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FC Bayern München will Harry Kane: Transfer-Insider Michael Reschke bewertet die Chancen des Rekordmeisters

  • Aktualisiert: 10.08.2023
  • 13:45 Uhr
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Auf der Suche nach einer neuen Nummer 9 haben sich die Bayern offenkundig auf Harry Kane festgelegt. Doch wie realistisch ist eine Verpflichtung des englischen Top-Stürmers wirklich? Im Interview mit ran bewertet Transfer-Experte Michael Reschke die Chancen der Münchner.

Von Stefan Kumberger

Michael Reschke, selbst von 2014 bis 2017 technischer Direktor des FC Bayern München, hat die Transferziele seines Ex-Klubs genau im Blick. Der 65-Jährige ist absoluter Transfer-Insider und koordiniert zudem das Europa-Geschäft der namhaften Spielerberater-Agentur "Stellar".

ran: Herr Reschke, ist Harry Kane für den FC Bayern der Heilsbringer, für den ihn viele halten?

Michael Reschke: Ich tue mir mit dem Begriff "Heilsbringer" schwer. Aber wenn man einen Harry Kane verpflichtet, bekommt man einen der drei besten Stürmer der Welt. Er macht jede Mannschaft besser, keine Frage.

ran: Immerhin hätten Kingsley Coman, Leroy Sane und Serge Gnabry endlich wieder einen Vollstrecker an ihrer Seite, der ihre Vorlagen verwandeln kann. Sie stünden nicht mehr ganz so in der Pflicht, oder?

Reschke: Alle drei sind torgefährlich, aber vor allem gute Vorbereiter. Ein Kane-Transfer wäre für die gesamte Mannschaft gut. Kane ist ein Torgarant. Er würde in der Bundesliga sicher mehr als 20 Tore pro Saison schießen.

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ran: Wie heiß ist der Transfer aktuell aus Ihrer Sicht?

Reschke: Einen englischen Top-Spieler zu bekommen, ist sehr schwer. Die haben alle eher die Tendenz, in ihrem Heimatland bleiben. Die Engländer sind nun mal so geeicht und zudem ist die Premier League die beste Liga der Welt. Das Geld spielt eine Rolle, aber nicht nur. Bei Kane ist die Situation für alle Beteiligten sehr schwer.

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Reschke über Kane: Wechsel innerhalb Londons schwer vorstellbar

ran: Wie meinen Sie das?

Reschke: Er hat nur noch ein Jahr lang Vertrag und ist die absolute Identifikationsfigur der Spurs. Er hat für Tottenham eine Bedeutung wie Thomas Müller für den FC Bayern. Für die Londoner wäre es daher ein Worst-Case-Szenario, ihn 2024 ablösefrei abgeben zu müssen. Es bleiben also zwei Möglichkeiten. Ich weiß, dass man in Tottenham intensiv an einer Vertragsverlängerung arbeitet.

ran: Und die zweite Option?

Reschke: Es kann sein, dass Kane sagt: "Bei allem Respekt und bei meiner Liebe zu Tottenham – ich sehe hier keine große Wahrscheinlichkeit, irgendwann die Premier League zu gewinnen". Und damit hat er Recht. Chelsea, Arsenal, Liverpool und Manchester City sind meines Erachtens stärker. Vielleicht kommt Tottenham nicht mal in die Champions League.

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ran: Ist das der Punkt, an dem die Bayern bei den Verhandlungen ansetzen können?

Reschke: Sie können ihm jedenfalls die Aussicht auf den Champions-League-Titel bieten. Mit ihm wären sie vielleicht nicht Favorit in der Königsklasse, aber auf jeden Fall ein Kandidat.

ran: Aber die Konkurrenz im Kampf um Kane ist stark…

Reschke: Tottenham würde sich sehr schwertun, ihn innerhalb von London zu verkaufen. Damit fallen Arsenal und Chelsea weg. Real Madrid will spätestens 2024 Mbappe holen und Manchester City hat Haaland. In Liverpool haben sie Salah und eindeutig andere Transferziele. Barcelona hat Lewandowski. Es bleiben also nur Manchester United und der FC Bayern. Es ist aber unklar, mit welcher Wucht United eine Verpflichtung von Harry Kane angeht. Dort lotet man noch die Transfer-Schwerpunkte aus.

ran: Also hat Bayern gute Chancen, oder?

Reschke: Die Münchner sind immer noch unter den Top6 Europas – auch wenn das vergangene halbe Jahr schwach war. Die bisherigen Transfers von Konrad Laimer und Raphael Guerreiro waren sehr intelligent. Wenn jetzt noch Kane dazukäme, sind sie Anwärter auf den Champions-League-Titel. Das sind Gedanken, die auch Kane hat. Die deutsche Meisterschaft ist für ihn nebensächlich, die ist kein entscheidendes Argument.

ran: Aber das wäre immerhin sein erster Titel.

Reschke: Er würde in fünf Jahren vermutlich vier- oder fünfmal die Meisterschaft gewinnen und drei- bis viermal den DFB-Pokal holen. Seine Priorität dürfte aber eindeutig auf der Champions League liegen – und die kann er in München durchaus holen.

ran: Gehen die Bayern denn all-in bei Kane? Wird es ein 100-Millionen-Transfer? Sie brauchen schließlich unbedingt eine Nummer 9 und Alternativen wie Victor Osimhen sind fast unbezahlbar.

Reschke: Wenn die Münchner tatsächlich eine Alternative zu Kane finden und die auch finanzieren können, würde ich ihnen gratulieren. Aber diese Option sehe ich nicht.

ran: Was passiert denn dann mit Leuten wie Mathys Tel und Eric Maxim Choupo-Moting?

Reschke: Harry Kane wird alle Spiele spielen wollen, das ist klar. Choupo-Moting wäre dann ein Top-Ersatz. Tel würde vermutlich kaum spielen, deswegen wird es für die Bayern eine Herausforderung, für ihn einen Karriereplan zu entwickeln. Wenn Kane kommt, blockiert er schließlich für die nächsten zwei, drei Jahre die Mittelstürmer-Position. Das wird spannend.

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Reschke: Tel könnte nach Tottenham wechseln

ran: Vorausgesetzt Kane verlässt die Spurs: Welche Optionen bleiben den Engländern denn dann?

Reschke: Tottenham befindet sich in einer sehr problematischen Situation. Kane ist für sie nicht adäquat zu ersetzen, keine Chance. Ein interessanter Gedanke wäre vielleicht, dass die Münchner Tel an die Spurs verleihen. Das wäre sicher ein wenig ungewöhnlich, aber man muss aktuell in alle Richtungen denken. Man gäbe den Engländern damit die Möglichkeit, sich vielleicht auf anderen Positionen zu verstärken. Dass sie Kane noch ein Jahr halten und dann ablösefrei abgeben, kann ich mir nicht vorstellen. Die Spurs werden intern sicherlich eine Mindestablöse besprochen haben, die sie auf jeden Fall haben möchten.

ran: Die ersten Angebote der Bayern wurden ja bereits abgelehnt.

Reschke: Richtig. Aber wenn sie 70 Millionen bieten, rechnen die Bayern-Bosse ja nicht ernsthaft damit, dass sie Kane dafür bekommen. Das ist viel Geld, aber die Münchner wollten damit nur dokumentieren, dass es ihnen mit dem Spieler ernst ist. Der erste Stein wurde damit ins Rollen gebracht und Kane registriert dadurch, dass man ihn wirklich haben will. Jetzt kann er abwägen, was Tottenham oder Manchester United ihm finanziell und vor allem sportlich bieten können. In diesem Dreieck zwischen den drei Klubs werden sich Kane und seine Familie jetzt ständig bewegen und alle Optionen abwägen.

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ran: Ihre Worte könnte man so zusammenfassen, dass der FC Bayern die besten Chancen hat.

Reschke: Sie sind jedenfalls absolut im Rennen. Die Wahrscheinlichkeit, dass sie Kane bekommen, liegt derzeit bei 50 Prozent, würde ich sagen.

ran: Nur 50 Prozent? Nicht mehr?

Reschke: Nein, aber 50 Prozent sind in dieser Phase viel. Die Bayern sind für Kane eine absolute Alternative.

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Reschke: Entscheidendes Votum kommt von Hoeneß und Rummenigge

ran: Wie lange wird sich der Entscheidungsprozess hinziehen? Die Bayern haben ja Transferperioden hinter sich, in denen man lange abwartete. Im Sommer 2022 hatte man dagegen den Kader relativ schnell zusammen.

Reschke: Für die Bayern kommt es jetzt darauf an, die Refinanzierung des Transfers abzuklären. Wenn Kane tatsächlich kommen sollte, haben sie im Kader ein Überangebot und sie müssen Spieler verkaufen. Das ist völlig klar. Dementsprechend lässt sich nicht sagen, wie schnell der Kane-Transfer über die Bühne gehen könnte. 

ran: Sind Uli Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge aktuell die "Gamechanger" auf dem Transfermarkt? Sie sind beide gut vernetzt und absolute Fachleute.

Reschke: Die aktivste Rolle in der aktuellen Konstellation der Bayern hat eindeutig Marco Neppe als technischer Direktor. Er kennt den Markt am besten, daran gibt es nichts zu rütteln. Wenn es aber jetzt um solche Investment-Fragen geht, spielt Jan-Christian Dreesen als CEO eine große Rolle. Er trägt schließlich die Hauptverantwortung. Aber: Uli Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge haben den Klub stark geprägt. Ihrer Arbeit ist es verdanken, dass der FC Bayern überhaupt solche Investments stemmen kann. Wenn die beiden den Daumen heben, ist das das entscheidende Votum. Die ersten Kontakte zu vielen Spielern, die aktuell gehandelt werden, kamen aber schon durch Neppe und Hasan Salihamidzic zustande. Ein Raphael Guerreiro kommt nicht wie Kai aus der Kiste nach München. Da gab es entsprechende Vorbereitungen.