Champions League
FC Bayern - Jean-Marie Pfaff kontert Matthäus-Kritik an Jonas Urbig: "Verstehe nicht, dass er da nicht mitdenkt"
- Aktualisiert: 12.03.2025
- 09:59 Uhr
- Andreas Reiners
Auf Jonas Urbig wartet am Dienstag (ab 21:00 Uhr im Liveticker) im Achtelfinal-Rückspiel seines FC Bayern bei Bayer Leverkusen eine spezielle Aufgabe. Jean-Marie Pfaff verteidigt den 21-Jährigen - kann sich einen Seitenhieb aber nicht verkneifen.
Jean-Marie Pfaff erinnerte sich sofort an die eigene Karriere.
Die belgische Torwart-Legende war zwar keine 21 Jahre alt wie Jonas Urbig, aber laute mediale Unkenrufe gab es vor dem WM-Spiel 1982 gegen Argentinien trotzdem.
"‘Oh, oh, der Jean-Marie, der bekommt fünf Tore gegen Diego Maradona‘, hieß es. In den Medien hatten wir schon verloren", sagte Pfaff im Gespräch mit ran: "Und am Ende haben wir mit 1:0 gewonnen."
- Bayer Leverkusen vs. FC Bayern München im Ticker
- Florian Wirtz bekommt bittere Diagnose - Nationalspieler fällt verletzt aus
- Goretzka spricht vor Spiel bei Bayer: "Kann einer Mannschaft immer helfen"
Soll kurz und knapp heißen: Urbig soll sich beim brisanten Achtelfinal-Rückspiel des FC Bayern bei Bayer Leverkusen am Dienstag (ab 21:00 Uhr im Liveticker) schlicht und ergreifend keinen Kopf machen.
Auch wenn die eigene Spielpraxis übersichtlich, dafür aber die Bühne mit der Champions League riesig ist.
Das Wichtigste in Kürze
FC Bayern - Pfaff über Urbig: "Dann wird er ein großes Spiel machen"
"Das wird sicher nicht leicht, denn es ist nicht einfach, einen Manuel Neuer zu ersetzen. Er muss sich nur darauf konzentrieren, dass er gut trainiert hat, denn du spielst, wie du trainierst. Und daran muss er glauben. Und wenn er das macht, wird er ein großes Spiel machen", sagte Pfaff.
Darauf hoffen auch die Bayern, die Urbig nach dessen Verpflichtung im Winter durch die Neuer-Verletzung früher ins kalte Wasser werfen als gewollt, aber dem Youngster im Rahmen des Transfers Einsätze zugesichert hatten.
Die hat er sich aber wohl auch verdient, denn vor allem starke Trainingsleistungen sollen ihn in der Torhüter-Hierarchie hinter Neuer auf Platz zwei vor Daniel Peretz und Sven Ulreich katapultiert haben. So soll er laut der "Bild" beim Torschusstraining bei den gehaltenen Bällen starke Werte vorweisen können. Das Bundesliga-Debüt gegen den VfL Bochum verlief am Samstag beim 2:3 zwar fehlerfrei, aber unter dem Strich unglücklich.
Wie die Torhüter-Hierarchie in den kommenden Wochen und Monaten offiziell aussehen wird, will Trainer Vincent Kompany "in den nächsten Tagen, Wochen ganz ruhig besprechen, damit alles super deutlich ist. Die Öffentlichkeit ist nicht die richtige Plattform dafür".
Urbig hat aber gute Chancen, sich als Nummer zwei zu etablieren. Er gilt als kompletter Torhüter, er strahlt Ruhe aus, hat eine gute Strafraumbeherrschung sowie starke Reflexe auf der Linie. Das Spiel mit dem Ball beherrscht er beidfüßig.
"Er muss ein bisschen mehr trainieren, glaube ich. Denn sein Hintern ist ein bisschen dick in seiner Hose", sagte Pfaff mit einem Augenzwinkern: "Ich glaube, dass er noch zwei, drei Kilo durch das Training abnehmen kann. Aber er muss vor allem nach einem guten Spiel immer wieder zeigen, dass er der Beste ist. Ich hoffe für den Jungen, dass er das erreicht."
Externer Inhalt
Urbig: In Köln den Stammplatz verloren
Bislang gelang es Urbig, im Unterhaus sportliche Akzente zu setzen. In der 2. Bundesliga spielte er nach einer Ausleihe vom 1. FC Köln 2022/23 in Regensburg und 2023/24 bei Greuther Fürth und setzte sich jeweils durch.
Nach der Rückkehr zum Effzeh im vergangenen Sommer ging er als Nummer eins in die Saison, verlor im Spätherbst den Platz aber an Marvin Schwäbe. Trainer Gerhard Struber begründete damals den Wechsel damit, dass er mehr Erfahrung und Führungskompetenz haben wollte.
Rekordnationalspieler Lothar Matthäus hatte deshalb zuletzt erklärt, Urbig als Ersatz für Neuer sei eine "klare Schwächung" des FC Bayern, denn er habe "die letzten Monate keine Spielpraxis sammeln können".
Kritik, die Ex-Bayern-Kollege Pfaff nicht nachvollziehen kann. "Lothar erlaubt es sich gerne mal, viel zu erzählen. Aber junge Torhüter oder junge Spieler generell muss man unterstützen", sagte Pfaff, der betonte, Matthäus sei schließlich auch mal jung gewesen.
Wirtz-Verletzung - Kompany: "Ändert nicht viel an unserer Vorbereitung"
"Ich verstehe nicht, dass er da nicht mitdenkt", so Pfaff. "Wir müssen hoffen und gönnen, dass er das schafft. Wenn Lothar nicht dabei war, dann war das auch eine Schwächung für uns. Aber wir mussten auch weiterspielen. Und die jungen Torhüter werden nicht gekauft, um ihr ganzes Leben auf der Bank zu sitzen. Man muss Vertrauen in ihn haben. Wenn man so in ein Spiel geht und der Junge das Negative fühlt, dann ist das nicht gut für die Mentalität."
FC Bayern: Wie sieht die Torhüter-Hierarchie aus?
Kompany weiß das, er kündigte bereits an, dass man irgendwann anfangen müsse: "Junge Trainer, junge Torhüter, junge Spieler, junge Journalisten. Irgendwann musst du da durch", erklärte Kompany. Am Montagabend in der Pressekonferenz verriet er zudem, dass Urbig "sehr ruhig, sehr gut im Training" war. Und Leon Goretzka ergänzte, Urbig mache "einen sehr abgeklärten und guten Eindruck".
Kompany betonte, man sei immer durchgekommen, "auch bei Ausfällen von Manuel Neuer, Harry Kane oder Jamal Musiala. Dienstag erwarten wir nicht weniger", erklärte der FCB-Coach, der in dem Zusammenhang die erfahrenen Spieler in die Pflicht nahm.
Urbig selbst steht natürlich auch in der Pflicht.
Es ist eine frühe Gelegenheit, sich auszuzeichnen, sich mit guten Leistungen hinter Neuer zu positionieren. Mit der "Erlaubnis" des Trainers, durchaus auch Fehler machen zu können, ohne danach verbrannt zu sein. Das alles in einem für ihn sowieso sehr speziellen Spiel, denn als Ex-Kölner wird er gegen Leverkusen noch ein paar Prozentpunkte an zusätzlicher Leidenschaft und Motivation reinlegen.
FC Bayern: Urbig eine Schwächung?
Dass Urbig für die Bayern eine Schwächung oder ein Problem darstellen könnte, sieht Pfaff "überhaupt nicht. Warum sollte er ein Problem sein? Es ist eine Situation, wo vor dem Spiel schon viel Theater herrscht. Und da muss er ganz ruhig bleiben und sich nicht verrückt machen lassen.“
Urbig solle es auf sich zukommen lassen, gelassen agieren, sich auch mal die Zeit nehmen, den Ball zu spielen, so Pfaff: "Wenn der Ball nicht im Spiel ist, kannst du nichts verkehrt machen", so der 71-Jährige: "Als Torwart muss man mitdenken und die Gefahren vermeiden."
Und manchmal ist Fußball eben sehr simpel: "Denn wenn die eigene Mannschaft Tore schießt und gut verteidigt, dann spielt auch der Torwart gut."
Das war schon 1982 so.