Bundesliga
FC Bayern München: Leon Goretzka kämpft mit starker Leistung gegen abermaligen Abgesang an
- Veröffentlicht: 23.11.2024
- 01:08 Uhr
- Justin Kraft
Leon Goretzka ist schneller zurück in der Startelf des FC Bayern München, als es viele erwartet hätten. Seine Chance hat er gegen den FC Augsburg genutzt – auch weil er taktisch anders eingesetzt wurde als gegen den FC St. Pauli.
Max Eberl zeigte sich am Freitagabend nach dem 3:0 des FC Bayern München gegen den FC Augsburg etwas genervt, als er in der Mixed Zone auf die Zukunft von Leon Goretzka angesprochen wurde.
"Ich verstehe diese ganzen Nachfragen nicht", fing der Sportvorstand an: "Wir haben im Sommer mit dem Jungen gesprochen und er hat sich entschieden zu bleiben und wir haben seit dem 1. September nichts anderes gesagt, als dass er volles Mitglied dieses Kaders ist und er hat ja schon seine Einsätze gehabt."
Und weiter: "Ich finde, dass er es sehr, sehr ordentlich gemacht hat. Was dann die Zukunft bringt, das werden wir wieder mit dem Jungen besprechen." Für den Moment aber sei man "froh, dass er da ist".
Vielleicht sind es zwei Szenen, auf die man schauen muss, wenn man verstehen will, was Goretzka (ran-Note: 2 – zu den FCB-Noten) dem FC Bayern noch geben kann. Die erste war eine relativ unauffällige. Mitten in einem Konter der Augsburger grätschte der ehemalige Nationalspieler nach einem kleinen Sprint dazwischen.
Das Wichtigste in Kürze
Eine Qualität, die er in den letzten Jahren zunehmend zu verlieren schien. Oft wurde er dafür kritisiert, dass er nach Ballverlusten seiner Mannschaft nur nach hinten trabte und so gar nicht erst in die entscheidenden Zweikämpfe kam.
Die zweite Szene war ein herausragender Kopfball in der zweiten Halbzeit. Goretzka startete spät in den Augsburger Strafraum und verschaffte sich so Raum ohne einen Gegenspieler. Ungefähr vom Elfmeterpunkt aus köpfte er die Kugel in hohem Bogen auf die Latte.
FC Bayern: Leon Goretzka überzeugt als offensiver Achter
Ein Tor, das er sich für die gute Leistung verdient gehabt hätte. Eine Leistung, die unter Beweis stellt, dass Goretzka auch im System von Vincent Kompany funktionieren kann, wenn er gut eingebunden wird.
Am Freitagabend war das der Fall. Ein Grund dafür war, dass der Trainer ihn in leicht veränderter Rolle im Vergleich zum Gastspiel beim FC St. Pauli einsetzte.
Denn gegen Augsburg tauchte Goretzka viel häufiger in den Räumen auf, in denen er stark ist: Am und im gegnerischen Strafraum. Diese späten Tiefenläufe wie bei seinem Lattenkopfball machte er gegen St. Pauli nur selten. Entsprechend kam er auch nur zu einem Abschluss.
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Drei waren es gegen den FCA. Goretzka musste weniger im Spielaufbau aushelfen, was ihm nicht liegt. Dafür konnte er mit seinen Läufen dabei helfen, dass Jamal Musiala und Harry Kane mehr Raum haben, was ihm deutlich mehr liegt.
Goretzka ist kein spektakulärer Fußballer und auch gegen Augsburg hatten die großen Highlights eher seine Mitspieler. Auch seine Ausstrahlung entspricht nicht der Erwartungshaltung, die manchmal von außen an ihn herangetragen wird.
Fast schon schüchtern und zurückhaltend erledigt der Mittelfeldspieler seine Aufgaben auf dem Platz. Nicht extrovertiert, nicht besonders energisch. Aber das ist nicht wirklich sein Problem, sondern eines derjenigen, die diese Erwartungshaltung an ihn haben. Wenn er gut spielt, erledigt er seine Aufgaben unaufgeregt. Wenn nicht, wird ihm seine Art negativ ausgelegt.
Leon Goretzka: Seine Achterbahnfahrt beim FC Bayern
Auch weniger extrovertierte Spieler können wichtig sein. Goretzka hat das schon mal bewiesen. Seine Geschichte beim FC Bayern ist geprägt von Abgesängen auf ihn. Oft kam er zurück. Noch bevor er seine stärkste Phase beim Rekordmeister hinlegte, schrieben ihn viele im Duell mit Corentin Tolisso ab.
Doch Goretzka arbeitete sich still und ohne öffentliche Beschwerden ins Team, gewann das Triple als wichtiger Bestandteil der ersten Elf. Auch jetzt sind von ihm keinerlei Beschwerden zu vernehmen. "Wenn ich über die Gruppe rede, die haben im Training immer 100 Prozent Vollgas trainiert, Leon hat das auch gemacht", erklärte Kompany am Freitag bei DAZN. Deshalb habe er sich diesen Einsatz auch verdient.
Goretzka ist kein Unruhestifter oder jemand, der groß auf den Tisch haut. Das macht ihn als Teil der Gruppe, wie der Trainer es beschreibt, auch so wichtig. Richtig war und ist die Kritik an seinen Leistungen dennoch, die er in den letzten Jahren zeigte.
Richtig ist auch, dass eher nicht damit zu rechnen ist, dass der 29-Jährige nochmal dauerhaft den Sprung in die Startelf des FCB packt. Dafür ist er in der Spielgestaltung einen Tick zu langsam und auch technisch nicht sauber genug. Handlungsschnelligkeit in engen Räumen liegt anderen Spielern mehr.
Doch was sich gegen den FC Augsburg zeigte, ist, dass Goretzka eine Spezialwaffe für Kompany sein kann. Einer, der dem Team zusätzliche Tiefe im Angriffsspiel gibt, wenn der Gegner extrem tief verteidigt. Das kann er besser als all seine Konkurrenten im Mittelfeld.
Aleksandar Pavlovic und Joshua Kimmich sind deutlich komplettere und spielstärkere Mittelfeldspieler, die viel mehr von dem Abdecken, was Kompany in seinem System fordert. Aber manchmal braucht es einen Spieler, der ein radikaleres Element einbringen kann. Ähnlich wie einst Arturo Vidal unter Pep Guardiola.
Dank Goretzka: FC Bayern hat Palhinha am gegen Augsburg nicht vermisst
Eine andere Spezialwaffe wurde am Freitagabend jedenfalls nicht vermisst: Joao Palhinha. Die Verletzung des Portugiesen ist der Hauptgrund dafür, dass Goretzka in der Startelf stand.
Allerdings wird sich auch erst gegen Paris, Dortmund und Leverkusen zeigen, ob und wie sehr der Sommerneuzugang fehlt. Dann werden es Gegner häufiger in die Bayern-Hälfte schaffen als die Augsburger. Und im Ansatz zeigte sich dann eben doch wieder, warum Kimmich und Goretzka jüngst nicht mehr das Traumduo im Mittelfeld waren.
Augsburg fand durchaus Lücken im Sechserraum, wenn beide etwas zu sehr aufgerückt waren. Nur ausnutzen konnten sie diese nicht. Deshalb fielen die leichten Abstimmungsprobleme der Doppelsechs nicht auf.
Es ist sicher zu früh für das große "Hurra" im Fall von Goretzka. Aber niemand muss ihn zu einem Heilsbringer erheben, um nüchtern festzustellen, dass er den Bayern immer noch etwas geben kann. Und dass es vielleicht doch ganz gut war, dass er im Sommer trotz aller Möglichkeiten auf einen Wechsel geblieben ist.
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Für ihn persönlich muss sich der gute Auftritt gegen den FCA ebenfalls wie eine Erleichterung angefühlt haben. Bei all den mitunter sehr abschätzigen Kommentaren im Internet, die ihn zuletzt begleitet haben und den vielen Artikeln über seinen Absturz muss es ihm als Menschen und als Fußballer schwergefallen sein, weiter an sich zu glauben.
Gegen Augsburg hat er sich und den Bayern zumindest mal bewiesen, dass er immer noch ein ziemlich guter Fußballer ist. Auch auf diesem Niveau. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Und zusätzlich zu den zwei eingangs beschriebenen Szenen gab es ja auch noch eine dritte, die seinen guten Auftritt gegen den FCA krönte: Seine präzise und gefühlvolle Flanke in der Nachspielzeit veredelte Harry Kane zum 3:0.
Ein rundum gelungener Auftakt in eine Phase, die für Goretzka sehr wichtig ist. Um in den dann irgendwann anstehenden Gesprächen mit Eberl eine Lösung zu finden, die für alle Parteien gewinnbringend ist.