Kommentar zum Mexiko-Spiel
Trotz gelungenem Nagelsmann-Start: Die Probleme sind offensichtlich - ein Kommentar
- Aktualisiert: 18.10.2023
- 12:17 Uhr
- Tobias Hlusiak
Julian Nagelsmann hat der schwer angeschlagenen Nationalmannschaft neues Leben eingehaucht. Es herrscht so etwas wie Aufbruchstimmung. Trotzdem ist übertriebene Euphorie noch nicht angebracht. Es wartet noch viel Arbeit. Ein Kommentar.
Von Tobias Hlusiak
"Absolut begeistert" sei er, frohlockte der Bundestrainer, als das zweite Spiel der im Vorfeld so heftig kritisierten US-Reise der Nationalmannschaft beendet war. "Noch nie" habe er "eine Mannschaft trainiert, die so schnell Dinge umsetzt. Deshalb mache ich mir keine Sorgen."
3:1 gegen die USA und nun also 2:2 gegen Mexiko. Julian Nagelsmann fliegt nach seinen ersten zwei Länderspielen in verantwortlicher Position ungeschlagen nach Hause.
Damit erreicht er ein nicht unwesentliches Zwischenziel. Dass er nun lobende Worte findet, ist vollkommen nachvollziehbar. Schließlich will und muss der 36-Jährige ein - noch kürzlich schwer angeschlagenes - Team aufrichten.
Und: Es gab ja auch eine Menge positive Dinge zu beobachten. Die Stimmung zum Beispiel hat sich deutlich verbessert. Das Offensivspiel macht Hoffnung und ein echter Knipser steht auch vorne drin.
Trotzdem wird Nagelsmann die Baustellen gesehen haben, die er bis zum Start der Europameisterschaft im kommenden Juni bearbeiten muss. Denn gegen starke Mexikaner schoben sich diese - anders als vor drei Tagen gegen zahme US-Boys - deutlich ins Sichtfeld.
Mehr zum DFB-Team
Wer flitzt die Linien hoch und runter?
Die Außenverteidigerpositionen sind eine solche.
Links war Robin Gosens zwar in beiden Spielen direkt an einem eigenen Treffer beteiligt. Die Offensive war aber ohnehin nie das ganz große Problem des Neu-Berliners.
Vielmehr dürften die immer wieder auftretenden Schwächen in der defensiven Absicherung dem Bundestrainer Kopfschmerzen bereiten. Gegen Mexiko war nicht nur beim zwischenzeitlichen Treffer zum 1:2 aus deutscher Sicht die Seite viel zu offen.
Und rechts?
Da probierte Nagelsmann in beiden Spielen etatmäßige Innenverteidger aus, was eigentlich schon alles sagt. Weder Jonathan Tah (solide gegen die USA) noch Niklas Süle (schwach gegen Mexiko) dürften aber eine langfristige Lösung sein.
Also doch Benjamin Henrichs oder Joshua Kimmich? Vier Spiele hat Nagelsmann vor der EM-Nominierung noch Zeit, um die richtige Besetzung zu finden.
Gleiches gilt für das defensive Zentrum.
Externer Inhalt
Deutschland gegen Mexiko: Die Noten für das DFB-Team
Was tun, wenn der Gegner presst?
Hier mischte Nagelsmann während der US-Reise am wildesten durch.
Rückkehrer Mats Hummels dürfte dabei der größte Gewinner sein. Der BVB-Star nahm ohne große Umwege sofort eine Leaderrolle ein und überzeugte gegen die USA an der Seite Antonio Rüdigers.
Letzterer hatte im Verbund mit Tah gegen Mexiko deutlich größere Probleme. Was allerdings auch am deutlich aggressiver spielenden Gegner lag.
Dennoch wirkte der gesamte zentrale Defensivverbund aus Innenverteidigern plus zentralem Mittelfeld gegen die Pressingmaschinerie von "El Tri" nicht unbedingt stressresistent.
In den November-Tests gegen die Türkei und Österreich - bei denen auch Schlüsselspieler Joshua Kimmich zurückerwartet wird - muss hier ein Schritt nach vorne gemacht werden.
Schweinsteiger legt den Finger in die Wunde
"ARD"-Experte Bastian Schweinsteiger brachte es kurz und bündig auf den Punkt. Die Restverteidigung müsse angegangen werden und die Verteidiger sollten das eigene Ballbesitzspiel verbessern.
"Sonst", sagte der Weltmeister von 2014, "werden wir bei der Europameisterschaft keine Chance haben!"
Das Gute ist: Mit Julian Nagelsmann ist die Hoffnung zurückgekehrt, dass die Probleme in absehbarer Zeit tatsächlich der Vergangenheit angehören könnten.
Zu eklatant ist die Verbesserung, die er in so kurzer Zeit bewirkt hat. Auch wenn noch viel Arbeit bleibt.