Champions League
FC Bayern München bei Arsenal: Die Spieler beweisen ihre hohe Qualität und mangelhafte Mentalität - ein Kommentar
- Veröffentlicht: 10.04.2024
- 01:38 Uhr
- Chris Lugert
Die Leistungssteigerung des FC Bayern musste kommen, und sie kam. Der Auftritt beim FC Arsenal zeigt, wozu die Spieler fähig sind, wenn sie wollen. Aber auch, dass der Wille scheinbar zu oft fehlt. Ein Kommentar.
Von Chris Lugert
Die Panik griff um sich beim FC Bayern, eine Tonalität der Unterwerfung, die man so vom deutschen Rekordmeister nicht kannte.
Nach dem desaströsen Systemabsturz beim 2:3 in Heidenheim am vergangenen Wochenende war vom "Mia san Mia" nichts mehr zu sehen - oder besser: zu hören -, als es um das Champions-League-Duell beim FC Arsenal ging. Plötzlich glich das Viertelfinale gegen die Gunners dem Duell zwischen dem Riesen Goliath aus London und dem kleinen David aus München.
Sportvorstand Max Eberl etwa erklärte, ihm fiele nicht viel ein, was ihn für den Auftritt in London optimistisch stimmen würde. Obwohl die Bayern in ihrer Geschichte bereits oft genug bewiesen hatten, dass sie in der Königsklasse ein anderes Gesicht zu zeigen imstande sind, fehlte der Glaube, dass es auch dieses Mal klappen könnte.
Als es darauf ankam, waren die Bayern aber wieder da. Das 2:2 (2:1) im Hinspiel im Emirates Stadium hat die Tür zum Halbfinale, die schon vor der ersten gespielten Minute fest verschlossen schien, wieder mehr als nur einen Spalt geöffnet.
Eine kämpferisch vorbildliche Leistung, der notwendige Einsatz und der pure Wille waren zu sehen. Und der Bayern-Fan zu Hause vor dem Fernseher - im Stadion durften keine dabei sein - dürfte einmal mehr verzweifelt fragen: Warum geht das denn nicht immer so?
Das Wichtigste zum FC Bayern
Denn der Auftritt beim aktuellen Tabellenführer der englischen Premier League zeigte deutlich: Die Qualität, an der es auf dem Papier ohnehin keine ernsthaften Zweifel gab, ist nicht das Problem. Auch diese Bayern-Mannschaft kann nach wie vor gegen die Besten in Europa mithalten. Aber die Diva von der Isar hat offenbar ein Motivationsproblem im Liga-Alltag.
Kane deutlich: Auftreten in Heidenheim "inakzeptabel"
Natürlich ist die Meisterschaft inzwischen zuungunsten der Münchner entschieden, und vielleicht ist es vor diesem Hintergrund irgendwo auch menschlich, nach einer souveränen Halbzeitführung im Dorf-Ambiente von Heidenheim die Zügel schleifen zu lassen. Zumal nach elf Meisterschaften in Serie der letzte Biss dann irgendwann fehlt.
Stürmer Harry Kane nannte es nach dem Spiel bei Arsenal dennoch völlig zurecht "inakzeptabel", was am Wochenende passiert ist. Vor allem für einen Verein wie den FC Bayern. Und es war ja nicht nur das Spiel in Heidenheim, auch der Auftritt gegen Borussia Dortmund eine Woche zuvor grenzte an Arbeitsverweigerung. Angesichts der Brisanz dieser Begegnung ein fast noch schlimmeres Versagen.
Die Reaktion nach diesen zwei am bajuwarischen Selbstverständnis kratzenden Niederlagen kam, doch sie stellt dem Team im Fach Mentalität kein gutes Zeugnis aus. Diese Kern-Eigenschaft, die beim FC Bayern lange Jahre im Zentrum stand, geht dieser Mannschaft offenbar komplett ab.
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FC Arsenal vs. FC Bayern: Die Noten zum Viertelfinal-Hinspiel in der Champions League
Die Bundesliga ist nach wie vor das Brot-und-Butter-Geschäft, die Professionalität verlangt von jedem Spieler auch dann ein seriöses Auftreten, wenn es scheinbar nicht viel zu gewinnen gibt. Denn der Schaden, der andernfalls entstehen kann, ist gewaltig. Rosinenpickerei ist da fehl am Platz.
Leroy Sane als Sinnbild für mangelnde Mentalität
Bestes Beispiel: Leroy Sane. In London zeigte der Hochbegabte eindrucksvoll, wozu er fähig ist, wenn er denn will. Teamkollege Joshua Kimmich bescheinigte Sane in der ersten Halbzeit "brutale Aktionen" und nannte ihn einen "ganz entscheidenden Spieler für uns heute".
Wo aber war dieser Sane in den vergangenen Wochen, wenn nicht die Champions-League-Hymne ertönte? Gekonnt versteckte er seine Qualitäten und versprühte eine Lust, die an einen Zahnarztbesuch erinnerte. Das galt aber nicht nur für ihn, sondern für fast alle Bayern-Spieler in der Bundesliga zuletzt.
Und so lässt sich bereits erahnen, wie das Heimspiel gegen den 1. FC Köln am Samstag aussehen wird. Gegen einen Gegner, für den es um die sportliche Existenz in der Bundesliga geht. Ein Spiel, das genau zwischen den beiden Duellen gegen Arsenal liegt. In einem Wettbewerb, der entschieden ist und im Bayern-Kader offenbar keinen mehr juckt.
Die Spieler stehen in der Pflicht, auch am Samstag ihren Job zu machen, auch aus Respekt den anderen Teams im Abstiegskampf gegenüber. Und aus Respekt gegenüber ihrem Trainer. Ob sie es können, ist nicht die Frage. Der Wille ist entscheidend.