Bundesliga
FC Bayern München - Mathys Tel: Warum läuft es unter Kompany nicht läuft
- Aktualisiert: 21.09.2024
- 14:41 Uhr
- Justin Kraft
Der FC Bayern München ist gut in die Saison gestartet. Mathys Tel, einer der Gewinner der Vorbereitung, ist jedoch einer der frühen Verlierer beim Rekordmeister. ran geht auf Spurensuche.
An Mathys Tel scheint vieles abzuprallen, was das moderne Fußballgeschäft auszeichnet. Einiges geht gar komplett an ihm vorbei. Seit der Franzose 2022 für 20 Millionen Euro zum FC Bayern München gewechselt ist, lässt er sich nicht beeindrucken vom Drumherum.
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Drumherum, das bedeutet, dass es immer mal wieder Gerüchte um ihn gab. Transfers, Unzufriedenheiten, Zweifel an seiner Qualität oder auch mal überschwängliches Lob – all das spielt für ihn, zumindest ist das der Eindruck, so gar keine Rolle.
Keine Rolle spielt Tel allerdings aktuell auch beim FC Bayern, wo er während der Sommervorbereitung noch als großer Gewinner galt – und nun zusehen muss, überhaupt Spielzeit zu erhalten. Thematisiert wird das nur selten, doch seine aktuellen Leistungen sind durchaus besorgniserregend.
Bisher kommt der flexibel einsetzbare Offensivspieler nur auf drei Einsätze und 136 Minuten. Ein Tor oder eine Vorlage sind ihm dabei noch nicht gelungen. Stattdessen wirkt Tel verunsichert und überdreht, will unbedingt zeigen, was er kann. Nur gelingen will ihm derzeit wenig.
Das Wichtigste in Kürze
Kein Wunder also, dass Vincent Kompany derzeit auf formstarke Spieler wie Serge Gnabry oder Jamal Musiala sowie den Neuzugang Michael Olise setzt. Auch die Rückkehr von Leroy Sane, der Verbleib von Kingsley Coman und der gefühlt neunte Frühling in der Karriere von Thomas Müller vereinfachen die Situation für Tel nicht. Bleibt die Frage, wie das nach einer starken Vorbereitung passieren konnte – und wie seine Perspektive in München aussieht.
Mathys Tel: Unfassbar reif für sein Alter
Schaut man sich seinen Umgang mit dem sportlichen Tief an, vergisst man ganz gern mal, dass der Stürmer erst 19 ist. Gerade in den letzten Jahren kam es häufig vor, dass Spieler in seinem Alter an Selbstüberschätzung leiden oder ungeduldig werden.
Unüberlegte Interviews oder das Aufstellen von Forderungen sind längst keine Seltenheit mehr, wenn insbesondere das Umfeld dieser Spieler die große Karriere ihres Schützlings gefährdet sieht. Nicht so bei Tel.
An Angeboten oder Interessenten wird es bei ihm nicht mangeln. Immer mal wieder wurde er beispielsweise mit einem Wechsel in die Premier League in Verbindung gebracht. Lange dauerte es nicht, bis das nächste Treuebekenntnis zum FC Bayern kam.
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"In meinem Kopf gibt es nur den FC Bayern", sagte er beispielsweise im August 2023 in einem Interview mit "Sky": "Der FC Bayern ist für mich der beste Klub der Welt. Ich mag es, für diesen Verein zu spielen. Ich will hierbleiben. Immer."
Worte, die in der heutigen Fußballwelt gern skeptisch beäugt werden, denen Tel bisher aber Taten folgen ließ. Nicht mal eine Leihe war für ihn eine Option. Er will es in München schaffen, gibt sich dabei ambitioniert, selbstbewusst, aber eben auch geduldig.
Unruhe gibt es nicht mal durch seinen Berater, der inmitten einiger Gerüchte diesen Sommer im Gespräch mit Fabrizio Romano sagte: "Mathys kann es kaum erwarten, mit Vincent Kompany zusammenzuarbeiten." Der Rechtsfuß hat eine Einstellung, die bei den Fans gut ankommt. Obwohl er längst kein Schlüsselspieler ist, zählt er zu den beliebtesten Profis beim Anhang des FCB.
Mathys Tel: Vom Durchstarter zum Bankdrücker
Umso mehr freuten sich die Bayern-Fans, als Tel in der vergangenen Saison so richtig durchstartete. Als Joker erzielte er Tore und bereitete vor, trug zu einem starken Start in die Spielzeit bei – bekam von Thomas Tuchel aber dennoch nicht die Chance, es von Beginn an zu zeigen.
Ein Hinhalten, das ihm irgendwann das Momentum und damit auch die Form nahm. Erst im Verlauf der Rückrunde fand Tel zurück zu seinen Stärken, durfte dann auch etwas häufiger von Beginn an ran. Zehn Tore und sechs Vorlagen gelangen ihm in allen Wettbewerben in nur 1.406 Minuten. Das ist im Schnitt etwas mehr als eine Torbeteiligung pro 90 Minuten.
Hoffnungsvoll blickte man in München deshalb auf die starke Vorbereitung des Stürmers. Sowohl im Training als auch in den meisten Testspielen wusste er zu überzeugen. Hinzu kam, dass seine Konkurrenz entweder im verlängerten EM-Urlaub oder im Fall von Olise bei Olympia war. Alles bereit also für einen erneut starken Saisonstart.
Der aber blieb aus. Im Pokal blieb Tel gegen Ulm blass, zum Bundesliga-Auftakt in Wolfsburg saß er 90 Minuten lang auf der Bank. Gegen Freiburg und Kiel konnte er das Spiel erneut nicht positiv beeinflussen, machte einige Fehler. Im Gespräch mit dem "kicker" erkannte er selbstkritisch, "dass ich nicht gut gespielt habe in den ersten drei Spielen" und dass seine Nicht-Berücksichtigung derzeit gerechtfertigt sei.
Mathys Tel: Kein Flügelspieler?
Die große Frage ist, woran er gescheitert ist. Erklären lässt sich seine Situation kaum. Immer wieder gibt es die Argumentation, dass Tel kein Flügelspieler sei. In der Vorbereitung profitierte er unter anderem davon, dass Harry Kane erst spät dazukam. So konnte er in zentraleren Positionen spielen und seine Stärken bei Tiefenläufen sowie im Abschluss und Kombinationsspiel einbringen.
Tel ist schnell, gut im Dribbling, wirkt auf dem Flügel aber zweifellos manchmal etwas verloren. Insbesondere auf der linken Seite, wo beim FC Bayern oft die Unterstützung fehlt, weil Raphael Guerreiro gern in die Mitte zieht und Alphonso Davies selbst seiner Form hinterherläuft.
Beim reinen Blick auf die Torbeteiligungen lässt sich allerdings nicht bestätigen, dass Tel eine klar favorisierte Position hätte. Als Linksaußen hat er sogar eine sehr starke Quote: Sieben Tore und vier Assists in 28 Einsätzen und 934 Minuten – 1,06 Torbeteiligungen alle 90 Minuten. 0,77 sind es als Stürmer, ebenfalls 1,06 als Rechtsaußen.
Dahingehend könnte man also fast die gegenteilige These aufstellen: Tel ist ein Flügelspieler. Ganz so einfach ist es dann aber auch nicht.
Mathys Tel: Der FC Bayern muss seine Rolle finden
Denn die Beobachtungen speisen sich nicht durch die Anzahl seiner Tore oder Vorlagen. Auf der Außenbahn fehlt Tel oftmals die Anbindung zum Spiel. Dennoch bedeutet das nicht, dass das Top-Talent grundsätzlich kein Flügelspieler ist.
Eher muss thematisiert werden, wie er am besten ins Kollektiv integriert werden kann. Mit einem einrückenden Außenverteidiger muss Tel eher die Breite halten.
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Ein Spiel, das ihm schon deshalb nicht liegt, weil er zu weit vom Tor entfernt ist. Kann er aber einrücken, sich weiträumig bewegen und die Lücken in der gegnerischen Abwehrkette suchen, ist es egal, ob er nominell als Stürmer oder Außenspieler aufgestellt ist.
Kompanys dynamisches System dürfte ihm hier eigentlich entgegenkommen. Zumindest deutlich eher als das sehr statische System von Vorgänger Thomas Tuchel. Vielleicht bedarf es auch keiner rationalen Erklärung dafür, dass Tel derzeit noch nicht in Form ist.
FC Bayern und Mathys Tel: Gemeinsam geduldig
Zumindest ist nicht nur der Franzose aktuell noch tiefenentspannt. Auch der FC Bayern übt sich in Geduld. "Ich war auch mal ein junger Spieler", sagte Kompany auf der Pressekonferenz vor dem Spiel gegen Werder Bremen: "Das ist ganz normal. Er muss einfach weitermachen."
"Er gibt richtig Gas. Die Trainer waren in der Vorbereitung richtig glücklich", sagte auch Sportdirektor Christoph Freund: "Er ist selbstkritisch, macht sich viele Gedanken und arbeitet sehr hart. Ich mache mir da gar keine Sorgen." Eine Leihe käme deshalb im Moment auch nicht infrage.
Sollte sich Tels Situation nicht verbessern, wird man im Winter wahrscheinlich dennoch prüfen, ob ein solches Modell Sinn ergeben könnte. Doch der Glaube daran, dass Tel bald wieder zu alter Stärke findet, überwiegt.
Und so ist das Thema um Tels Formlosigkeit derzeit kein wirklich Großes. Es prallt eben am Franzosen ab. Weil er eine Reife und eine Selbstreflexion mitbringt, die in Kombination mit seinem Talent nach wie vor ein großes Versprechen für die Zukunft darstellen.