Bundesliga
FC Bayern München: Fragen und Antworten zum Beben um das Aus von Kahn und Salihamidzic
- Aktualisiert: 29.05.2023
- 10:06 Uhr
- ran.de
Bei den Bayern kam es unmittelbar nach der Titelentscheidung in Köln mit der Verkündung der Trennungen von Oliver Kahn und Hasan Salihamidzic zu einem Personal-Beben. ran klärt diesen komplexen Sachverhalt auf, bei dem vor allem zwischen Kahn und den anderen Münchner Verantwortlichen mittlerweile Aussage gegen Aussage steht.
Von Christoph Gailer
Kaum konnten die Bayern nach dem 2:1-Sieg in Köln und dem zeitgleichen Patzer von Dortmund gegen Mainz (2:2) die Meisterschale in die Höhe stemmen, dominierte ein völlig anderes Thema die Schlagzeilen rund um den frischgebackenen Meister aus München.
Nur wenige Minuten nach dem Einfahren des Meistertitels veröffentlichte der deutsche Rekord-Champion die Trennung vom Vorstandsvorsitzenden Oliver Kahn sowie von Sportvorstand Hasan Salihamidzic, nachdem zuvor von "Bild" und "Kicker" Berichte über das Aus der beiden Bayern-Ikonen die Runde machten.
Das alles zu einem Zeitpunkt, als eigentlich purer Meisterjubel angesagt gewesen wäre. Nicht zuletzt zu dieser Thematik bezogen Bayern-Präsident Herbert Hainer und Kahn-Nachfolger Jan-Christan Dreesen am Sonntagmittag bei einer Pressekonferenz an der Säbener Straße Stellung. Auch dazu, wie die Trennung von Kahn und "Brazzo" aus ihrer Sicht abgelaufen ist.
ran hat Fragen und Antworten zu den wichtigsten Themen rund um das Münchner Personal-Beben gesammelt.
Warum war Oliver Kahn nicht in Köln?
Oliver Kahn wurde laut Bayern-Präsident Herbert Hainer am Donnerstag mitgeteilt, dass er seinen Posten als Vorstandsvorsitzender bei den Münchnern verlieren wird. Über alles, was danach geschah, gibt es mittlerweile vielerlei unterschiedliche Aussagen.
Demnach sei dieses Gespräch laut Hainer sehr emotional verlaufen und durch die am Freitag einberufene, außerordentliche Aufsichtsratssitzung, auf der Kahns Aus formal beschlossen wurde, sei Kahns Teilnahme am Auswärtsspiel in Köln nicht mehr möglich gewesen.
"Am Samstag hat er uns dann mitgeteilt, dass er eine Sommergrippe hat und im Bett liegt", sagte Hainer bei der Pressekonferenz der Bayern am Sonntagmittag. Kahn wiederum bestand in seiner Reaktion auf Twitter darauf, dass ihm die Teilnahme am Spiel in Köln vom Verein untersagt wurde.
Was wird Oliver Kahn vorgeworfen?
Wie "Sport1" in Person von Chefredakteur Pit Gottschalk im Rahmen des Fußballtalks "Doppelpass" berichtete, befürchteten die Bayern-Verantwortlichen aufgrund von Kahns emotionaler Reaktion auf seine Ablösung eine weitere Eskalation, sollte dieser beim Spiel in Köln mit dabei sein. Um dies zu vermeiden, soll man Kahn die Teilnahme am letztlich meisterschaftsentscheidenden Spiel in Köln nicht gestattet haben.
Laut "Bild" sei Kahn beim Gespräch über sein Aus an der Säbener Straße wortwörtlich "komplett ausgetickt", weshalb die Verantwortlichen den einstigen Fanliebling weder beim Spiel in Köln noch bei einer möglichen Meisterfeier am Marienplatz dabei haben wollten.
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Was sagen Kahn und der FC Bayern?
Bayern-Boss Herbert Hainer sprach auf der Pressekonferenz sehr diplomatisch lediglich von einem emotionalen Gespräch mit Kahn. Dies mündete dann offenbar darin, dass Kahn auf Anweisung der Bayern nicht mit nach Köln reisen durfte.
Dieser Darstellung, beim Gespräch mit Hainer und Hoeneß emotional über das Ziel hinausgeschossen zu sein, widersprach Kahn wiederum sofort via Twitter.
"Die Behauptung, dass ich ausgerastet bin, als ich über die Abberufung informiert wurde, stimmt definitiv nicht", schrieb die Bayern-Ikone, "ich habe am Freitag einen Anruf von Herbert Hainer bekommen, in welchem mir die Entscheidung mitgeteilt wurde. Es war ein ruhiges und sachliches Gespräch. Ich habe mich lediglich über diesen Aktionismus gewundert, warum diese Entscheidung nun vorgezogen wurde."
Wie verlief der Abschied von Hasan Salihamidzic?
Anders war die Sachlage beim ebenfalls geschassten Sportvorstand Hasan Salihamidzic. "Am Donnerstag haben Uli Hoeneß und ich mit Oliver Kahn und Hasan Salihamidzic die Gespräche geführt und ihnen erklärt, dass es für sie nicht weitergeht. Mit Hasan hat das gut geklappt, wie man gestern auch gesehen hat", sagte Hainer dazu am Sonntag. Salihamidzic war - anders als Kahn - mit der Mannschaft in Köln und feierte letztlich auf dem Rasen mit ihr den auf dramatische Weise eingefahrenen Meistertitel.
"Für so eine Trennung gibt es nie den richtigen Zeitpunkt. Es war uns sehr wichtig, dass die beiden Herren frühzeitig informiert wurden und es war vor allem von Hasan der Wunsch, sich von der Mannschaft verabschieden zu können. Diese Chance mussten wir ihm einfach gewähren. Wie so etwas gut gehen kann, hat man ja genau an diesem Beispiel auch gesehen", sagte Hainer und lobte damit das Verhalten von Salihamidzic im Rahmen des Spiels in Köln.
Während des Spiels ging der frühere Bayern-Profi, wissend über sein bevorstehendes Aus bei den Bayern, auf der Tribüne in Köln emotional voll mit. Nach dem Spielende soll er eine flammende Rede mit emotionalen Abschiedsworten gehalten und damit menschliche Größe gezeigt haben. Auch auf der späteren Feier der Mannschaft war "Brazzo" laut Hainer nicht nur mit dabei, sondern einer der am längsten anwesenden Gäste.
Wer ist der neue Bayern-CEO?
Zeitgleich mit der Bekanntgabe, dass Oliver Kahn und Hasan Salihamidzic von ihren Aufgaben beim FC Bayern entbunden werden, verkündete der frischgebackene Meister noch am Samstagabend den Nachfolger für Kahn als Vorstandsvorsitzenden bei den Münchnern. Jan-Christian Dreesen beerbt Kahn als CEO.
Der 55-Jährige einigte sich mit Hainer auf einen Vertrag über zwei Jahre, wie am Sonntag im Rahmen der Pressekonferenz des neuen Führungsduos bestätigt wurde. "Wenn Sie die Chance kriegen, den Vorsitz beim wichtigsten Klub Deutschlands zu bekommen, dann brauchte ich da nicht so lange überlegen. Daher habe ich aus voller Überzeugung 'ja' gesagt", erklärte Dreesen, der eigentlich vor einiger Zeit noch vorhatte, den Klub zu verlassen - Gerüchten zufolge nicht zuletzt auch wegen eines angeblich schwierigen Verhältnisses zu Kahn.
Zuletzt befand sich Dreesen auch in Gesprächen über einen möglichen Wechsel zur DFL, wie er selbst am Sonntag bestätigte. "Ich habe in der vergangenen Woche Hans-Joachim Watzke Bescheid gegeben, dass ich nicht für die DFL-Geschäftsführung zur Verfügung stehe. Wir hatten davor sehr wertschätzende Gespräche", sagte Dreesen, "mir fiel es sehr leicht, das Angebot des FC Bayern als Vorstandsvorsitzender anzunehmen".
Dreesen kam 2013 als Finanzvorstand zum FC Bayern, war unter Karl-Heinz Rummenigge und auch Kahn bis zuletzt dann bereits stellvertretender Vorstandsvorsitzender.
Wer wird neuer Sportvorstand beim FC Bayern?
Die Nachfolge von Oliver Kahn wurde durch Dreesen umgehend geregelt, nun aber beginnt für den FC Bayern erst einmal die Suche nach einem Nachfolger für den ebenfalls geschassten Hasan Salihamidzic. Laut "Sky" soll es bereits Gespräche zwischen den Münchnern und Max Eberl gegeben haben, der erst vor einigen Monaten bei Bayerns Liga-Rivale RB Leipzig unterschrieb und dort einen Vertrag bis 2026 hat.
Nach Informationen der "Leipziger Volkszeitung" gab es hingegen keinen Kontakt zwischen Eberl und den Bayern, die den erfahrenen Manager einst bereits von seinem Ex-Klub Borussia Mönchengladbach an die Isar lotsen wollten. Ex-Bayern-Star Lothar Matthäus brachte in seiner Rolle als "Sky"-Experte zudem Frankfurts Sportdirektor Markus Krösche als möglichen "Brazzo"-Nachfolger bei den Bayern ins Gespräch.
Auch Gerüchte um eine interne Nachbesetzung des Postens des Sportvorstandes machten zuletzt die Runde. Ein Kandidat dafür könnte der bisherige Campus-Chef der Bayern, Jochen Sauer, sein.
Was wird aus dem Technischen Direktor Marco Neppe?
Nach den Trennungen von Oliver Kahn und Hasan Salihamidzic könnte das Bayern-Beben auf Funktionärs-Ebene wohl noch weitere personelle Konsequenzen nach sich ziehen. Laut "Sport1" steht hinter der Zukunft des Technischen Direktors Marco Neppe, einem Vertrauen von Salihamidzic, ein Fragezeichen. Demnach deuten auch beim 36-Jährigen die Zeichen auf eine Trennung hin.
Herbert Hainer wollte dies am Sonntag nicht bestätigen, gab allerdings an, dass eine finale Entscheidung in dieser Personalie in einigen Tage getroffen werden könne. Ex-Profi Neppe arbeitet seit 2014 bei den Bayern, zunächst als Scout, dann als Leiter der Scouting-Abteilung. Seit 2021 ist er Technischer Direktor beim Rekordmeister und damit ein maßgeblicher Verantwortungsträger für die Kaderplanung der Münchner, die zuletzt nach der schwachen Saison 2022/23 deutlich in der Kritik stand.
Welche Rolle spielten Uli Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge beim aktuellen Bayern-Beben?
Obwohl der frühere Bayern-Präsident Uli Hoeneß mittlerweile lediglich noch als Aufsichtsratsmitglied vertreten ist, ist er auch ohne operative Position nach wie vor im Hintergrund wohl ein wichtiger Entscheidungsträger. Dies lässt zumindest die Aussage von "Bild"-Sportchef Jörg Althoff im "Doppelpass" vermuten. Demnach sei Hoeneß missfallen, dass Kahn in seiner Oliver Rolle als Vorstandsvorsitzender den Kontakt nicht so eng zum einstigen Bayern-Manager gehalten habe, wie sich dieser das offensichtlich gewünscht hatte.
Wie FCB-Präsident Herbert Hainer zudem am Sonntag bestätigte, wird der ehemalige Vorstandsvorsitzende und Kahn-Vorgänger Karl-Heinz Rummenigge von ihm demnächst als weiteres Mitglied für den Aufsichtsrat vorgeschlagen. Atmosphärische Störungen zu Hoeneß dementierte Hainer hingegen auf ran-Nachfrage.
Könnte Bayern-Trainer Thomas Tuchel nun auch zurücktreten?
Nach dem Spiel in Köln äußerte sich Thomas Tuchel, sichtlich beeindruckt von der Entscheidung über die Trennung von Oliver Kahn und Hasan Salihamidzic, etwas kryptisch auf der Pressekonferenz. Daraus ergaben sich sofort Gerüchte, der Münchner Meistertrainer könnte im Rahmen des Bayern-Bebens trotz Vertrages bis 2025 möglicherweise seinen Hut nehmen.
Präsident Herbert Hainer nahm diesen Gerüchten am Sonntag umgehend die Substanz. "Wir sind von Thomas Tuchel absolut überzeugt, er ist einer der besten Trainer Europas. Ich habe mit ihm am Freitag gesprochen, ihm die Situation erklärt, er zeigte großes Verständnis. Es gibt keinen Grund, wieso Tuchel nicht zur neuen Saison Teil des FC Bayern sein sollte", sagte der Bayern-Boss.
Den Bayern-Coach informierte Hainer vor dem Köln-Spiel über die bevorstehende Trennung von Kahn und Salihamidzic, anders die Mannschaft. "Mit ihm haben wir abgesprochen, dass wir die Mannschaft nicht informieren, damit sich das Team voll und ganz auf die sportliche Aufgabe in Köln konzentrieren kann - und das hat ja geklappt", erklärte Hainer die Vorgehensweise.
Tuchel selbst hatte auch speziell für die kommenden Wochen, in denen die Kaderplanung vorangetrieben wird, seine Präsenz vor Ort in München angekündigt: "Ich muss da sein, Verantwortung übernehmen, muss auch meine Meinung sagen und muss darüber nachdenken, weil ich Verantwortung für die sportliche Weiterentwicklung dieser Mannschaft habe." Sein Kontrakt beim FCB läuft noch bis 2025.