Große Diskussionen nach Dortmund gegen Köln
Der Videobeweis in der Bundesliga: Mehr Fluch als Segen?
- Aktualisiert: 22.02.2018
- 15:12 Uhr
- ran.de/ Maximilian Barz
Seit dieser Saison gibt es den Video-Assistenten in der Bundesliga. Bisher sorgt die Neuerung allerdings jede Woche für Diskussionen. Der 1. FC Köln will aufgrund einer Fehlentscheidung nun sogar Protest gegen die Wertung des Spiels bei Borussia Dortmund einlegen.
Trotz des deutlichen 5:0-Heimsiegs von Borussia Dortmund am zweiten Spieltag gegen den 1. FC Köln gab es nach Abpfiff reichlich Diskussionsstoff. Die Kölner haben für Dienstag eine Entscheidung angekündigt, ob sie gegen die Wertung Protest einlegen wollen. Grund für die Aufregung: Eine Entscheidung mit Hilfe des Video-Assistenten.
Was war passiert? Sekunden vor der Halbzeit bekam der BVB eine Ecke von der rechten Seite zugesprochen. Im Fünfmeterraum ließ Timo Horn den Ball im Zweikampf vor die Füße von Sokratis fallen. Dieser schob ihn über die Linie. Schiedsrichter Patrick Ittrich hatte jedoch zuvor auf Foul an Horn entschieden und abgepfiffen. Nach Rücksprache mit dem Video-Assistenten nahm er die Entscheidung zurück und gab das Tor. 2:0 für Dortmund zum psychologisch ungünstigsten Zeitpunkt.
Was lief in Dortmund falsch?
Gleich mehrere Regeln sind dabei nicht beachtet worden. Zum einen hatte der Schiedsrichter das Spiel unterbrochen, bevor der Ball die Linie überquerte. Jedoch darf kein Tor, das während einer Spielunterbrechung erzielt wird, gewertet werden.
Zum anderen darf der Video-Assistent laut DFL-Reglement nur in vier Situationen eingreifen. Bei Roten Karten, Elfmeter-Entscheidungen, Spielerverwechslungen oder beim Erzielen eines Tores. Wenn der Schiedsrichter bei einer solchen Begebenheit einen Regelverstoß übersieht oder eine Fehlentscheidung trifft, muss ihn der Video-Assistent per Funk darauf hinweisen.
Keine dieser Situationen lag in Dortmund vor. Denn der Pfiff, um den es in diesem Fall ging, bezog sich auf das mögliche Foul an Timo Horn – nicht auf das vermeintliche Sokratis-Tor.
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Ein Wiederholungsspiel ist äußerst unwahrscheinlich
Wie geht es nun also weiter? Köln hat den Protest bisher nur angekündigt, aber noch nicht offiziell eingereicht. Sobald der DFB einen Einspruch gegen die Spielwertung erhält, müsste er Schiedsrichter Ittrich zu einer Stellungnahme zu seiner Wahrnehmung der Szene auffordern.
Wie Lukas Brud, der Geschäftsführer des International Football Association Board (IFAB), dem SID erklärte, könnten sich die Verbandsgerichte dann dem Fall annehmen. Ein Wiederholungsspiel ist aber so gut wie ausgeschlossen. "Diese Situation ist klar im Protokoll festgelegt. Selbst wenn der Schiedsrichter und der Video-Assistent eine Sachlage falsch bewerten, gibt es keinen Anlass, das Spiel zu wiederholen", sagte Brud.
Bereits mehrere Negativ-Beispiele in dieser Saison
Leider war die Szene in Dortmund nicht die erste strittige Situation mit Beteiligung des Video-Assistenten. Am dritten Spieltag hatte Benjamin Cortus dem Freiburger Ravet nach einem Foul an BVB-Verteidiger Schmelzer zunächst Gelb gezeigt. Auf Empfehlung des Video-Referees erhöhte er das Strafmaß und zückte die Rote Karte.
Auch eine solche Szene gehört laut Reglement nicht zum Aufgabengebiet des Video-Assistenten, da es weder um eine gegebene Rote Karte noch um eine Elfmeter-, Tor- oder Verwechslungssituation ging.
Technische Schwierigkeiten
Dass der Video-Assistent auch eine wertvolle Hilfe sein kann und zum Fair-Play beiträgt, hat beispielsweise das Eröffnungsspiel zwischen den Bayern und Leverkusen gezeigt. Ein Foul von Charles Aranguiz im Strafraum an Robert Lewandowski hatte Tobias Stieler erst nach Hinweis des Video-Assistenten bemerkt und auf Elfmeter entschieden.
Dennoch überwiegt bisher der Eindruck, dass der Videobeweis häufig mehr Fluch als Segen ist. Er sorgte des Öfteren für Verwirrung und ungewohnte Spielunterbrechungen. Das liegt unter Anderem auch an der noch nicht vollständig ausgereiften Technik. "Die Abseitslinien können noch immer nicht kalibriert werden", erklärte Ex-Schiedsrichter Markus Merk im Interview mit "Sky Sport News HD".
Schiedsrichter verlieren an Entscheidungsgewalt
Dazu kommt die scheinbare Überforderung der Schiedsrichter mit der Neuerung. "Jetzt kommt diese menschliche Komponente dazu – in einer Art und Weise wie sie nur im Maximalfall zu befürchten war", sagte Merk. Das Reglement betont zwar, dass der Feld-Schiedsrichter letztlich die Entscheidungsgewalt innehat. Dies scheint aber hinsichtlich der bisherigen Einsätze eher unrealistisch. Es gab noch keine Situation, in der der Referee die Empfehlung seines Video-Assistenten abgelehnt hat.
Der Video-Beweis muss in den kommenden Wochen dringend beweisen, dass er die Bundesliga bereichert und fairer macht. "Man muss natürlich darüber nachdenken, ob man schon bereit ist für diesen Videobeweis", erläuterte Merk.
Maximilian Barz
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