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FC Bayern München: Für Oliver Kahn und Hasan Salihamidzic geht es im Lügen-Zoff mit Lothar Matthäus um alles

  • Aktualisiert: 02.04.2023
  • 18:58 Uhr
  • ran.de / Stefan Kumberger
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© Imago Images

Beim FC Bayern ist man viel Theater gewohnt, doch der öffentlich ausgetragene Zoff zwischen Lothar Matthäus und den Bayern-Bossen hat eine besondere Qualität. Zumal die berühmte "Bayern-Familie" auch an anderen Stellen bröckelt.

Vom FC Bayern berichtet Stefan Kumberger

Streits innerhalb der Familie sind vermutlich die schlimmsten. Oft geht es um Geld, verletzte Gefühle, Traditionen, das Erbe und das öffentliche Bild der Sippe.

So gesehen spielt sich an der Säbener Straße derzeit eine echte Familien-Tragödie ab, die vermutlich nicht einmal William Shakespeare besser inszenieren hätte können. Großes Drama.

Von Lügen und fehlendem Stil ist die Rede. Zur Debatte steht nicht weniger als das Image des FC Bayern als Verein, der seinen angeblich so großen Zusammenhalt jahrzehntelang öffentlich zelebrierte.

Die Streithähne im Fokus: Oliver Kahn und Lothar Matthäus. FCB-Vorstand gegen FCB-Legende. Alphatier gegen Alphatier.

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Oliver Kahn attackiert Lothar Matthäus frontal

Der Ausgang des Streits liegt nicht einmal zwei Wochen zurück. Julian Nagelsmann musste aus der Presse erfahren, dass er als Bayern-Trainer abtreten muss. Keine Vorwarnung von Kahn und Sportvorstand Hasan Salihamidzic. So stellt es zumindest Matthäus dar. "Das 'Mia san Mia' wird teilweise mit Füßen getreten", verkündete der Rekordnationalspieler.

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Für Kahn zu viel. Im "Sky"-Interview vor dem Spiel der Bayern gegen Dortmund blaffte er den anwesenden Matthäus an: "Ihr, die hier immer steht und hier andauernd sagt: Der Verein hätte keinen Stil und wo ist das 'Mia san Mia' geblieben. Da würde ich mal dich, Lothar, fragen: Was meinst du mit 'Mia san Mia'? Du setzt das hier einfach irgendwo in die Landschaft, und dann kann sich jeder aussuchen, was das zu bedeuten hat."

Matthäus, von der Schärfe der Attacke sichtlich irritiert, verbat sich einen Privatkrieg, nur um dann später gegenüber "t-online" Kahn der Lüge zu bezichtigen. Der Bayern-Boss hätte sehr wohl die Gelegenheit gehabt, Nagelsmann vorzuwarnen.

Womit die Bayern-Legende vermutlich nicht unrecht hat. Das Zillertal, in dem sich der damalige FCB-Trainer zu diesem Zeitpunkt befand, liegt nur zwei Autostunden von München entfernt. Kahn, schon während seiner Zeit als aktiver Spieler als Freund des Gaspedals bekannt, hätte die Strecke vermutlich noch schneller geschafft.

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Auch Hoeneß schaltet sich ein

Uli Hoeneß, der immer noch mächtige Ex-Präsident und erklärte Matthäus-Skeptiker konnte es sich trotzdem nicht verkneifen, gerade diesen Ski-Ausflug Nagelsmanns zu einem der Gründe für den Rauswurf zu erklären. "Wäre er in München geblieben, hätte man sich am Montag oder Dienstag zusammengesetzt und gesprochen. Und, wer weiß, was dann passiert wäre?", sagte der 71-Jährige dem "Kicker".

Diese Erzählung dürfte so manchem Nagelsmann-Getreuen den Atem rauben. Der Ski-Urlaub als Entlassungsgrund? Offiziell hieß es doch eigentlich, der Trainer habe die "Kabine verloren" und sei deswegen entlassen worden ...

Es darf bezweifelt werden, dass Nagelsmann in der Länderspielpause mit der ihm zu Verfügung stehenden Mini-Trainingsgruppe das Ruder zu seinen Gunsten hätte herumreißen können.

Glaubensfrage: Was bedeutet "Mia san Mia" eigentlich?

Klar wird: Die beiden Streithähne Kahn und Matthäus haben völlig unterschiedliche Ansichten, was das berühmte "Mia san Mia", das die Bayern sogar im Trikotkragen tragen, eigentlich zu bedeuten hat.

Für Kahn ist der Leitspruch der Ausdruck von unbändigem Selbstvertrauen, das man auch gerne zur Schau stellt. Das Wissen um die eigene Stärke steht für den Ex-Keeper im Vordergrund. Das entspricht der klassischen Lehre.

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Für Matthäus ist das zu kurz gegriffen. Für ihn steht das bayerische Glaubensbekenntnis auch für Zusammenhalt. Familie eben.

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Die Bayern-Familie bröckelt

Wie man es auch sehen mag, Fakt ist: Beim FC Bayern bricht gerade etwas auseinander. Die Familie gibt es noch, aber sie bröckelt. Seit dem Abgang von Karl-Heinz Rummenigge und Uli Hoeneß herrscht ein anderer Stil. Er wird von Kahn und Salihamidzic geprägt und hat keinen allzu familiären Anstrich mehr. Fußball ist Business. Oder wie es Joshua Kimmich nach der Nagelsmann-Entlassung sagte: "Wenig Liebe, wenig Herz".

Das Problem der Bayern-Bosse: Sie haben ein großes Stück an Glaubwürdigkeit eingebüßt. So oder so war die Posse um den Trainerwechsel kein Glanzstück bayerischer Personalführung. Der blutleere Auftritt Kahns bei der Vorstellung von Thomas Tuchel passte obendrein ins Bild.

Wer steckte die Nagelsmann-Info den Medien?

Womit wir wieder beim großen Drama wären, denn die Gretchenfrage beim FC Bayern lautet: Wer steckte den Medien vorab die Info, dass Nagelsmann seinen Hut nehmen muss?

Hasan Salihamidzic zeigte schnell öffentlich auf eine nicht näher genannte "dritte Person" und legte damit unfreiwillig die Fährte Richtung Thomas Tuchel und dessen Berater. Der Klub sei jedenfalls nicht Ausgang des Leaks gewesen. Aber es wurde ja nur zwischen Bayern- und Tuchelseite gesprochen, die Nagelsmann-Truppe wusste ja von nichts.

"Bild" hatte – nachdem Transfer-Insider Fabrizio Romano via Twitter verkündet hatte, für den jungen Bayern-Coach werde es eng – die Entlassung zuerst als fix vermeldet. Kommentar der Reporter: Von der Tuchel-Seite kam die Info nicht.

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Gesichert ist nur, dass Nagelsmann und sein Berater-Team von der Entwicklung um ihren Schützling überrascht wurden. Das bekräftigten sie am Samstag in einem Statement. Man habe aktiv bei den Bayern nachfragen müssen.

Kahn und Salihamidzic befürchten Umkehr der Beweislast

Dass weder Journalisten noch Lothar Matthäus, der sich mittlerweile als solcher versteht, ihre Quellen offenlegen müssen, steht fest und ist richtig. Somit liegt die Pflicht der Aufklärung gefühlt bei Kahn und Salihamidzic. 

Unter dieser verhakten Situation leidet nun die gesamte Bayern-Familie. Daher ist es kein Wunder, dass sich auch der "Übervater" der Münchner zu Wort meldet – und das, obwohl man nach ran-Informationen Ehrenpräsident Hoeneß vereinsintern eigentlich grundsätzlich um Zurückhaltung gebeten hat.

"Ich sehe kein Problem für den FC Bayern, sondern eher für Lothar Matthäus. Er muss seine Aussagen beweisen", sagt Hoeneß im oben genannten Gespräch mit dem "Kicker".

Und er hat Recht. Nicht nur vor deutschen Gerichten gilt der Grundsatz, dass derjenige die Vorwürfe beweisen muss, der sie erhebt. In diesem Fall also Matthäus.

Kahn und Salihamidzic könnten trotzdem mit aller Macht für Aufklärung sorgen und - falls ihnen die Person bekannt ist, die den Trainerwechsel lancierte - einen Namen nennen. Das würde jedoch eine Umkehr der Beweislast bedeuten. Verständlich, dass die beiden das nicht mit sich machen lassen.

Zumal - sollte der Maulwurf tatsächlich aus dem Tuchel-Lager stammen - der nächste Ärger ins Haus stünde. Es wäre ein weiterer Stilbruch.

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Auch Hermann Gerland schießt gegen Salihamidzic

Dass die neuen Bayern-Bosse aber mittlerweile einen eigenen Stil pflegen, der ihn nun um die Ohren fliegt, ist offenkundig und dürfte auch Patriarch Hoeneß nicht entgangen sein. Und dass der ehemalige Co-Trainer Hermann Gerland am Sonntagvormittag bei "Sport1" freimütig erklärte, er habe den Klub wegen diverser Probleme mit Salihamidzic verlassen, passt nur allzu gut ins Bild. Auch die Kultfigur spürt, dass sich der Wind gedreht hat: "Das 'Mia san Mia'-Gefühl ist anders, als es vor zehn Jahren war".

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Dem Rekordmeister steht außerhalb des Platzes also ein hektisches Frühjahr bevor. Eigentlich Gift für die sportlichen Aufgaben in der Liga, im Pokal und in der Champions League. Dass die Bayern-Familie schnell zueinander findet, ist unwahrscheinlich.

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Lothar Matthäus wechselt zwischen Experten- und Legenden-Rolle

Nach ran-Informationen stößt der Klubführung in der Causa Matthäus besonders sauer auf, dass dieser sich bei Feierlichkeiten des Rekordmeisters jene rote Trachtenjacke, die den offiziellen FCB-Legenden vorbehalten ist, überstreift und trotzdem in seiner Rolle als Experte gegen den Verein schießt.

Seine kritischen Worte verzeiht man dem Weltmeister von 1990 nicht so leicht wie anderen Ex-Spielern wie Dietmar Hamann oder Markus Babbel, die ebenfalls regelmäßig für Schlagzeilen sorgen.

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Kahn und Salihamidzic müssen um ihren Ruf fürchten

Fakt ist: Der Kampf um die Deutungshoheit beim FC Bayern ist noch lange nicht vorbei. Kahn hat eine schnelle Aussprache mit Matthäus im Interview mit "Bild" jedenfalls vorerst ausgeschlossen.

Er weiß, dass der Lügen-Vorwurf ihm und Salihamidzic in der Branche schwer schaden kann. Für beide steht viel auf dem Spiel. Vielleicht geht es sogar um alles. Denn wer will schon mit Schwindlern Transfer- oder Gehaltsverhandlungen führen?

Die Bayern-Familie ist jedenfalls vorerst zertrümmert. Der Zwist wird weitergehen. Ausgang ungewiss.

Zwischen den Fronten droht das "Mia san Mia" zum leeren und seelenlosen PR-Slogan zu werden. Nur der sportliche Erfolg - am besten mit dem Gewinn des Triples - kann jetzt das Zerwürfnis schnell überdecken oder sogar vergessen machen.