DFB-Team startet in die EM-Saison
DFB-Team - Das Gerüst steht nur halb: So baut sich Flick sein "Rettungsteam"
- Aktualisiert: 06.09.2023
- 22:02 Uhr
- Tobias Hlusiak
Bundestrainer Hansi Flick steht vor den ersten Länderspielen der Saison unter Druck. Gegen Japan und Frankreich will er nun durchblicken lassen, wie er sich seine Mannschaft für die Heim-EM 2024 vorstellt. Dabei scheint vieles mehr als offen - und es könnte eine Sensation geben.
Aus Wolfsburg berichtet Tobias Hlusiak
Hansi Flick selbst wählt große Worte. Vor den Länderspielen gegen Japan (im Liveticker auf ran.de) und Vize-Weltmeister Frankreich (im Liveticker auf ran.de) sprach der Bundestrainer von einer "Zäsur" und einer "neuen Phase", die nun begonnen habe.
Die Heim-EM im kommenden Sommer soll nun mit voller Konzentration und Elan angesteuert, im besten Fall eine Euphorie entfacht werden.
"Ab jetzt wollen wir die Kernmannschaft einspielen lassen. Dafür waren die Erfahrungen der Vergangenheit wichtig. Wir haben viel ausprobiert: neue Aufstellungen, neue Systeme. Und obwohl die Ergebnisse nicht optimal waren, sind wir einen Schritt weitergekommen", erklärte der in die Kritik geratene 58-Jährige in einem Interview mit dem "RedaktionsNetzwerk Deutschland".
Wie genau diese "Kernmannschaft" aussehen könnte, die gegen Japan und Frankreich deutlich bessere Ergebnisse als zuletzt einfährt und so Flick den Job rettet, lässt sich allerdings nur bedingt erahnen, denn lediglich ein paar Positionen scheinen rund neun Monate vor Turnierstart fest vergeben. ran wirft einen Blick auf die Situation im DFB-Kader.
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Torhüter: Ter Stegen wittert seine Chance
Manuel Neuer ist seit mehr als neun Monaten verletzt. Auf dem Trainingsplatz in Wolfsburg sucht man ihn dementsprechend vergebens. Oliver Baumann, Kevin Trapp und Marc-Andre ter Stegen heißt das Torhüter-Trio. Letzterer ist dabei erste Wahl - und kommuniziert auch so.
"Ich bin im Moment die Nummer eins. Auf diesen Moment habe ich lange gewartet. Ich werde alles dafür tun, dass ich diesen Status behalte", sagte der Torhüter des FC Barcelona in einer Pressekonferenz am Mittwoch.
Der 31-Jährige wittert im Kampf um Flicks Gunst im Kasten Morgenluft. Denn noch ist völlig unklar, wann und in welcher Verfassung Neuer auf den Platz zurückkehren wird. "Der Trainer wird seine Gedanken und Ansätze haben und die richtigen Entscheidungen treffen", meinte ter Stegen vielsagend.
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ter Stegen zur Torhüterfrage: "Ich bin die Nummer 1"
Viererkette: Plant Flick die Sensation mit Kimmich?
Einzig Antonio Rüdiger scheint in der Innenverteidigung gesetzt, der Platz daneben offen. Im aktuellen Kader dürften sich Nico Schlotterbeck, Jonathan Tah, Malick Thiaw und Niklas Süle Hoffnung machen.
Süle gab sich am Mittwoch angriffslustig und ließ durchbicken, dass er seine Ausbootung für die Länderspiele im März und Juni auch weiterhin nicht verstehen könne. "Hansi" müsse nun "entscheiden, in welcher Rolle er mich sieht", sagte der Dortmunder.
Für seinen Dortmunder Teamkollegen Schlotterbeck würde dessen starker linker Fuß sprechen. Tah, befindet sich in guter Form, Emporkömmling Thiaw hat sich beim AC Mailand ins Rampenlicht gespielt und überzeugte auch beim eigentlich enttäuschenden Test in Polen (0:1).
Für die Außenverteidigerpositionen hatte Flick in Robin Gosens und Benjamin Henrichs nur zwei echte Spezialisten berufen. haben also diese beiden auf ihren Stammpositionen die Nase vorn?
Flick wird seine Karten spätestens am Samstag aufdecken. Oder hat er das bereits getan?
Beim Geheimtest gegen die eigene U20 am Mittwochnachmittag (3x12 Minuten; 4:0) rückte Schlotterbeck überraschend auf die linke Abwehrseite - und hinten rechts verteidigte: Joshua Kimmich!
Der Bayern-Star hatte seine Karriere auf dieser Position begonnen, wollte sie aber eigentlich nicht mehr spielen. Nun die Wende, wie "Bild" berichtet.
Kimmich gab den rechten Part der Viererkette, der in eigenem Ballbesitz aber wichtiger Teil des Offensivspiels war, ähnlich wie es Jürgen Klopp beim FC Liverpool mit Trent Alexander-Arnold macht.
Kimmich-Vorfall aus Doku - Süle stellt klar
Mittelfeld: Flick baut auf Can und Kimmich
Ein Zurückziehen Kimmichs, würde auch die Karten im Mittelfeld neu mischen.
Nach dem Verzicht auf Leon Goretzka wäre BVB-Kapitän Emre Can, als einziger Mittelfeldspieler mit wirklichem Defensivfokus, die logische Wahl auf der Sechs sein. So war es auch im Geheimtest.
Neben Can wäre ein Platz für Ilkay Gündogan vorgesehen. Er soll Defensive und Offensive verbinden. Der Star des FC Barcelona sprang Flick in der "Sportbild" erst am Mittwoch zur Seite.
"Wir müssen jetzt beweisen, dass wir nicht nur bei Top-Vereinen spielen, sondern dass wir auch die Qualität haben, uns auf Nationalmannschafts-Ebene mit den Besten zu messen", sagte Gündogan, "irgendwann müssen wir Spieler uns ja auch mal selbst hinterfragen, es kann ja nicht immer nur um den Trainer gehen."
In Sachen Führungsanspruch und Erfahrung müsste Gündogan in Flicks EM-Elf-Puzzle ein wichtiges Teilchen sein. Bekommt Flick ihn nun also endlich eingebaut?
Viele Fragezeichen ganz vorne
Und ganz vorne? Da wirkt das Gebilde noch am wackeligsten.
In Niclas Füllkrug - der wegen einer Verletzung aus dem DFB-Quartier in Wolfsburg abreisen musste - und Jamal Musiala - dessen Ankunft in eben diesem Quartier nun auf Donnerstag verschoben wurde - stehen zwei Kandidaten für die übrigen drei Plätze zumindest gegen Japan nicht zur Verfügung.
Auf der anderen Seite dürfte nur der formstarke Leroy Sane seinen Platz sicher haben. Kai Havertz' Erfahrung als Neuner legt seine Aufstellung gegen Japan nahe. Was aber ist mit Florian Wirtz, Serge Gnabry, Julian Brandt, Thomas Müller oder Debütant Pascal Groß?
Gegen die U20 nahm Wirtz Musialas Platz ein, dazu ergänzte Gnabry die Sturmreihe um Sane und Havertz. Ist das also die Japan-Elf?
Viele Fragen, auf die Flick in den Tagen von Wolfsburg eine Antwort finden muss. Das Gerüst steht eben bislang nur so halb...