Es geht nicht mehr ohne
DFB-Pokal ohne VAR: Der Fußball braucht den Videobeweis - ein Kommentar
- Aktualisiert: 30.10.2024
- 17:36 Uhr
- Kai Esser
Der Videobeweis ist in der Fußballwelt mehr als umstritten. In den ersten beiden Runden des DFB-Pokals kommt er nicht zum Einsatz. Was wie ein schöner Nostalgie-Trip klingt, war nur ein weiterer Beweis dafür, wie sehr man den VAR braucht. Ein Kommentar.
Von Kai Esser
Der DFB-Pokal ist der beliebteste Wettbewerb in Deutschland, daran besteht kein Zweifel. Nicht nur, weil die Partien ab der zweiten Runde unter Flutlicht steigen, sondern weil diese Spiele ihren ganz eigenen Reiz haben.
Und auch, weil der Pokal einer der letzten Zufluchtsorte vor dem Video Assistant Referee ist. Zumindest in den ersten beiden Spielrunden. Das toxische, als Heilmittel getarnte Gift, was laut diversen Fankurven den Sport kaputt macht.
Während nicht wenige in dieser zweiten Runde genossen, dass Schiedsrichter-Entscheidungen im Moment des Pfiffes Bestand hatten, zeigte eben jene zweite Runde nur eines: Der Videobeweis ist aus dem Fußball nicht mehr wegzudenken - und zwar zu Recht. Zumindest, wenn man an ein paar Stellschrauben dreht.
Alleine am ersten Spieltag der zweiten Pokalrunde gab es zig Entscheidungen, die den Ausgang eines Spiels beeinflussten.
Ein Foul an Kaiserslauterns Marlon Ritter fand außerhalb des Strafraums statt, gepfiffen wurde Elfmeter. Ein Foulspiel im Strafraum an seinem Teamkollegen Daniel Hanslik später wurde dagegen weiterlaufen gelassen.
Eine offene Sohle von Dortmunds Felix Nmecha in Richtung eines Wolfsburger Schienbeins wurde nur mit Gelb geahndet, während es in allen anderen Wettbewerben mit VAR mit hundertprozentiger Wahrscheinlichkeit Rot gehagelt hätte. Der Treffer von Augsburgs Samuel Essende wurde aus Abseitsposition erzielt.
Das Wichtigste zum Pokal
Es sind Fehlentscheidungen, die Spiele beeinflussen, ja in eine Richtung lenken (können). Sebastian Hoeneß, Trainer des VfB Stuttgart und einer der größten Kritiker des VAR, hätte sich selbigen laut eigener Aussage "an diesem Abend gewünscht". Verständlich, wäre sein Team ohne den falschen Elfmeter wohl gegen den FCK nicht in die Bredouille gekommen, in die es schließlich trotz des Weiterkommens geriet.
Konzept VAR ist ein Muss - aber in anderer Form
Ein Blick in die 3. Liga, der höchsten deutschen Liga ohne Video-Unterstützung, zeigt nur weiter, wie wichtig der VAR auch dort wäre. Nahezu an jedem Spieltag müssen Trainer und Verantwortliche zu teilweise deutlich falsch entschiedenen Szenen Stellung beziehen.
Das alles soll nicht heißen, dass Fehler ohne den Video Assistant Referee nicht passieren würden - denn das tun sie. Und die Wut über teilweise minutenlange Unterbrechungen ist auch nur allzu verständlich.
Fakt ist jedoch: Das Konzept des Videobeweises ist unumstritten positiv. Woran man immer noch feilen muss bei diesem - im Gesamtkontext des Fußballs - jungen Projekt ist die Durchführung. Ein Handspiel wie das von Marc Cucurella im EM-Viertelfinale darf niemals durchrutschen. Es ist aber das Produkt der Bürokratisierung der VAR-Handhabe und der Handspielregelung, die zur Verunsicherung der Hauptschiedsrichter führt.
Anstatt nach dem kleinsten Fehler zu suchen und auf jede Szene die Lupe zu legen, sollte man sich lieber darauf besinnen, die klaren Fehlentscheidungen ausfindig zu machen. Alle oben beschriebenen Szenen aus der zweiten Runde des Pokals hätte ein kleiner Blick auf einen Monitor aufgelöst. Für solche Sequenzen wurde die Technik erst eingeführt. Klare, deutliche, auf den ersten Blick sichtbare Fehlentscheidungen.
Fraglos, das VAR-Konzept ist weit weg davon, perfekt zu sein. Aber es erhöht die Fairness im Fußball am Ende deutlich. Und wie die zweite Pokalrunde zeigt, würde es wohl nur wenige Spieltage nach einer etwaigen Abschaffung dauern, ehe man ihn zurückfordern würde.