Deutschland blamiert sich gegen Japan
DFB-Team - Die wichtigsten Fragen nach dem Debakel gegen Japan
- Aktualisiert: 10.09.2023
- 14:12 Uhr
- Tobias Hlusiak
Die deutsche Nationalmannschaft geht gegen Japan gnadenlos unter und liegt neun Monate vor der Heim-EM am Boden. Der Bundestrainer scheint mit seinem Latein am Ende. ran beantwortet die Fragen, die jetzt gestellt werden.
Vom DFB-Team berichtet Tobias Hlusiak
1:4 gegen Japan. Dabei über lange Zeit völlig chancenlos.
Die Leistung der deutschen Nationalmannschaft am Samstagabend in Wolfsburg legte gnadenlos offen, dass alle Hoffnung auf einen Turnaround unbegründet war.
Vielmehr befindet sich der viermalige Weltmeister in seiner größten Krise. Nun könnte es zu einem Novum in der Verbandsgeschichte kommen.
ran beantwortet die Fragen, die jetzt wichtig sind.
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Fliegt Flick wirklich raus?
Hansi Flick ist der elfte Bundestrainer in der 123-jährigen Geschichte des DFB. Keiner seiner zehn Vorgänger wurde entlassen.
Den 58-Jährigen könnte es nun aber tatsächlich erwischen.
Am Morgen nach der schlimmen Pleite gegen Japan leitete Flick zwar das - schon lange geplante - öffentliche Training in Wolfsburg, die Bosse aber wollen noch am Sonntag mit und über Flick sprechen.
In ersten Stellungnahmen nach dem Spiel vermied DFB-Direktor Rudi Völler ein klares Bekenntnis zum Trainer. DFB-Präsident Bernd Neuendorf wollte sich zu diesem Thema gar nicht erst äußern.
Das lässt tief blicken.
Die öffentliche Demontage des Trainers hat ohnehin schon begonnen. Experten wie Stefan Effenberg fordern die Entlassung Flicks, Lothar Matthäus bezweifelt, dass dieser noch zu halten sei.
Es ist tatsächlich möglich, dass schon am Dienstag gegen Frankreich ein anderer Coach auf der Bank sitzt.
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Pressestimmen zum DFB-Debakel: "Japan zerschmettert die Deutschen in Wolfsburg"
Wie schlimm sehen die Zahlen wirklich aus?
Hansi Flick startete im Spätsommer 2021 so gut wie kein anderer Bundestrainer in seine Amtszeit. Die ersten acht Spiele gewann er allesamt.
Seitdem läuft aber so gut wie gar nichts mehr zusammen. Von den vergangenen 17 Länderspielen gewann die deutsche Mannschaft nur vier. Zuletzt setzte es gegen Polen (0:1), Kolumbien (0:2) und Japan drei Niederlagen in Folge. Das hatte es zuletzt 1985 gegeben.
Hinzu kommt das blamable Vorrundenaus bei der WM in Katar.
In der FIFA-Weltrangliste ist Deutschland auf Rang 15 abgerutscht, rangiert direkt hinter Marokko. Thomas Müller und Ilkay Gündogan sagten nach dem Japan-Spiel, man sei nicht mehr Weltspitze.
Sie haben recht.
Bundestrainer-Ranking nach Punkteschnitt: Nur einer ist schlechter als Flick
Schmeißt Flick sogar selbst hin?
Unwahrscheinlich!
So ratlos der Bundestrainer während des Spiels wirkte, so kämpferisch gab er sich danach.
"Ich finde, wir machen das gut und ich bin der richtige Trainer", sagte er bei "RTL". Später führte er seine Gedanken weiter aus.
"Auch wenn es schwer nachvollziehbar ist, aber wir bereiten uns gut vor. Wir bereiten die Mannschaft auf den Gegner gut vor. Da gibt es nichts dran zu deuteln. Das werden wir auch weiter so machen. Wir sind überzeugt von dem, was wir machen. Deswegen geht es auch so weiter für mich", sagte der Champions-League-Sieger von 2020.
Flick glaubt an sich und seine Mannschaft. Er hat viel investiert, um an den Job des Bundestrainers zu kommen. Noch dazu ist dieser sehr gut bezahlt. Ein Rücktritt erscheint deshalb sehr unwahrscheinlich.
Seinen Job sieht er dennoch nicht als sicher an. Im Profi-Fußball sei "vieles schwer vorherzusagen", sagte Flick beim öffentlichen Training am Sonntagvormittag. Fans rief er bei der Autogrammstunde am Spielfeldrand zu: "Ja, ja, ich fighte weiter. Es geht weiter. Das ist so."
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Trotz Blamage: Kimmich mit Lob für die Fans
Wer könnte übernehmen?
Fragt man Fans, fällt immer wieder ein Name: Jürgen Klopp. Diese Personalie ist allerdings mehr als unwahrscheinlich. Der Vertrag des ehemaligen BVB-Coaches beim FC Liverpool läuft noch bis ins Jahr 2026.
Andere Namen machen mehr Sinn.
Matthias Sammer wäre 2006 fast schon Bundestrainer geworden. Damals übernahm Jogi Löw von Jürgen Klinsmann. Nun aber könnte der BVB-Meistertrainer von 2002, der den Verein mittlerweile berät, zum Thema werden. "Er ist jemand, der aneckt - das ist das, was wir zurzeit nicht haben. Das kann der Mannschaft gut tun", meint Matthäus.
Julian Nagelsmann ist ebenfalls auf dem Markt. Der ehemalige Bayern-Trainer hält allerdings eher Ausschau nach einem neuen Verein.
Sich mit nur 36 Jahren aus dem akuten Tagesgeschäft zu verabschieden und eine Nationalmannschaft zu übernehmen, wäre ungewöhnlich. Vielleicht aber ändert das Großereignis Heim-EM die Gedanken Nagelsmanns, der allerdings auch mit Borussia Dortmund in Verbindung gebracht wird.
DFB-Direktor Völler selbst ist ein weiterer Kandidat. Der Weltmeister von 1990 sprang schon nach der EM-Blamage 2000 ein und führte die DFB-Auswahl zwei Jahre später als Teamchef ins WM-Finale gegen Brasilien (0:2).
Noch im Juni - bei seinem Besuch der U21-Europameisterschaft in Georgien - wiegelte er ab. Es gebe keinen Anluss, um über ein weiteres Engagement an der Seitenlinie zu diskutieren, meinte der einstige Stürmer in Batumi. Das hat sich spätestens am Samstagabend geändert.
Stefan Kuntz steht derweil als Nationaltrainer der Türkei in der Kritik. Das 1:1 gegen Armenien, das er zuletzt einfuhr, könnte zu wenig sein.
Der 60-Jährige ist ein Sympathieträger mit der verbandsinternen Kenntnis, die klassischerweise Stallgeruch genannt wird. Nicht nur durch seine 25 Länderspiele: Er führte die U21 als Trainer zu zwei EM-Titeln und bewies dabei ein herausragendes Händchen für die besten deutschen Talente.