Vor Achtelfinale gegen Dänemark
DFB-Team: Antonio Rüdiger endlich unumstritten - Die Boss-Transformation
- Veröffentlicht: 01.07.2024
- 06:16 Uhr
- Tobias Hlusiak
Lange hat Antonio Rüdiger zu kämpfen. Die Beziehung zwischen dem Innenverteidiger und den Fans der Nationalmannschaft war immer etwas schwierig gewesen. Das hat sich geändert. Der Wahl-Madrilene ist spätestens seit der Heim-EM als Anführer akzeptiert und wird verehrt. Nun soll der ganz große Coup her.
Vom DFB-Team berichtet Tobias Hlusiak
Antonio Rüdiger ist ein hochdekorierter Fußballspieler.
Zwei Mal gewann er die Champions League. Noch dazu mit unterschiedlichen Vereinen. Jeweis als Stammspieler.
Ebenso oft stemmte der Verteidiger die Klub-WM-Trophäe in die Höhe. Hinzu kommen die spanische Meisterschaft, europäische Supercups und so weiter.
Rüdiger spielt also schon viele Jahre auf absolutem Top-Niveau. Und trotzdem war er in seiner Heimat nie ganz unumstritten.
Es kam nie zum vollständigen Schulterschluss zwischen dem Nationalspieler Rüdiger und den deutschen Fans.
Die EURO 2024 sorgt nun dafür, dass der mittlerweile 31-Jährige angekommen zu sein scheint. Rüdiger ist endlich unumstrittener Führungsspieler - nicht erst seit seiner herausragenden Leistung im Achtelfinale.
Das Wichtigste in Kürze
Ekstatische Party nach Torverhinderungs-Block
Beim spektakulären 2:0-Sieg gegen Dänemark hatte Rüdiger kurz vor Schluss für eine Szene gesorgt, die lange in Erinnerung bleiben wird.
Völlig ekstatisch feierte er, nachdem er einen Schuss von Jannik Vestergaard abgeblockt hatte. Deutschland hielt so die Null, und Rüdiger wurde zum "Man of the Match" gewählt - verdient übrigens.
"Ich bin ein emotionaler Spieler auf dem Platz. Es war ein wichtiger Block, es war wie ein eigenes Tor", sagte er hinterher über die Szene kurz vor dem Abpfiff, die so viel über ihn aussagt.
Der unbedingte Wille zum Sieg und die Bereitschaft, sich und den Gegner nicht zu schonen, gehören zu Rüdigers unbestrittenen Stärken. Beide waren in dieser Aktion zu bestaunen.
Es sind Wesenszüge, die sowohl den Fußballer als auch den Menschen Antonio Rüdiger prägen.
Externer Inhalt
Rüdiger: Vom Käfig ins Santiago Bernabeu
Der heute 31-Jährige wurde in Berlin geboren. Im "Problembezirk" Neukölln wuchs er auf, lernte dort das Fußballspielen.
"In den Käfigen von Berlin, da gewinnt der Stärkere - so einfach ist das", sagte er mal. "Man lernt, sich durchzusetzen, egal wie alt der Gegner ist."
Rüdiger setzte sich durch. Er kämpfte sich regelrecht hoch.
Sein Weg führte ihn heraus aus Berlin in die Nachwuchsabteilung von Borussia Dortmund. Von dort über Stuttgart nach Rom, zu Chelsea und schließlich ins weiße Trikot des königlichen Klubs Real Madrid.
Der kleine Junge aus dem Neuköllner Käfig spielt jetzt im Santiago Bernabeu.
Neben großem Talent ist dies auch Produkt einer riesigen Willensleistung.
Rüdiger stand sich lange selbst im Weg
Immer wieder kam der Käfig in den vergangenen Jahren aber auch zum Vorschein, wenn es nicht so wirklich angebracht war.
Rüdiger fiel durch einige Unbeherrschtheiten, Provokationen und wilde Aktionen auf. Unnötige Zwischenfälle, die seine starken Bilanzen verwässerten.
So bildete sich in der deutschen Öffentlichkeit das Bild eines wankelmütigen Spielers. Ein Bild, das dem tatsächlichen Leistungsvermögen Rüdigers nicht im Ansatz gerecht wurde.
Julian Nagelsmann setzte trotzdem auf den Innenverteidiger, zähmte "Rambo" - oder "El Loco", wie sich Rüdiger zuletzt bei Real Madrids Meisterparty selbst nannte.
Das hatten zwar auch schon dessen Vorgänger Joachim Löw und Hansi Flick getan, unumstritten war Rüdiger trotz Stammplatz aber bei den beiden letzten Turnieren 2021 und 2022 nicht gewesen.
Nagelsmann machte ihn zu seinem Abwehrchef, stellte ihn in den Mittelpunkt.
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Rüdiger: "Haben jetzt einen Trainer, der zur Mannschaft passt"
Und Rüdiger zahlt mit Leistung und warmen Worten zurück.
"Der Bundestrainer hat mir von Anfang an gesagt, dass ich ein Leader sein soll. Ich bin einer, der nicht viel redet, sondern auf dem Platz vorangeht", sagte er schon kurz vor EM-Start und schloss an: "Wir haben jetzt einen Trainer, der zur Mannschaft passt. Die Rollenverteilung ist sehr klar!"
Rüdigers Job-Beschreibung umfasst mehrere Disziplinen.
Er organisiert die Abwehr, führt seine Nebenleute Jonathan Tah oder Nico Schlotterbeck, grätscht, wirft sich in Schüsse, spielt dazu noch punktgenaue Zwei-Linien-Pässe in die Spitze und ist meistens als einer der ersten beim Schützen, wenn der Mannschaft ein Tor gelingt.
Antonio ist überall.
Rüdiger will auch gegen Spanien vorangehen
Das bleibt auch den Fans nicht verborgen.
Nach dem Dänemark-Spiel feierten sie den 31-Jährigen mit minutenlangen Sprechchören. Der wollte in die allgemeine Jubelstimmung aber noch nicht ganz eintauchen, schließlich seien noch drei weitere Schritte zum Titel nötig.
Es werde viel über Stürmer gesprochen, sagte er noch: "Aber in so einer Phase des Turniers ist es wichtig, ohne Gegentor zu bleiben."
Das ist schon zwei Mal gelungen. Am Freitag wartet im Viertelfinale Spanien auf Deutschland.
Es wird die bislang größte Prüfung für die DFB-Elf. In einem solchen Spiel kann viel passieren. Klar ist vorher nur eins: Antonio Rüdiger wird vorangehen und jede gelungene Defensiv-Aktion feiern, als wäre sie ein Tor!