. Die Kaderplanung gehört zu unserem Job, genauso wie die Gerüchte dazugehören. Aber die Fokussierung auf das hier und jetzt kommt mir dabei manchmal etwas zu kurz.
ran: Zum hier und jetzt: Sie hatten die Hoffnung, dass möglichst alle verletzten Spieler wieder zurückkommen. Jetzt sind Xhaka und Boniface angeschlagen, zudem hat sich Belocian schwer verletzt. Wie bewerten Sie die Situation, auch mit Blick auf mögliche Wintertransfers?
Rolfes: Bei Granit müssen wir abwarten, er könnte noch für Dortmund fit werden. Bei Boni gab es eine kleine Verzögerung beim Heilungsverlauf, aber er ist wieder auf dem Weg. Das gilt auch für Amine Adli, auch wenn es da sicher noch ein wenig dauern wird. Bitter ist wirklich die Verletzung von Jeanuel Belocian, der nach seinem Kreuzbandriss bis Saisonende ausfällt. Aber dass alle Spieler fit waren, hatten wir auch in der Hinrunde nicht. Deswegen werden wir uns gut überlegen, welche Möglichkeiten es gibt und ob es sinnvoll ist, noch etwas zu machen. Das ist offen. Denn wir haben nach wie vor einen Kader mit viel Qualität und auch viel Flexibilität.