Bundesliga
Skandalspiel bei Union Berlin: VfL Bochum siegt am Grünen Tisch - Union legt Berufung ein
- Aktualisiert: 09.01.2025
- 22:13 Uhr
- SID
Das Sportgericht des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) hat am Donnerstag den Feuerzeugwurf von Berlin verhandelt und ein Urteil gefällt.
Lachende Gesichter, freudiges Händeschütteln: Die Stimmung der Bochumer Delegation war sichtlich gelöst, nachdem der VfL im Raum "Golden Goal" den Sieg am Grünen Tisch errungen hatte.
"Wir sind natürlich erleichtert", kommentierte Geschäftsführer Ilja Kaenzig den Erfolg vor dem Sportgericht des Deutschen Fußball-Bundes (DFB). Das "Skandalspiel von Köpenick" wird mit 2:0 für das Bundesliga-Schlusslicht gewertet. Das letzte juristische Wort ist aber noch nicht gesprochen.
Das Sportgericht sah es nach der mündlichen Verhandlung am Donnerstag in Frankfurt/Main als erwiesen an, dass Bochum im Duell bei Union Berlin (1:1) irregulär geschwächt wurde.
Gegen das Urteil wird Union aber Berufung einlegen. Das kündigte der Klub am Donnerstagabend an.
Das Wichtigste in Kürze
"Der eigentliche unsportliche Skandal hat nach dem Ereignis auf dem Rasen und heute vor Gericht stattgefunden", sagte Union-Präsident Dirk Zingler. Man werde alle dem Klub zur Verfügung stehenden rechtlichen Mittel ausschöpfen und gegen das Urteil vorgehen, sagte er: "Dieses Urteil schadet dem Fußball enorm, wird das nicht zu akzeptierende Werfen von Gegenständen aber nicht verhindern. Vielmehr setzen wir uns der Gefahr aus, dass in Zukunft nicht die sportlichen Leistungen der Mannschaften entscheiden, wie ein Spiel ausgeht, sondern mögliche Schmähungen, Beleidigungen, Rauch oder eben der Wurf eines Gegenstandes."
Ob für eine Seite eine Beeinträchtigung oder Schwächung vorliege, ob das Spiel abgebrochen oder fortgesetzt werde, müsse immer in der alleinigen Entscheidung des Unparteiischen liegen, so Zingler weiter: "Wenn die nutznießende Partei ihre Schwächung selber erklären kann, brauchen wir keine unparteiischen Schiedsrichter mehr und dem Betrug bzw. einem Schmierentheater ist Tür und Tor geöffnet. Die benachteiligten Parteien werden nie in der Lage sein, das Gegenteil zu beweisen."
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"Entscheidungen am Grünen Tisch sind immer das allerletzte Mittel. Die Umstände ließen uns aber kaum andere Möglichkeiten", begründete der Sportgerichtsvorsitzende Stephan Oberholz seine Entscheidung: "Wir konnten keine Aspekte eines Komplotts oder eines Schmierentheaters erkennen."
Bochum hatte Einspruch gegen die Wertung des 1:1 im Kellerduell bei Union Berlin am 14. Dezember eingelegt und forderte drei Punkte. "Wir sind der Meinung, dass das Spiel hätte abgebrochen werden müssen", sagte VfL-Geschäftsführer Ilja Kaenzig.
"Nach der Beweisaufnahme lässt der Sachverhalt nur eine Entscheidung zu - dass der VfL Bochum die Punkte zugesprochen bekommt", betonte Bochums Anwalt Joachim Rain bei seinem Plädoyer. Die Union-Seite widersprach und forderte die Beibehaltung des Resultats - ohne Erfolg.
VfL Bochum hat nur unter Protest weitergespielt
Torhüter Patrick Drewes war kurz vor dem Abpfiff von einem Feuerzeug aus dem Union-Block am Kopf getroffen worden. Der 31-Jährige konnte nicht weiterspielen, musste nach eigenen Angaben mit Schwindel und Übelkeit ins Krankenhaus. Die Partie wurde nach rund 30 Minuten Unterbrechung ohne Drewes fortgesetzt, das Ergebnis mit einem "Nichtangriffspakt" ins Ziel gebracht. Laut Kaenzig habe Bochum aber "nur unter Protest" weitergespielt.
Die Bochumer sind durch den nachträglich zugeschriebenen Sieg mit Holstein Kiel gleichgezogen und haben vor dem Restart am Samstag beim FSV Mainz 05 mit acht Punkten nur noch zwei Zähler Rückstand auf den Relegationsplatz - und damit eine deutliche bessere Ausgangslage im Kampf um den Klassenerhalt. Union hat vor der Partie beim 1. FC Heidenheim lediglich noch 16 Punkte auf dem Konto.
Drewes wurde aus Fankreisen vorgeworfen, eine Schauspieleinlage mit Teamkollege Felix Passlack abgesprochen zu haben. Das wies der Keeper im Zeugenstand zurück. "Das war schon ein Treffer, den ich wahrgenommen habe. Danach wurde es diffus für mich und ich habe nicht alles wahrgenommen, Schwindelgefühle haben eingesetzt", sagte Drewes. Was Passlack zu ihm gesagt hat, habe er "nicht realisiert".
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VfL Bochum: Teamarzt konnte ein Schädelhirntrauma nicht ausschließen
VfL-Teamarzt Mark Sandfort sagte aus, dass es auf dem Platz "gedauert" habe, bis Drewes "reagiert hat". "In dem Moment war es zweifelsfrei, dass er aufgrund seiner Symptome nicht weiterspielen kann", erläuterte Sandfort: "Ich konnte ein Schädelhirntrauma nicht ausschließen." Der zugeschaltete Passlack gab an, "aus der Emotion heraus" einen "Spielabbruch beim Schiedsrichter gefordert" zu haben.
Der Unparteiische Martin Petersen führte aus, dass er "den Eindruck" hatte, "dass der Spieler nicht weiterspielen kann". Petersen selbst war in der Vergangenheit ebenfalls von einem Feuerzeug am Kopf getroffen worden und hatte in dem Fall das Spiel abgebrochen. Petersen bestätigt, dass Bochum die Partie nur "unter Protest" fortgesetzt habe.
Referee-Lehrwart Lutz Wagner bezeichnete die "Tat" an sich als "absolut inakzeptabel". Ob der Schiedsrichter in der Folge das Spiel dennoch fortsetzt, "liegt bei ihm, die Regel gibt ihm da ein relativ große Bandbreite". Nach Abklärung der "harten Fakten konnte er weiterspielen lassen".
Dass Petersen nur zwei der angezeigten fünf Minuten nachspielen ließ, sei aber "falsch" gewesen - trotz des "Nichtangriffspakts". Der Kontrollausschuss-Vorsitzenden Anton Nachreiner bezeichnete das Ballgeschiebe als "Sportwidrigkeit", die zukünftig mit Blick auf ähnliche Fälle vielleicht untersucht werden müsse: "Selbstverständlich war es eine Schwächung des VfL und faktisch war das ein Spielabbruch, der in der Verantwortung von Union Berlin liegt."
Dieser Einschätzung folgte das Gericht.