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Personalpuzzle beim deutschen Rekordmeister

FC Bayern München: Causa Robert Lewandowski - die ganze Führungsetage ist gefragt

  • Aktualisiert: 31.05.2022
  • 17:40 Uhr
  • ran.de / Kai Esser
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© 2021 imago

Robert Lewandowski will seinen Abschied vom FC Bayern München forcieren. Dabei benutzt der Pole ungewöhnlich scharfe Worte. Das ist man in München nicht gewohnt, hat man sich aber selbst zuzuschreiben. 

München - "Meine Geschichte beim FC Bayern ist vorbei", verkündete Robert Lewandowski auf einer Pressekonferenz bei der polnischen Nationalmannschaft. Und er ergänzte mit ernster Miene: "Ich sehe keine Möglichkeit mehr für diesen Klub zu spielen."

Es sind Worte, die den Verantwortlichen des FC Bayern München neu sind. Dass ein Spieler so offensiv seinen Abschied erzwingen will, indem er sämtliche Brücken zum Klub verbal einreißt, gab es bei den Münchnern in dieser Form von einem Akteur dieser Wichtigkeit in der Vergangenheit noch nicht.

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Wertschätzung sind nicht nur Euros

Vor allem moniert der Weltfußballer offenbar fehlende Wertschätzung beim Rekordmeister. "Die Wertschätzung heißt Euro, zu 99 Prozent", sagte Uli Hoeneß vor kurzem, der Ehrenpräsident des FC Bayern, der aber keine operative Funktion mehr innehat.

Dass Hoeneß die Dinge in der Öffentlichkeit nicht immer objektiv bewertet, ist allerdings längst kein Geheimnis mehr. Das Wort "Wertschätzung" ist an der Säbener Straße zuletzt allerdings öfter gefallen. Sowohl beim Abgang von David Alaba 2021 als auch beim anstehenden ablösefreien Wechsel von Niklas Süle. Beides Stammspieler, beide bringen dem FCB kumuliert null Euro Einnahmen ein.

Auch dort hieß es, sie wollen einzig und allein eine Gehaltserhöhung forcieren. Süles Berater hingegen behauptet, es habe kein offizielles Angebot der Bayern gegeben. Nicht das erste Mal, dass Behauptungen von Spielerseite sich nicht mit der des Vereins decken. 

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Lewandowski stellt klar: Keine Zukunft beim FC Bayern!

Auf der Pressekonferenz in Warschau fand Robert Lewandowksi deutliche Worte was seine Zukunft an geht. Der Pole kann sich keine Zusammenarbeit mit dem FC Bayern München mehr vorstellen.

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Doch ist Wertschätzung wirklich das Äquivalent zu Gehalt? Wenn man den Aussagen von Jan-Aage Förtoft am ran-Mikro glauben kann, dann zumindest im Fall Lewandowski nicht. Der Norweger, der bekanntlich gut im Kosmos seines Landsmannes Erling Haaland vernetzt ist, beharrte bis zum Schluss darauf, dass der FC Bayern reges Interesse am nun Manchester-City-Angreifer hatte. Im Hause Lewandowski sei dies überhaupt nicht gut angekommen, dass der Rekordmeister offensiv nach seinem Ersatz fahndete.

Ein Zeichen von dieser ominösen "Wertschätzung" wäre es beispielsweise, seinen Star-Stürmer, Top-Verdiener und die personifizierte sportliche Lebensversicherung ganz offen, ehrlich und transparent in die Planungen mit einzubeziehen. Doch ob das wirklich der ausschlaggebende Grund war, ist reine Spekulation.

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Erinnerungen an Fall Dembele

Der beginnende Transferstreit um den Rekordtorschützen seiner polnischen Nationalmannschaft erinnert an das Jahr 2017. Nachdem Ousmane Dembele bei Borussia Dortmund nahezu jeden seiner Gegenspieler eine Saison lang schwindelig gespielt und mit dem BVB den Pokal gewonnen hatte, entschied sich der Franzose eines Tages, nicht mehr zum Training zu kommen und so einen Wechsel zu provozieren.

Natürlich würde es dem Vollprofi Lewandowski, Stand jetzt, wohl nicht einfallen ein Training zu schwänzen, jedoch ist das Ziel das gleiche: trotz laufenden Vertrages mit allen Mitteln einen Wechsel zu erzwingen. "Die Vereine müssen zeigen, wer die Hosen anhat", sagte Hoeneß seiner Zeit zum Transferstreit zwischen Dembele und dem BVB. "Bei mir würde der jeden Tag 100.000 Euro Strafe zahlen", so der heute 70-Jährige drakonisch. Zudem merkten die Verantwortlichen unterschwellig an, dass ein solches Vorgehen bei den Bayern nie passieren würde - bis jetzt.

FC Bayern: Komödien-Stadl in mehreren Akten

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Wenn die Bayern Lewandowski wirklich "zeigen, wer die Hosen anhat", dann droht eine Schlammschlacht, wie es sie beim so stolzen Münchner Traditionsklub noch nie gab. Es kann nicht im Interesse aller Beteiligten sein, dass ein Spieler seinen hochdotierten Vertrag nur noch aussitzt. Im Fall Dembele musste Dortmund den Spieler verkaufen, wurde dafür aber auch entsprechend finanziell entschädigt. Dass in beiden Fällen der FC Barcelona der designierte Rezipient des Streikenden ist, ist wohl einfach Zufall.

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Die "FC-Bayern-Familie" gibt es so nicht mehr

Was den FC Bayern früher von anderen Klubs abgehoben hat, war das familiäre Umfeld. Als "FC-Bayern-Familie" hat Ehrenpräsident Hoeneß, damaliger Sportdirektor, seinen Klub verstanden.

So war es früher auch. Noch heute spricht etwa Franck Ribery, der zwölf Jahre bei den Bayern war, dass gerade Uli Hoeneß für ihn wie eine Vaterfigur war und ist. Ribery war neben Arjen Robben jahrelang das sportliche Aushängeschild bei den Münchnern. Beide kokettierten nie auch nur im Ansatz mit einem Wechsel.

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Da nun allerdings der mittlerweile dritte Stammspieler der Führungsetage die selben Verfehlungen vorwirft, ist es nur schwer vorstellbar, dass da gar nichts dran sein könnte. Hasan Salihamidzic und Oliver Kahn, die Nachfolger von Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge, tun sich offenbar schwer damit, das Mantra der "FCB-Familie" aufrechtzuerhalten.

Schaut man auf das Jahr 2021 zurück, dann trennte sich auch der damalige Sextuple- und jetzige deutsche Bundestrainer Hansi Flick im Streit von den Münchnern, der größtenteils öffentlich ausgetragen wurde. Dass derzeit auch Serge Gnabry trotz kolportiertem Jahresgehalt von 19 Millionen Euro mit einer Verlängerung zögert, könnte zeigen, dass der FC Bayern tiefgreifendere Probleme hat als nur ein in Schieflage geratenes Gehaltsgefüge. Streitigkeiten sind normal in einer Familie, aber nicht in diesem Ausmaß und dieser Häufigkeit.

Da hilft es auch nur wenig, wenn die mittlerweile in Ruhestand gegangenen Rummenigge und Hoeneß sich ständig zu Personalien äußern, von denen sie möglicherweise nicht alle Insights haben.

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Das Sportliche: Bayern hat keinen Ersatz für Lewandowski

Dass der Klub sich so gegen einen vorzeitigen Abgang des Polen sträubt, hat wohl vor allem mit der Personallage zu tun. Nicht nur im Kader, sondern auch auf dem internationalen Transfermarkt. Neben Lewandowski gibt es nur noch Eric-Maxim Choupo-Moting als echten Stürmer im Kader. In der kommenden Spielzeit kehrt Jann-Fiete Arp von Holstein Kiel zum FCB zurück. Nicht gerade die rosigsten Aussichten, möchte man Lewandowskis Abgang intern klären.

Karim Adeyemi, der wohl vielversprechendste deutsche Angreifer derzeit, hat sich für einen Wechsel zu Borussia Dortmund entschieden. Nach ran-Infos kam der deutsche Rekordmeister für den DFB-Star auch nie wirklich infrage, da sich der BVB schon sehr lange, sehr intensiv um ihn bemühte. Das beeindruckte Adeyemi so nachhaltig, dass er nun auch im Ruhrgebiet einen Vertrag unterzeichnete.

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Zwar sind die Bayern offenkundig an Sadio Mane vom FC Liverpool interessiert, jedoch plant man den Senegalesen laut "BILD" auf den Außen ein. Und sonst? Romelu Lukaku vom FC Chelsea dürfte nicht zu bezahlen sein, genau so wenig wie der begehrte Darwin Nunez von Benfica. Sebastien Haller von Ajax steht offenbar in Kontakt mit dem BVB, genau wie Sasa Kalajdzic vom VfB Stuttgart. Gut möglich, dass die Dortmunder dem Konkurrenten aus Süddeutschland zum dritten Mal in einer Transferperiode einen Spieler "wegschnappen".

Mit Ryan Gravenberch und Noussair Mazraoui stehen bereits zwei Neuzugänge quasi fest. Ob diese jedoch gut genug sind, um das ausgegebene Ziel Champions-League-Titel zu erreichen, ist offen. Die Kaderbreite verstärken sie indes merklich, sowohl qualitativ als auch quantitativ. Aber das bajuwarische Selbstverständnis betreffend, sind diese Transfer eher "kleine" Namen. Das Umfeld erwartet da schon andere Kaliber.

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Salihamidzic und Kahn sind gefordert

Egal wie die Vertrags-Posse um Robert Lewandowski ausgeht - die neue Führungsetage der Bayern muss daraus lernen und die richtigen Schlüsse ziehen. "Wertschätzung ist keine Einbahnstraße", sagte Oliver Kahn kürzlich bei "Sport1". Damit wählt er, wie so oft, den öffentlichen Weg als Antwort auf Lewandowskis Transfergesuch. Ein Weg, der sich in der Vergangenheit oft als der Falsche herausstellte.

Vielleicht sollte sich der Vorstandsvorsitzende einen Rat bei seinem Spieler und Mediator Leon Goretzka abholen, der auf der DFB-Pressekonferenz nämlich zu Protokoll gab, dass er froh wäre, "wenn beide Seiten ein bisschen Emotionalität rausnehmen und einen möglichst gemeinsamen Weg finden würden". Denn Rationalität kann nicht der Antrieb des Antwort-Statements über die Medien von Oliver Kahn an seinen Stürmer gewesen sein.

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Der Transfersommer 2022 wird an der Säbener Straße ein ganz Entscheidender sein. Sowohl Kahn als auch Salihamidzic müssen Ruhe in den Klub, in die Mannschaft und das Umfeld bringen. Das geht am besten mit erfolgreichen und namhaften Transfers. Und einer souveränen Abwicklung des Theaters um Robert Lewandowski.

Ein Theater, das es so beim FC Bayern noch nicht gab. Nicht mal zu Zeiten des "FC Hollywood".

Kai Esser

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