Bundesliga
FC Bayern München vs. Bayer Leverkusen: Kompany und Xabi Alonso in Taktik-Analyse
- Aktualisiert: 28.09.2024
- 08:31 Uhr
- Tobias Escher
Bayern München gegen Bayer Leverkusen. Xabi Alonso gegen Vincent Kompany. Beide Superstars folgen als Trainer der Philosophie ihres früheren Coachs Pep Guardiola, setzen jedoch eigene Akzente. Wir blicken vor dem Spitzenspiel auf die Spielweise beider Trainer.
Von Tobias Escher
Das Spitzenspiel Bayern München gegen Bayer Leverkusen am Samstag (im Liveticker) ist auch ein Duell der Fußball-Legenden.
Wenn sich die Trainer Xabi Alonso und Vincent Kompany die Hände schütteln, treffen die Träger von insgesamt 34 Titeln aufeinander. Kompany hat 14 gesammelt, gewann unter anderem viermal die Premier League. Alonso darf sich Weltmeister und zweimaliger Champions-League-Sieger nennen.
Der Spanier hat derweil als Trainer schon zwei Trophäen vorzuweisen, die der Belgier ihm unbedingt abluchsen möchte: Das Double aus Meisterschaft und DFB-Pokal.
Das direkte Aufeinandertreffen zwischen Titelverteidiger Bayer Leverkusen und Rekordmeister Bayern München wird der erste Fingerzeig sein, ob Alonso zumindest die Schale verteidigen kann – oder ob Kompany sein Titel-Portfolio erweitert.
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Alonso und Kompany: Beide sind Schüler Guardiolas
Obwohl die beiden Superstars nie gemeinsam auf dem Feld standen, weist ihre Vita Ähnlichkeiten auf. Beide haben die letzten Jahre ihrer Spielerkarriere unter Pep Guardiola verbracht. Der Katalane hatte großen Einfluss auf ihre Spielphilosophie.
So setzen beide als Trainer auf viele Elemente, die man vom Guardiola-Fußball kennt: Die Spieler sollen den Ball möglichst lange in den eigenen Reihen halten und zahllose kurze Pässe spielen. Eine Überzahl im Zentrum ist beiden Trainern wichtig. Notfalls rücken dafür die Außenverteidiger in den Sechserraum.
Allerdings sind Alonso und Kompany keine Guardiola-Klone. Sie setzen ihre eigenen Akzente. So ist das Positionsspiel beider Trainer wesentlich freier als das ihres Trainervaters. Alonso fordert von seinen Spielern, immer wieder aktiv die Positionen zu tauschen. Gerade Florian Wirtz genießt viele Freiheiten. Die Positionsrochaden der Werkself sind dabei stets ausgeklügelt, sodass Leverkusen das Feld weiterhin gleichmäßig besetzt.
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Vincent Kompany: Offenes Visier!
Kompany taktierte in seinen ersten Wochen als Bayern-Trainer noch radikaler: Seine Spieler vollführen nicht nur kleine Rochaden, sondern tauschen auf dem ganzen Feld munter ihre Rollen. Da kann es schon einmal vorkommen, dass Jamal Musiala zwischen den Innenverteidigern auftaucht oder Linksverteidiger Alphonso Davies als vorderster Angreifer in den Strafraum stürmt.
Beide Trainer wollen mit den Positionswechseln gegnerische Defensivreihen durcheinanderwirbeln. Gerade gegen Verteidiger, die eng am Mann kleben, sind solche Positionswechsel wirksam. Die Angreifer ziehen die gegnerischen Abwehrspieler aus ihrer Position – und die vorstürmenden Außenverteidiger besetzen die freiwerdenden Räume.
Kompanys Spiel war in den ersten Wochen wesentlich riskanter als das von Alonso. Während Alonso stets auf eine starke Absicherung im 3-2-Aufbau besteht, agieren Kompanys Spieler mit offenem Visier. Die Bayern-Verteidiger müssen gegnerische Angriffe im Eins-gegen-Eins stoppen. Das Pressing der Bayern ist ein riskantes Mann-gegen-Mann, während Leverkusens Pressing eine raumorientiertere Restverteidigung vorsieht.
Kompany vs. Alonso: Risiko gegen Vorsicht
Hier schlummert der große Unterschied beider Trainer: Kompany denkt in seiner Fußballphilosophie offensiver als Alonso. Mit dem Premier-League-Aufsteiger Burnley wollte Kompany auch in der obersten Spielklasse Ballbesitzfußball spielen – und stieg sofort wieder ab.
Alonsos erste Tat als Bayer-Trainer hingegen lautete, die eigene Defensive zu stärken. Im ersten Halbjahr unter dem Spanier spielte die Werkself Konterfußball im 5-2-3. Erst als die Defensive stabil stand, erweiterte er das Leverkusener Spiel um neue Elemente im Angriff und Ballbesitzspiel.
Alonsos Team dominierte die Liga. Der Trainer war sich trotzdem nicht zu schade, in wichtigen Spielen auf einen defensiveren Ansatz umzustellen. So konterte er Thomas Tuchels Bayern beim 3:0-Sieg im Rückspiel gnadenlos aus. Leverkusens Ballbesitzwert lag bei 39 Prozent. Kompany stellte in Burnley hingegen erst auf weniger Ballbesitz um, als der Verein schon abgeschlagen auf den Abstiegsrängen stand.
Alonso und Kompany: Welches Ass haben beide Trainer in der Hinterhand?
Vor dem ersten direkten Duell beider Trainer schwirren noch viele Fragezeichen umher. Bayer-Coach Alonso kämpft mit einer Flut an Gegentoren. An den ersten vier Bundesliga-Spieltagen kassierte seine Elf bereits neun Treffer. In der gesamten Hinrunde der vergangenen Saison waren es zwölf.
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Das Fundament, das Alonso einst gelegt hatte, ist nicht mehr intakt. Das liegt auch an den Verpflichtungen, die er integrieren muss. Je mehr Neulinge in der Startelf stehen, umso löchriger wirkt die Bayer-Defensive. So greift besonders das Gegenpressing, also das Nachsetzen nach einem Ballverlust, nicht immer. Gegen die Bayern dürfte Alonso daher auf bewährte Kräfte setzen, auch wenn Spieler wie Abwehrchef Jonathan Tah derzeit ihrer Form hinterherlaufen.
Fraglich ist vor allem, wie viel Risiko Alonso wagt. Die Gäste könnten sich in der Allianz Arena zurückziehen. Bayer würde dann im kompakten 5-4-1 verteidigen anstatt im 3-4-3 nach vorne zu stürmen. In diesem Fall würde Leverkusen auf überfallartige Konter setzen. Vor allem auf den Flügeln sind die Bayern hierfür anfällig.
FC Bayern: Wie viel Risiko wagt Kompany?
Kompany steht ebenfalls vor der Frage, wie viel Risiko er im Spitzenspiel wagen soll. Sein riskantes Mann-gegen-Mann funktionierte bisher. Die Bayern trafen dabei aber ausschließlich auf Gegner, die weit unterhalb ihrer Augenhöhe agierten.
Werden die riskanten Positionswechsel und das hohe, mannorientierte Pressing auch gegen Leverkusen zum Einsatz kommen? Die Eins-gegen-Eins-Absicherung dürfte gegen Sprinter wie Jeremy Frimpong zu riskant sein. Gerade auf den Außenverteidiger-Positionen könnte Kompany defensiver aufstellen. Vielleicht hat der Belgier aber auch einen alternativen Plan zum eigenen 4-2-3-1 in der Hinterhand, den er bislang noch nicht gezeigt hat.
Erfahren werden wir dies am Samstagabend. Es ist im Übrigen nicht das erste Aufeinandertreffen der beiden Superstars. Als Spieler begegneten sie sich siebenmal. Fünfmal gewann Alonso, Kompany nur einmal. Als Trainer geht es jedoch wieder bei 0:0 los.