Bundesliga
Borussia Dortmund als Pulerfass: Diese Baustellen muss der BVB schließen
- Aktualisiert: 09.03.2024
- 11:57 Uhr
- Justin Kraft
Borussia Dortmund steht möglicherweise vor einer großen Zerreißprobe. Der BVB ist ein Pulverfass, das bald zu explodieren droht. Diese Großbaustellen müssen bald geschlossen werden.
Neun Pflichtspiele, fünf Siege, eine Niederlage gegen Hoffenheim, Unentschieden in Heidenheim, Eindhoven und Wolfsburg – Dortmunds Bilanz im Jahr 2024 ist bisher ausbaufähig.
Die Situation ist dabei alles andere als neu. Seit Jahren tritt der BVB auf der Stelle, jetzt gibt es sogar Anzeichen dafür, dass nicht mal das mehr gelingt. Es droht über die Saison hinaus gesehen der Verlust des sicher geglaubten zweiten Platzes hinter dem FC Bayern in der Liga.
Während die Konkurrenz in den vergangenen Monaten und Jahren an den richtigen Stellschrauben gedreht hat, stolpern die Schwarzgelben von Spieltag zu Spieltag und hoffen dabei auf einen Lauf, wie man ihn in der Rückrunde der vergangenen Saison hatte.
Nach außen findet man keine selbstkritische Linie, nach innen gibt es offenbar Uneinigkeit über die sportliche Ausrichtung. Borussia Dortmund ist ein Pulverfass.
Das Wichtigste zur Bundesliga in Kürze
Mit Blick auf die kommenden Wochen könnte dieses bald explodieren. Denn der BVB hat offene Großbaustellen, die man kurzfristig nicht wird schließen können.
BVB: Es fehlt eine klare Linie
Schon die Suche nach einer Antwort auf eine vermeintlich einfache Frage lässt tief blicken: Wofür soll Borussia Dortmund stehen? Schaut man sich die Transfers der vergangenen Perioden an, fällt es schwer, einen roten Faden zu erkennen.
Man hat in den letzten Jahren viel Geld für Durchschnitt ausgegeben. Felix Nmecha und Marcel Sabitzer kosteten im vergangenen Sommer gemeinsam 49 Millionen Euro. Für Karim Adeyemi überwies man 30 Millionen Euro nach Salzburg, Anthony Modeste, Julian Ryerson und Salih Özcan kosteten um die fünf Millionen Euro.
Nun lässt sich bei jedem Spieler gewiss darüber diskutieren, warum der BVB ihn verpflichtet haben könnte. In Summe war bei zu vielen von ihnen aber absehbar, dass sie nicht einschlagen würden.
Nicht immer liegt das an den Spielern selbst. Viel mehr ist es die fehlende Grundausrichtung der Dortmunder. Fußballerisch steht man prinzipiell für nichts mehr. War man einst bekannt für aufregenden Umschalt- und Offensivfußball, ist der heutige BVB farb- und ideenlos.
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Borussia Dortmund: Eine seltsame Transferpolitik
Das lässt sich dann eben auch auf die Transferpolitik übertragen. Was will man eigentlich? Junge Talente, die sich bei einem aufregenden Klub an der Schnittstelle zu den Top-Klubs entwickeln können? Das ist längst nicht mehr der Fall. Junge Spieler gehen eher zu anderen Vereinen als zum BVB. Denn an der Schnittstelle zu den Top-Klubs arbeitet man seit Jahren nicht mehr.
Als die Fragen nach der Mentalität des Klubs immer größer wurden, fing man irgendwann an, selbst etwas von Mentalitätsspielern zu erzählen. Das Problem: Wie ist Mentalität definiert? Ein Spieler kann mental für alle Eventualitäten gewappnet sein, doch wenn er nicht in der Lage ist, dem Team fußballerisch weiterzuhelfen, wird sich nichts ändern.
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Dortmund hat irgendwann in den letzten Jahren sein Gefühl für gutes Scouting verloren. Stattdessen sitzt man jetzt auf einem an vielen Stellen überbezahlten Kader. Gespickt mit Spielertypen, die sich derart ähnlich sind, dass die Probleme sich eher multiplizieren als sich zu reduzieren.
Intern liegt beim BVB wohl einiges im Argen
Nach außen ist man stets bemüht, ein harmonisches Bild abzugeben. Doch schon im vergangenen Transfersommer wurde deutlich, wie unterschiedlich die Vorstellungen von Edin Terzic und Sebastian Kehl beispielsweise sind. Wochenlang arbeitete der BVB damals an einem Transfer von Edson Alvarez. Das wurde von verschiedenen Medien unabhängig voneinander berichtet.
Am Ende platzte der Deal wohl auch wegen Terzic, der sich auf Emre Can als Sechser festlegte. Ob Alvarez der bessere Mann gewesen wäre, ist gar nicht so wichtig. Dass man sich aber offenbar über Wochen hinweg mit der Personalie auseinandersetze und sogar schon kurz vor einer Verpflichtung gestanden haben soll, ist vielsagend mit Blick auf die internen Prozesse.
Auch mit Mats Hummels soll Terzic aktuell Schwierigkeiten haben. Wie die "Bild" berichtet, gibt es zwischen beiden unterschiedliche Vorstellungen darüber, wie die taktische Ausrichtung aussehen sollte. Der Trainer begründete den Bankplatz des Weltmeisters von 2014 zuletzt mit Leistung. Doch wie glaubhaft ist das?
Edin Terzic bringt den BVB nicht voran
Taktisch stolpert Borussia Dortmund seit Monaten immer wieder über dieselben Themen: Spielaufbau, Passivität, Übergang vom Mittelfeld ins Angriffsdrittel. Terzic findet dafür keine Lösungen. In guten Phasen profitiert er von der individuellen Qualität seines Teams. Gerade in der Rückrunde der vergangenen Saison hatte Dortmund einen guten Lauf, ohne dabei stets zu überzeugen.
Die Probleme wurden in Zeiten des Erfolgs aber ignoriert – auch weil der FC Bayern so schlecht abschnitt wie schon lange nicht mehr und dem BVB damit beinahe die Meisterschaft geschenkt hätte. Noch heute argumentiert Terzic lieber mit kombinierten Jahrestabellen, als den Ernst der Lage klar zu benennen. In Dortmund lullt man sich auf allen Ebenen mit Ausreden und Schönrederei selbst ein.
Obwohl er einen sehr guten Draht zu Watzke hat und damit auch großen Einfluss auf die Transferpolitik, kann Terzic dem Team seit Amtsantritt keine eindeutige Handschrift vermitteln, schwankt immer wieder zwischen Ausrichtungen und Systemen, die mal mehr, mal weniger gut funktionieren. Er bringt den BVB damit aber nicht voran.
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In aller Fairness trifft das auf seine Vorgesetzten aber ebenfalls zu. Auch die haben es im vergangenen Sommer versäumt, aus dem bitteren Saisonfinale die richtigen Schlüsse zu ziehen. Doch der Trainer ist nun mal das Zahnrad, das den größten Einfluss auf kurzfristigen Erfolg hat.
Schattentrainer Nuri Sahin steht bereit
Die Ergänzung von Nuri Sahin und Sven Bender im Trainerteam von Terzic war bereits ein erstes Eingeständnis des BVB, dass man ihm den Turnaround nicht mehr zutraut.
Gebracht hat das bisher wenig. In den kommenden Wochen geht es unter anderem gegen Eindhoven, Frankfurt, Bayern, Stuttgart, Leverkusen und Leipzig. In der Hinrunde war das eine Phase, in der die Krise von Borussia Dortmund so richtig ausbrach. Immerhin: Einige dieser Teams empfängt man daheim.
Doch in der aktuellen Verfassung wird es schwer, diese Phase mit einer zufriedenstellenden Punkteausbeute zu beenden. Dass man mit Sahin bereits einen Trainer in der Hinterhand hat, macht es dem BVB einfacher, die Reißleine zu ziehen.
Die Probleme aber wird man auch damit nicht einfach vom Tisch wischen können. Dortmund braucht eine Umstrukturierung, Personal, das dazu in der Lage ist, diese Umstrukturierung anzupacken – und Geld. Denn finanziell, das wurde in den vergangenen Transferperioden recht deutlich, ist man längst nicht mehr so rosig aufgestellt.
Schon deshalb ist die aktuelle Situation bedrohlicher, als man es nach außen verkauft und verkaufen möchte. Das Pulverfass, es könnte bald explodieren.