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DFB-Pokal

Arminia Bielefeld gegen Bayer Leverkusen - Ansgar Brinkmann: "Drama kann der Klub seit Jahrzehnten"

  • Aktualisiert: 01.04.2025
  • 13:13 Uhr
  • Andreas Reiners

Vor dem DFB-Pokal-Halbfinale zwischen Bielefeld und Bayer Leverkusen spricht Ansgar Brinkmann bei ran über Arminias Chancen, den Aufstiegskampf in der 3. Liga und Jack Daniels auf dem Longboard.

Das Interview führte Andreas Reiners

Ansgar Brinkmann wird da sein. Natürlich wird er das.

Denn für den Kult-Kicker ist Arminia Bielefeld eine Herzensangelegenheit.

Das hört man nicht nur heraus, man spürt es, wenn der 55-Jährige vor dem DFB-Pokal-Halbfinale zwischen dem Drittligisten und Titelverteidiger Bayer Leverkusen (ab 20:45 Uhr im Liveticker) über seinen Klub spricht.

Über den Verein, für den er von 2001 bis 2003 gespielt hat, und bei dem er immer noch bei jedem Spiel im Stadion ist. So auch am Dienstag, wenn die Arminia Geschichte schreiben kann.

Im ran-Interview spricht der ehemalige Bundesligaprofi über Arminias Chancen, den Aufstiegskampf in der 3. Liga, die generelle Entwicklung der Ostwestfalen und wie er am Dienstag feiern wird.

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Brinkmann: "Halbfinale ist für den Klub ganz großes Kino"

ran: Ansgar Brinkmann, Sie sind am Dienstag im Stadion. Wie emotional wird der Fan Ansgar Brinkmann auf der Tribüne?

Ansgar Brinkmann: Ich bin komplett befangen. Das ist nicht zu ändern, wenn man für diesen Klub gespielt hat. Und ja, ich bin ja auch noch nah dran, ich bin bei jedem Spiel im Stadion. Für mich ist das alles sehr emotional, und so ein Halbfinale ist für den Klub ganz großes Kino. Und sollte es noch weitergehen, wäre es legendär und auch historisch. Das wäre komplett unglaublich.

ran: Der Fanmarsch ist aber nichts für Sie?

Brinkmann: Den Fanmarsch überlasse ich anderen. Eine gute Stimmung hatten wir schon immer, es war schon immer euphorisch und enthusiastisch, und Drama gibt es nicht erst seit gestern in Bielefeld, das kann der Klub seit Jahrzehnten. Aber diese Wucht hier hat sich nochmal weiterentwickelt. Die Ultras haben in Sachen Emotionen eine ordentliche Schippe draufgelegt. Man merkt einfach, dass es eine Menge Leute in Ostwestfalen gibt, die diesen Klub bedingungslos lieben.

ran: Die Fans werden am Dienstag ein wichtiger Faktor sein. Warum schafft die Arminia Historisches und zieht in das Pokalfinale ein?

Brinkmann: Du musst diesen Top-Spielern den Spaß am Fußball nehmen. Du musst in die Zweikämpfe gehen, als gäbe es kein Morgen. Du musst intelligent kämpfen, ohne Freistöße, ohne Elfmeter, ohne Gelbe Karten. Das ist die Aufgabe. Sie müssen tief stehen, wenig zulassen und dann über Konter oder Standards die eigenen Chancen suchen. Das sind die klassischen Dinge, die man gegen personell besser besetzte Mannschaften machen kann. Das sollten wir schon anwenden. Und dann kommt diese Wucht des Publikums. Das kann tatsächlich helfen.

ran: Wie realistisch-optimistisch sind Sie denn?

Brinkmann: Ganz ehrlich: Mir fehlt ein wenig die Fantasie, wie wir Leverkusen schlagen wollen. Aber sicher ist: Wir werden es versuchen. Und wer keinen Mut zum Träumen hat, hat keine Kraft zum Kämpfen. Also muss man daran glauben. Das ist doch ganz klar. Die Jungs haben jetzt schon für großes Kino gesorgt. Und die Jungs werden alles geben, alles reinwerfen, da bin ich mir sicher. Aber klar: Da kommt jetzt ein richtiges Brett. Ich hätte gerne gesehen, dass Leverkusen in der Champions League gegen die Bayern weiterkommt, dann wären die vielleicht nicht mit voller Kapelle angetreten. Aber die die kommen jetzt mit voller Kapelle, die haben nur noch diese Finalchance. Die werden alles reinknallen.

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Brinkmann: "Leverkusen schlägt dich selbst dann, wenn sie einen Dreckstag haben"

ran: Aber Arminia hat ja schon Hannover, Union, Freiburg und Werder rausgehauen…

Brinkmann: Die sind nicht zu vergleichen mit Bayer. Das ist eine Top-Mannschaft. Leverkusen schlägt dich selbst dann, wenn sie einen Dreckstag haben. Wenn nicht viel bei denen geht, gewinnen die trotzdem 1:0. Wir können ja froh sein, dass Florian Wirtz nicht dabei ist. Der spielt unglaublichen Fußball, aber der hat immer so 15 bis 20 Minuten während der 90 Minuten, da ist es kein Fußball mehr, sondern Kunst. Der kann uns schon alleine auseinandernehmen. Der Respekt ist deshalb riesig und diese Hausnummer jetzt ist nicht zu vergleichen mit den anderen Gegnern. Aber der Druck in diesem Spiel liegt ganz klar bei den Leverkusenern. Die haben viel zu verlieren, Arminia kann nur gewinnen, weil sie schon Unfassbares geleistet hat.

ran: Wie hat sich die Arminia in dieser Saison zum Pokalschreck gemausert? Die Gegner vorher waren ja trotzdem keine Laufkundschaft…

Brinkmann: Die Jungs glauben nach den Erfolgen an sich, und das steigert sich mit jedem Spiel, und dazu kommt die Wucht der Alm. Das spielt alles eine Rolle. Und wenn du dann wie Bremen kommst und dann passiert dies und das gegen dich, dann ist es auch für den Bundesligisten schwierig, noch den Knopf zu drücken und zu sagen: 'Oh, die haben wir aber unterschätzt, jetzt müssen wir aber mal ein paar Gänge höher schalten.' Wenn du schon so reingehst, ist das in den 90 Minuten nicht mehr so einfach umzudrehen. Und wir wissen alle: Die Jungs können in der 3. Liga auch kicken. Die kriegen nicht mehr wie früher in der 60. Minute Krämpfe, weil sie noch einen Hauptberuf haben.

ran: In der 3. Liga gab es jetzt ein 2:2, der Aufstieg ist als Vierter weiter in Reichweite. War die Mannschaft gegen Hannover 96 II vom großen Spiel am Dienstag abgelenkt?

Brinkmann: Ich gehöre zu denjenigen, die erstmal dankbar sind, weil die letzten Jahre hart und brutal waren: abgestiegen aus der Bundesliga, abgestiegen in die 2. Liga. Jetzt sind wir oben dran, da geht immer noch etwas. Der Relegationsplatz, vielleicht mehr, wenn man jetzt nochmal einen Lauf bekommt. Das sah gegen Hannover natürlich nicht danach aus, aber wir sind oben dabei und wir sind im Halbfinale des Pokals. Das ist im Moment einfach Balsam für die Seele der Menschen, die den Klub lieben.

ran: Kann der Pokal in Sachen Aufstiegskampf bei einem Aus noch eine negative Rolle spielen? Oder sieht der Klub die Situation so, dass man am Ende nur gewinnen kann?

Brinkmann: Das sieht jeder im Verein realistisch. Jeder möchte seit Wochen und Monaten bei diesen Pokalfights dabei sein. Das wird jetzt live übertragen, wir sind im Fokus, ganz Deutschland schaut uns beim Fußballspielen zu. Das ist besonders, und es könnte das Größte erreicht werden, was der Klub je erreicht hat. Das setzt Kräfte frei, die Chance, in Berlin vor 80.000 Zuschauern zu spielen, das macht schon was mit einem jungen Fußballer. Und selbst ein Aus wird diese Mannschaft nicht umwerfen.

Arminia: Lieber Berlin oder lieber der Aufstieg?

ran: Wenn Sie wählen dürften: Lieber Berlin oder lieber der Aufstieg?

Brinkmann: Ganz klar Berlin. Beides ist cool, es ist eigentlich nicht fair, dass man sich für eines entscheiden muss, aber ganz klar: Finale in Berlin. Sorry, ein Aufstieg ist in Bielefeld schon zigmal vorgekommen, das kennt man hier. Aber ein DFB-Pokal-Finale in Berlin? Leute, bei allem Respekt, ich glaube nicht, dass da noch irgendeiner in Bielefeld ist, die sind dann alle in Berlin.

ran: Muss die Arminia denn aufsteigen?

Brinkmann: Nein. Keine Frage: Wir wollen aufsteigen, das ist ja ganz klar, Arminia ist oben dran, die Rückkehr in die 2. Liga ist ja auch komplett realistisch. Aber wenn es jetzt mit dem Aufstieg nicht klappt, wäre es auch nicht tragisch. Wenn man die letzten drei Jahre sieht und man sieht, dass wir jetzt wieder oben dabei sind, sollte man ein bisschen Demut haben. Ich weiß, dass es im Fußball schnell geht, und die Chance ist da, denn die Mannschaften oben sind alle nicht konstant. Da ist kein Team dabei, das dominiert oder wegzieht. Wenn die Arminia also im Endspurt eine Serie hinbekommt, dann sind sie Zweiter oder Dritter, dann sind sie dabei. Aber es darf nicht mehr so ein Spiel wie gegen Hannover geben. Sonst werden sie kein Wörtchen mehr mitreden.

ran: Was zeichnet Bielefeld in dieser Saison besonders aus?

Brinkmann: Die Mannschaft hat sich nach den Abstiegen gesammelt, die hat sich neu geordnet. Trainer Mitch Kniat hat ein bisschen Zeit gebraucht, aber sie machen es in diesem Jahr wesentlich besser, sie sind auch nicht so berechenbar wie im letzten Jahr, als du immer wusstest, was kommt. Sie sind ein bisschen variabler geworden, auch was die Offensive angeht.

ran: Auf wen wird es ankommen, auf wen muss Bayer besonders achten?

Brinkmann: Die müssen auf gar keinen aufpassen, die sind auf jeder Position klar besser besetzt. Wo Bayer sich aber drauf einstellen muss: Bielefeld wird zu Hause auf der Alm erbarmungslos in jeden Zweikampf gehen und alles versuchen, was geht. Und wenn Leverkusen das nicht unterschätzt sondern genau damit rechnet, wenn sie das annehmen, dann wird es schwierig für Bielefeld.

ran: Sie haben vor zwei Jahren rund um den Abstieg den ehemaligen Sportgeschäftsführer Samir Arabi harsch kritisiert, aber auch die Kontrollgremien im Klub. Wie ist der Verein jetzt aufgestellt?

Brinkmann: Wir haben mit Michael Mutzel jemanden, der Personalpolitik machen kann. Er hat einen ganz anderen Wertekompass. Das läuft jetzt viel harmonischer, die Traditionswerte werden nicht mehr mit Füßen getreten. Was Arabi angeht: Ich wünsche ihm privat nur das Beste. Aber aus sportlicher Sicht musste das damals gesagt werden.

ran: Wie wichtig ist der Trainer?

Brinkmann: Es war für den Trainer eine schwierige Zeit. Es gab viele interessante Sachen, die er bewältigen musste. Da ist er jetzt durchgegangen, die Mannschaft ist oben dabei. Er hat eine gute Mannschaft, aus der kann man was machen, aus der muss man aber auch was machen. Mutzel hat klare Vorstellungen, wo es hingehen soll. Kniat hat noch nicht die ganz große Erfahrung. Ich finde, wenn man alles betrachtet und dann ein Strich drunter macht, dann hat er noch Potenzial nach oben. Aber er macht es bislang sehr gut.

ran: Als Arminia-Fan sind Sie im Pokal inzwischen erfolgreicher als als Spieler. Da war das Viertelfinale das höchste der Gefühle…

Brinkmann: Das war mit dem VfL Osnabrück gegen Eintracht Braunschweig. Da haben wir 2:0 geführt, Rolf Schafstall war der Trainer. Dann haben Claus-Dieter Wollitz und ich zwei Fehlpässe gespielt, und es stand 2:2. Schafstall meinte in der Halbzeit zu mir: 'Ansgar, du weißt schon, dass das dein Beruf ist?' Und zu Pele hat er gesagt: 'Ab heute heißt du wieder Claus-Dieter.' Am Ende sind wir leider rausgeflogen. Ich hätte gerne mal ein Halbfinale gespielt.

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Bielefeld: Feier im Cafe Europa

ran: Das beschert Ihnen die Arminia. Ist das Cafe Europa nach dem Spiel am Dienstag eigentlich Pflicht? Mannschaft und Fans hatten dort zuletzt den Halbfinal-Einzug gefeiert, und auch für Dienstag ist in jedem Fall eine Feier angekündigt.

Brinkmann: Ich war im Cafe Europa nur zweimal in meinem Leben. Aber es gibt Menschen, die gehen da permanent hin. Das Ding hat Tradition. Die sollen alle Spaß haben, die sollen feiern. Bielefeld wird sowieso ein bisschen unterschätzt. Die Studenten beleben die Stadt, es gibt tolle Kneipen. Bielefeld hat ein cooles Nachtleben.

ran: Und wo würden Sie einen Finaleinzug feiern?

Brinkmann: Dann fahre ich mit meinem Longboard zur Tanke, hole mir ein paar Dosen Jack Daniels, fahre mit der U-Bahn zur Uni und werde dann ein paar Mal gemütlich in die Stadt cruisen und trinke dabei die Jackies. Das ist ganz sicher.

ran: Und bei einer Niederlage?

Brinkmann: Bei einer Niederlage fahre ich trotzdem mit meinem Longboard zur Tanke, hole mir aber nur eine Dose Jack Daniels. Das reicht dann.

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