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Pleite gegen die Türkei

DFB-Team: Nagelsmanns Experimente gehen alle schief

  • Aktualisiert: 20.11.2023
  • 00:54 Uhr
  • Martin Volkmar

Die deutsche Nationalmannschaft verpatzt Julian Nagelsmanns Heimdebüt gegen die Türkei. Das liegt auch daran, dass die Maßnahmen des Bundestrainers nicht greifen. Eine Analyse.

Vom DFB-Team berichten Martin Volkmar und Felix von den Hoff

Ein unerwartetes Negativerlebnis gegen eine nominell schlechtere Mannschaft, eine enttäuschende Vorstellung vor heimischem Publikum und Spieler, die weit von ihrer Normalform entfernt sind:

Vieles bei der 2:3-Niederlage der deutschen Nationalmannschaft gegen die bessere B-Elf der Türkei (in der Weltrangliste 22 Plätze schlechter platziert) erinnerte an die bleiernen letzten Monate unter Hansi Flick.

Die Aufbruchstimmung unter Julian Nagelsmann ist nach der enttäuschenden Vorstellung in Berlin erstmal verpufft. Entsprechend genervt reagierte der Bundestrainer auf Kritik.

"Wir können jetzt wieder anfangen, alles schwarzzumalen und alles schlecht zu sehen. Das können wir machen, da werden wir aber nicht weiterkommen als Fußball-Nation", meinte Nagelsmann. "Ich bin weit davon weg, alles negativ zu sehen."

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Sein Mienenspiel, vor allem während und unmittelbar nach dem Spiel, zeigten aber deutlich, dass auch der DFB-Chefcoach unzufrieden war. Schließlich gingen nahezu alle seine Maßnahmen schief. Eine ran-Analyse.

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DFB-Team und die defensive Stabilität

Eine Woche lang hatte Nagelmann Zeit zur Vorbereitung gehabt, doch sein erklärtes Ziel, die Defensive endlich zu stabilisieren, ging sichtbar daneben.

Mit den drei Gegentreffern summiert sich die deutsche Schreckensbilanz des Jahres nun auf 20 Tore in nur zehn Länderspielen. "Wenn wir drei Gegentore kriegen, ist das zu viel", gab Nagelsmann zu. "Gut, dass es jetzt passiert, dann kann man es abstellen."

Langsam schwindet allerdings die Überzeugung, wie das gelingen soll. Der reaktivierte Mats Hummels (35) fehlte als Abwehrchef am Samstag angeschlagen, Antonio Rüdiger enttäuschte trotz seiner bei Real Madrid schon oft gezeigten Qualitäten zum wiederholten Mal im DFB-Dress.

Und auch Jonathan Tah war ein Schatten seiner Auftritte in dieser Saison in Leverkusen, Niklas Süle ist aktuell in Dortmund nur Ersatz und saß auch beim DFB-Team 90 Minuten draußen. Hinzu kommt die Tatsache, dass kein deutscher Außenverteidiger zumindest defensiv internationales Topniveau hat.

Das führt in nahezu jedem Länderspiel zu einer Fehlerkette aus individuellen Patzern, mangelnder Abstimmung und fehlender Konsequenz.

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Kevin Trapp im Tor

Der kurzfristige Ausfall von Marc-Andre ter Stegen (Rückenprobleme) traf den Bundestrainer unvorbereitet, die Chance für die langjährige Nummer drei Kevin Trapp war naheliegend.

Der Frankfurter erlebte einen gebrauchten Abend, hat nun in acht Länderspielen elf Gegentreffer kassiert - und war diesmal obendrein chancenlos. "Seine Leistung war absolut in Ordnung", sagte Nagelsmann.

DFB-Team vs. Türkei: Die Noten der DFB-Stars

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<strong>Einzelkritik</strong><br>Julian Nagelsmann bleibt bis zur EM-Endrunde 2024 noch viel Arbeit. Im ersten Heimspiel des neuen Bundestrainers kassierte die Nationalmannschaft gegen die im Berliner Olympiastadion von zahlreichen Landsleuten lautstark unterstützten Türken eine bittere 2:3 (1:2)-Pleite. Dabei enttäuschten gleich mehrere nominelle Leistungsträger. Die Noten der DFB-Elf in der Einzelkritik.
© 2023 Getty Images

Einzelkritik
Julian Nagelsmann bleibt bis zur EM-Endrunde 2024 noch viel Arbeit. Im ersten Heimspiel des neuen Bundestrainers kassierte die Nationalmannschaft gegen die im Berliner Olympiastadion von zahlreichen Landsleuten lautstark unterstützten Türken eine bittere 2:3 (1:2)-Pleite. Dabei enttäuschten gleich mehrere nominelle Leistungsträger. Die Noten der DFB-Elf in der Einzelkritik.

<strong>Kevin Trapp<br></strong>Der Frankfurter kommt aufgrund der Rückenverletzung von Marc-Andre ter Stegen zu seinem achten Länderspiel. Der Unterschied bei der fußballerischen Qualität ist allerdings auffällig. Bei den Gegentoren durch Kadioglu (38.), Yildiz (45.) und Sari (71.) ebenso wie bei Özcans Pfostenkracher (52.) chancenlos. Verhindert mit einer Glanztat gegen Yilmaz das 2:4 (82.). <strong><em>ran</em>-Note: 3</strong>
© 2023 Getty Images

Kevin Trapp
Der Frankfurter kommt aufgrund der Rückenverletzung von Marc-Andre ter Stegen zu seinem achten Länderspiel. Der Unterschied bei der fußballerischen Qualität ist allerdings auffällig. Bei den Gegentoren durch Kadioglu (38.), Yildiz (45.) und Sari (71.) ebenso wie bei Özcans Pfostenkracher (52.) chancenlos. Verhindert mit einer Glanztat gegen Yilmaz das 2:4 (82.). ran-Note: 3

<strong>Benjamin Henrichs</strong><br>Der Leipziger darf endlich mal auf seiner angestammten Vereinsposition rechts in der Viererkette ran und zeigt Licht und Schatten. Beginnt vor allem nach vorne stark, unter anderem leitet er den Führungstreffer ein. Kommt bei beiden Gegentreffern über seine Seite zu spät. Später noch der Retter mit einer Monster-Grätsche.&nbsp;&nbsp;<strong><em>ran</em>-Note: 4</strong>
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Benjamin Henrichs
Der Leipziger darf endlich mal auf seiner angestammten Vereinsposition rechts in der Viererkette ran und zeigt Licht und Schatten. Beginnt vor allem nach vorne stark, unter anderem leitet er den Führungstreffer ein. Kommt bei beiden Gegentreffern über seine Seite zu spät. Später noch der Retter mit einer Monster-Grätsche.  ran-Note: 4

<strong>Jonathan Tah</strong><br>Der Leverkusener spielt wie beim Bundesliga-Tabellenführer zentral, da der angeschlagene Mats Hummels geschont wird. Nicht unmittelbar an den Gegentreffern beteiligt, kann die Abwehr aber eben auch nicht stabilisieren. <strong><em>ran</em>-Note: 4</strong>
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Jonathan Tah
Der Leverkusener spielt wie beim Bundesliga-Tabellenführer zentral, da der angeschlagene Mats Hummels geschont wird. Nicht unmittelbar an den Gegentreffern beteiligt, kann die Abwehr aber eben auch nicht stabilisieren. ran-Note: 4

<strong>Antonio Rüdiger</strong><br>Der Profi von Real Madrid kann auch nicht für die nötige Stabilität sorgen und hat sicher selbst auch einen anderen Anspruch an die Qualität der deutschen Defensive. <strong><em>ran</em>-Note: 4</strong>
© MIS

Antonio Rüdiger
Der Profi von Real Madrid kann auch nicht für die nötige Stabilität sorgen und hat sicher selbst auch einen anderen Anspruch an die Qualität der deutschen Defensive. ran-Note: 4

<strong>Kai Havertz</strong><br>Überraschend stellt Nagelsmann Kai Havertz wohl erstmals in dessen Karriere links in die Viererkette. Traumstart, als er nach fünf Minuten mit seinem 16. Länderspieltreffer die Führung erzielt. Steht höher als seine Abwehrkollegen und macht viele Wege nach vorne, allerdings mit einigen Ballverlusten. Verursacht unglücklich den Handelfmeter, den Sari zum 3:2 nutzt (71.). <strong><em>ran</em>-Note: 3</strong>
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Kai Havertz
Überraschend stellt Nagelsmann Kai Havertz wohl erstmals in dessen Karriere links in die Viererkette. Traumstart, als er nach fünf Minuten mit seinem 16. Länderspieltreffer die Führung erzielt. Steht höher als seine Abwehrkollegen und macht viele Wege nach vorne, allerdings mit einigen Ballverlusten. Verursacht unglücklich den Handelfmeter, den Sari zum 3:2 nutzt (71.). ran-Note: 3

<strong>Joshua Kimmich</strong><br>Der Bayern-Star kommt auf seiner Lieblingsposition zum Einsatz, kann aber keine Werbung in eigener Sache machen. Die Unordnung in der Rückwärtsbewegung und die Lücken in den Räumen vor der Abwehr fallen in seinen Zuständigkeitsbereich. Macht nach dem 2:3 Platz für Goretzka. <strong><em>ran</em>-Note: 4</strong>
© Matthias Koch

Joshua Kimmich
Der Bayern-Star kommt auf seiner Lieblingsposition zum Einsatz, kann aber keine Werbung in eigener Sache machen. Die Unordnung in der Rückwärtsbewegung und die Lücken in den Räumen vor der Abwehr fallen in seinen Zuständigkeitsbereich. Macht nach dem 2:3 Platz für Goretzka. ran-Note: 4

<strong>Ilkay Gündogan</strong><br>Der Deutsch-Türke wird von den Gästefans mit einem heftigen Pfeifkonzert empfangen, das sich aber nach Anpfiff legt. Lässt sich häufig tief fallen, bekommt aber wie Kimmich kaum Zugriff aufs Spiel und leistet sich zu viele unnötige Fehlpässe. Vom Kapitän kann und muss man mehr erwarten. <strong><em>ran</em>-Note: 4</strong>
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Ilkay Gündogan
Der Deutsch-Türke wird von den Gästefans mit einem heftigen Pfeifkonzert empfangen, das sich aber nach Anpfiff legt. Lässt sich häufig tief fallen, bekommt aber wie Kimmich kaum Zugriff aufs Spiel und leistet sich zu viele unnötige Fehlpässe. Vom Kapitän kann und muss man mehr erwarten. ran-Note: 4

<strong>Florian Wirtz</strong><br>Auch der Leverkusener lässt sein Können anfangs mehrfach aufblitzen, taucht dann aber bis zur Pause etwas ab – um dann unmittelbar nach der Halbzeit mit einem herausragenden Solo über den gesamten Platz das 2:2 vorzubereiten. Geht nach 71 Minuten für Gnabry vom Feld. <strong><em>ran</em>-Note: 3</strong>
© Jan Huebner

Florian Wirtz
Auch der Leverkusener lässt sein Können anfangs mehrfach aufblitzen, taucht dann aber bis zur Pause etwas ab – um dann unmittelbar nach der Halbzeit mit einem herausragenden Solo über den gesamten Platz das 2:2 vorzubereiten. Geht nach 71 Minuten für Gnabry vom Feld. ran-Note: 3

<strong>Julian Brandt</strong><br>Der Dortmunder sorgt anfangs zusammen mit Wirtz und Sane für reichlich Wirbel, ab Mitte der ersten Halbzeit erlahmt aber das deutsche Offensivspiel. Tritt zuvor bei einer guten Möglichkeit ein Luftloch (21.), macht zu oft einen Haken zu viel. Vergibt noch eine Riesenchance auf das 3:3. Wird nach 82 Minten von Ducksch ersetzt. <strong><em>ran</em>-Note: 4</strong>
© Matthias Koch

Julian Brandt
Der Dortmunder sorgt anfangs zusammen mit Wirtz und Sane für reichlich Wirbel, ab Mitte der ersten Halbzeit erlahmt aber das deutsche Offensivspiel. Tritt zuvor bei einer guten Möglichkeit ein Luftloch (21.), macht zu oft einen Haken zu viel. Vergibt noch eine Riesenchance auf das 3:3. Wird nach 82 Minten von Ducksch ersetzt. ran-Note: 4

<strong>Leroy Sane</strong><br>Starker Beginn des Bayern-Spielers, der zunächst an seine Topform im Verein anknüpft. Legt das 1:0 auf, verpasst dann aber freistehend das 2:0 (16.). Danach mit mehr Ballverlusten, kommt zudem beim 1:1 zu spät. Nach der Pause gelingt ihm deutlich weniger. <strong><em>ran</em>-Note: 3</strong>
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Leroy Sane
Starker Beginn des Bayern-Spielers, der zunächst an seine Topform im Verein anknüpft. Legt das 1:0 auf, verpasst dann aber freistehend das 2:0 (16.). Danach mit mehr Ballverlusten, kommt zudem beim 1:1 zu spät. Nach der Pause gelingt ihm deutlich weniger. ran-Note: 3

<strong>Niclas Füllkrug<br></strong>Der Dortmunder findet lange keine Bindung zum Spiel, wird aber auch kaum eingebunden. Beweist seinen Torriecher aber direkt nach der Pause mit seinem Treffer zum 2:2 (49.) – bereits sein zehntes Tor im erst zwölften Länderspiel! <strong><em>ran</em>-Note: 3</strong>
© 2023 Getty Images

Niclas Füllkrug
Der Dortmunder findet lange keine Bindung zum Spiel, wird aber auch kaum eingebunden. Beweist seinen Torriecher aber direkt nach der Pause mit seinem Treffer zum 2:2 (49.) – bereits sein zehntes Tor im erst zwölften Länderspiel! ran-Note: 3

<strong>Leon Goretzka</strong><br>Der Münchner wird nach 71 Minuten für Kimmich eingewechselt und versucht etwas mehr Ordnung ins deutsche Spiel zu bringen. <strong><em>ran</em>-Note: 3</strong>
© IMAGO/Agencia-MexSport

Leon Goretzka
Der Münchner wird nach 71 Minuten für Kimmich eingewechselt und versucht etwas mehr Ordnung ins deutsche Spiel zu bringen. ran-Note: 3

<strong>Serge Gnabry</strong><br>Der Offensivspieler kommt ebenfalls nach 71 Minuten für Wirtz und sorgt für Schwung im deutschen Angriff, verpasst haarscharf das 3:3 (86.). <strong><em>ran</em>-Note: 3</strong>
© IMAGO/ANP

Serge Gnabry
Der Offensivspieler kommt ebenfalls nach 71 Minuten für Wirtz und sorgt für Schwung im deutschen Angriff, verpasst haarscharf das 3:3 (86.). ran-Note: 3

<strong>Marvin Ducksch</strong><br>Der Werder-Stürmer kommt nach 82 Minuten zu seiner Länderspielpremiere, als er Brandt ersetzt. Kann aber nicht mehr für die Wende sorgen. <strong><em>ran</em>-Note: ohne Bewertung</strong>
© 2023 Getty Images

Marvin Ducksch
Der Werder-Stürmer kommt nach 82 Minuten zu seiner Länderspielpremiere, als er Brandt ersetzt. Kann aber nicht mehr für die Wende sorgen. ran-Note: ohne Bewertung

Auffällig war allerdings der fußballerische Qualitätsabfall im Vergleich zu ter Stegen und auch Manuel Neuer, was das deutsche Aufbauspiel merklich hemmte.

Man werde "nicht anfangen, jedes Ding nach vorne zu knüppeln, egal, wer im Tor steht", hatte der Bundestrainer vorher erklärt. Doch genau das geschah am Samstag zu häufig.

Sollte die Gefahr bestehen, dass auch bei der EM sowohl ter Stegen als auch Neuer ausfallen könnten, muss sich Nagelsmann überlegen, ob er bei der Nummer drei nicht zwangsläufig auf einen spielerisch möglichst starken Keeper wie den erstmals nominierten Janis Blaswich setzt.

Schon am Dienstag in Österreich könnte der Leipziger zeigen, ob er es besser kann. Nagelsmann ließ einen Wechsel auf der Torwartposition jedenfalls offen.

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Kai Havertz als Linksverteidiger

Die völlig unerwartete Entscheidung, den Offensivspieler von Arsenal nach links in die Viererkette zu stellen, zahlte sich zumindest nach Nagelsmanns Meinung aus.

"Kai Havertz hat ein herausragendes Spiel gemacht. Die einzige Personalie, die heute überraschend war, war mit unser bester Mann", meinte er.

Immerhin erzielte der 24-Jährige die frühe Führung und gewann zudem einige Defensivzweikämpfe. Fakt war aber auch, dass man ihm die ungewohnte Rolle mit zunehmender Spielzeit ansah und die Fehlerquote stieg. Hinzu kam der unglücklich verursachte Handelfmeter zum 2:3-Endstand.

"Franz Beckenbauer hat mal gesagt, ein Stürmer hat im eigenen Strafraum gar nichts zu suchen", bemerkte Lothar Matthäus bei "RTL" und kritisierte Nagelsmanns "Ausprobiererei".

Matthäus‘ Hauptargument: Durch den vorgerückt agierenden Havertz sei die DFB-Abwehr faktisch zur Dreierkette geworden, "die die deutsche Mannschaft nicht beherrscht".

Farglich, ob der Linksverteidiger Havertz, gerade mit Blick auf mögliche Weltkasse-Gegenspieler auf außen bei der EM, mehr als ein Experiment bleibt.

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Joshua Kimmich und Ilkay Gündogan im Mittelfeldzentrum

Auch beim nominell so starken Mittelfeld-Duo legte Matthäus den Finger in die Wunde. "Gündogan und Kimmich, das hat man auch bei der Weltmeisterschaft gesehen, passen auf der Doppelsechs nicht zusammen, weil sie sich zu ähnlich sind", meinte der Rekord-Nationalspieler:

"Das sind zwei große Spieler, ich würde fast sagen Weltklassespieler, aber die tun sich nicht gut, wenn sie zusammenspielen. Ein Sechser, der vor der Abwehr aufräumt, das ist weder Gündogan noch Kimmich."

So blieben die Abstände im defensiven Mittelfeld einmal mehr viel zu groß, nicht ohne Grund hatte die Türkei zahlreiche Schusschancen aus der Distanz, etwa beim Pfostenkracher des Dortmunders Salih Özcan.

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Brandt hadert: "Kein Rückschritt" - aber ein Problem

Weder Kimmich noch Gündogan gelang es, das Spiel an sich zu reißen - das Gegenteil war vielmehr der Fall, die nötige Stabilität und Ordnung wurden nicht zum ersten Mal schmerzlich vermisst.

Nach der Partie wollte Nagelsmann zumindest keine Einsatzgarantien mehr verteilen: "Einem Spieler einen Freifahrtschein zu geben, da sehe ich die Sinnhaftigkeit nicht dahinter. Jeder muss sich zerreißen und dann müssen wir schauen, dass es passend zum Gegner gut funktioniert. Und dann werden wir hoffentlich auch die richtige Entscheidung treffen."

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Julian Brandt als Musiala-Ersatz

25 Minuten lang schien Nagelsmanns Entscheidung aufzugehen, den gesetzten Leroy Sane und Florian Wirtz anstelle des verletzten Jamal Musiala den Dortmunder Julian Brandt an die Seite zu stellen. Das Trio sorgte zunächst für ordentlich Wirbel, vor allem Brandt tauchte danach aber immer mehr ab und war über 90 Minuten einer der schwächsten deutschen Spieler.

Möglicherweise wäre es die bessere Idee gewesen, wie beim FC Bayern Thomas Müller als ersten Musiala-Backup zu bringen, zumal dessen Erfahrung in der aufgepeitschten Atmosphäre der Mannschaft vermutlich geholfen hätte.

Zumindest aber hätte Nagelsmann Müller oder einen anderen Offensivspieler wie Serge Gnabry oder Jonas Hoffmann früher ins Spiel bringen können, als die Partie langsam kippte. Erst nach 71 Minuten gab es die ersten Wechsel. Brandt jedenfalls konnte Musiala nicht ersetzen.

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EM-Euphorie entfachen

Die Voraussetzungen waren eigentlich hervorragend: Unter Nagelsmann war der Neustart auf der US-Reise mit einem Sieg und einem Unentschieden gelungen, nun folgte das stimmungsvolle Spiel im ausverkauften Berliner Olympiastadion - also genau an dem Ort, an den die deutsche Mannschaft im Idealfall spätestens zum EM-Finale 2024 zurückkehren will.

Doch diese Chance, eine Euphorie zu entfachen, wurde von den Gastgebern nicht genutzt. Vielmehr hatte man den Eindruck, dass sie der teils hitzigen Atmosphäre mit der deutlichen Unterstützung für die Türkei von den Rängen nicht gewachsen war.

Nagelsmann führte das auch auf die fehlende Einstellung und Mentalität einiger Spieler zurück - ein alarmierendes Zeugnis. "Die Taktik ist zweitrangig, es ist immer erst die Emotion", erklärte er:

"Wenn du da auf 100 Prozent bist, kannst du taktisch auch deutlich schlechter sein. Wenn die Emotionen nicht so sind, musst du taktisch brillant sein, um das Spiel trotzdem positiv zu gestalten. Einzelne Spieler hatten nicht dieses 100-prozentige Überzeugung, den Willen wie der Gegenspieler."

Bleibt die Frage, ob es ein gutes Zeichen war, dass Nagelsmann die fehlende Emotionalität als Hauptgrund für die Niederlage ausmachte und direkt nach dem Spiel keine eigenen Fehler erkennen konnte.

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