Auf die deutsche Handball-Nationalmannschaft wartet mit Frankreich zum Abschluss der Vorrunde der erste echte Prüfstein bei der Heim-EM. Wie kann die DHB-Auswahl den Rekordweltmeister schlagen? Wer sind großen Schlüsselspieler auf beiden Seiten? Und warum ist es trotz des bereits fixierten Weiterkommens ein Schicksalsspiel? ran beantwortet die wichtigsten Fragen.
Aus Berlin von der Handball-EM berichtet Jonas Rütten.
Fast genau elf Jahre ist es her, als Deutschland zum bis dato letzten Mal eine der ganz großen Handball-Nationen geschlagen hat. Am 18. Januar 2013 gelang Deutschland das letzte große Ausrufezeichen gegen Frankreich. Seitdem gab es einige bittere, weil knappe Niederlagen.
28:29 im Olympia-Halbfinale 2016 in Rio de Janeiro, 25:26 im Spiel um Platz 3 bei der WM 2019, 29:30 in der Olympia-Vorrunde 2021 in Tokio und dann die 28:35-KLatsche im WM-Viertelfinale im vergangenen Jahr in Polen.
Frankreich ist in den vergangenen Jahren so etwas wie das Kryptonit der DHB-Auswahl geworden. Ein Angstgegner, dem irgendwie nicht beizukommen ist.
Vor dem nun anstehenden nächsten Kracher-Duell erklärt ran, wie die deutsche Mannschaft diesmal die Franzosen knacken kann und warum das Aufeinandertreffen trotz der bereits sicheren Teilnahme an der Hauptrunde ein Schicksalsspiel ist.
Die Eidgenossen müssten insgesamt 23 Tore aufholen. Ein absurd hoher Sieg gegen Nordmazedonien und ein deutscher Kantersieg über Frankreich wären vonnöten. Beides wird es in der Form, wie es die Schweiz benötigt, nicht geben.
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Handball-EM 2024 - Deutschland vs. Frankreich: Worum geht es im EM-Kracher?
Warum also ist das Spiel so wichtig, obwohl Deutschland und Frankreich schon weiter sind? Ganz einfach: Die beiden Teams, die aus einer Gruppe in die Zwischenrunde kommen, nehmen die Punkte aus dem direkten Duell in der Vorrunde mit.
Bedeutet: Schlägt Deutschland Frankreich, startet die DHB-Auswahl mit zwei Punkten in die Hauptrunde, bei einem Remis nehmen Deutschland und Frankreich jeweils einen Zähler mit.
In der Hauptrunde wird Deutschland vier Spiele absolvieren gegen die Erst- und Zweitplatzierten aus den Vorrundengruppen B und C. Bereits sicher qualifiziert sind Ungarn und Kroatien. Spanien oder Österreich und Island oder Serbien werden sich dazugesellen.
Vorteil Deutschland: Die andere Hauptrundengruppe wird mit dem amtierenden Europameister Schweden, Top-Favorit Dänemark und den Norwegern als wesentlich schwerer eingestuft.
Nur die zwei besten Teams aus der Hauptrunde ziehen ins Halbfinale ein. Der Spielraum für Fehler ist daher minimal. Sollte Deutschland gegen Frankreich zum Abschluss der Vorrunde verlieren, müsste die Mannschaft von Bundestrainer Alfred Gislason für den Traum vom Halbfinale und dem Kampf um die Medaillen alle Hauptrundenspiele gewinnen. Das ist nicht unmöglich, aber eine absolute Herkulesaufgabe. Ergo: Aus den kommenden fünf Spielen ist maximal ein Ausrutscher erlaubt.
Das Kracher-Duell zum Vorrundenabschluss ist de facto ein Schicksalsspiel für die junge DHB-Mannschaft – und das im doppelten Sinne. Bei einer Niederlage rückt das Halbfinale in weite Ferne, ein Sieg würde hingegen ein ganzes Land entfesseln, eine unglaubliche Euphorie auslösen und den Glauben an ein Wintermärchen 2.0 endgültig auch in die Köpfe der Spieler festsetzen.
Deutschland erreicht vorzeitig Hauptrunde: Die Noten der DHB-Stars Die deutsche Handball-Nationalmannschaft steht nach dem zweiten Sieg im zweiten Spiel vorzeitig in der Zwischenrunde der Heim-EM. Beim nie gefährdeten 34:25-Sieg über Nordmazedonien erwischt ein DHB-Star einen schwachen Tag, während ein Wahnsinns-Joker sticht und ein Offensivspieler absolute Weltklasse zeigt. Die Noten und Einzelkritiken.
Tor: Andreas Wolff Erste Parade nach sechs Minuten, den ersten Siebenmeter schaut er grimmig am Tor vorbei. Dann hält er gefühlt gar nichts mehr. Der Unbezwingbare aus dem Schweiz-Spiel ist sehr verwundbar. Als er nach 23. Minuten runter muss, steht er bei 9 Prozent gehaltener Bälle. Unterirdisch – aber auch nur eine Momentaufnahme! ran-Note: 5
Tor: David Späth Weil Woff keine gute erste Halbzeit erwischt, schon früh im Spiel gefordert. Seine erste Aktion? Gleich mal eine Parade. Kurz vor der Pause nimmt er nochmal einen freien Abschluss weg. Das entfesselt ihn komplett. Fünf Paraden binnen sieben Minuten plus Traum-Assist auf Mertens und einen gehaltenen Siebenmeter. Was für ein Wahnsinns-Joker, den der DHB da hat. ran-Note: 2
Linksaußen: Lukas Mertens Defensiv gleich voll auf der Höhe. Erobert zwei Bälle, die zu Treffern führen. Zieht ab und an nach innen, um Unruhe im nordmazedonischen Block zu stiften. Schon in der Anfangsphase doppelt erfolgreich u.a. mit einem Weltklasse-Wurf von Außen. Steht am Ende bei 3/3, bringt Gislason einmal an den Rand des Wahnsinns mit einem missglückten Kempa-Trick. Dennoch: ran-Note: 2
Linksaußen: Rune Dahmke Kommt erst in der Schlussphase des Spiels für den guten Mertens. Bei ihm stellt sich aktuell die Frage, wie fit er ist, hatte er doch länger mit muskulären Problemen zu kämpfen. Keine Bewertung.
Rückraum links: Julian Köster Macht zunächst da weiter, wo er gegen die Schweiz aufgehört hatte. Zuckerpass auf Golla zum 1:0, Tor zum 2:1, Assist zum 3:1. Dann kommt ein kleiner Bruch. Lässt zwei Riesenchancen liegen, bekommt defensiv keinen Zugriff mehr. Seine frühe Auswechslung daher folgerichtig. Die Denkpause tut ihm gut, kommt stark verbessert aus der Pause. ran-Note: 3
Rückraum links: Sebastian Heymann Kommt schon Mitte der ersten Halbzeit für den etwas schwächelnden Köster. Seine erste Aktion: Kurze Täuschung und rein das Ding. Bleibt auch defensiv – erst für Köster, dann für Knorr – auf der Platte. Macht seine Sache wie schon gegen die Schweiz gut mit Steals und Gegenstößen. Starker Joker. ran-Note: 2
Rückraum links: Martin Hanne Kommt anders als gegen die Schweiz erst recht spät. Zeigt noch einen Traum-Assist, hat im eigenen Abschluss aber bei seinen zwei Würfen kein Glück. ran-Note: 3
Rückraum links / Mitte: Philipp Weber Kommt als letzter Deutscher im 16er-Kader mit der zweiten Garde, zeigt aber, dass er durchaus noch das ein oder andere Pfund (2/2) oder Zuckerpässchen im Handgelenk hat. Mit seiner Erfahrung aber besonders in der Kabine wichtig fürs Teamgefüge. ran-Note: 3.
Rückraum Mitte: Juri Knorr Überlässt zu Beginn Köster die Bühne, übernimmt dann aber immer mehr Verantwortung und Würfe. Am Ende steht eine offensiv bärenstarke Leistung mit zehn Toren bei zwölf Versuchen. Bekommt nach der Pause defensiv Arbeit abgenommen, zahlt dies mit zwei absoluten Traum-Vorlagen zurück. Eine offensiv absolute Weltklasse-Leistung. ran-Note: 1
Rückraum Mitte: Nils Lichtlein Die tragische Figur des Schweiz-Spiels darf schon früh ihre ersten EM-Minuten sammeln – und Lichtlein macht seine Sache mit Spielwitz, Spieltempo und mit Torgefahr wirklich nicht schlecht. Einziger Makel der ersten Halbzeit ist ein Missverständnis mit Knorr und der daraus folgende Ballverlust. ran-Note: 3
Rückraum rechts: Renars Uscins Beginnt für Häfner offensiv, die defensiven Sequenzen übernimmt Steinert. Erster Abschluss an die Latte, wenig später mit voller Wucht zum 4:2. Die Spielanteile gehen ihm dann zu Gunsten Lichtleins etwas abhanden, in der Schlussphase etwas übermotiviert mit schwierigen Abschlüssen und einem wilden Zuspiel. ran-Note: 4
Rückraum rechts / Rechtsaußen: Christoph Steinert Übernimmt wie schon gegen die Schweiz die defensiven Aufgaben auf Rückraum rechts. Macht dort seine Sache engagiert und aggressiv, zwingt Nordmazedonien so zu einigen riskanten Zuspielen und Fehlern. Kommt sogar in den Genuss eines Tempogegenstoßes. ran-Note: 3.
Rechtsaußen: Timo Kastening Anders als Mertens auf links offensiv zunächst kaum im Spiel. Defensiv dafür durchaus gefordert, weil Steinert sehr offensiv verteidigt. Dreht nach der Pause komplett auf, ist immer wieder im Tempospiel dabei, trifft noch dreimal. Erarbeitet sich außerdem Standing Ovations, als er einen Ball clever wieder zurückerobert. ran-Note: 2
Kreis: Johannes Golla Bockstark! Offensiv viel besser eingebunden als noch gegen die Schweiz. 3/4 aus dem Feld, dazu zwei Siebenmeter rausgeholt und defensiv der gewohnt für den Gegner maximal unangenehme Abwehrchef, der das Offensivspiel der Nordmazedonier immer wieder mit cleveren Fouls lahmlegt. Wird früh im Spiel geschont, um zu sehen, wie die junge Mannschaft auf sein Fehlen reagiert. ran-Note: 2
Kreis: Jannik Kohlbacher Kommt in einer kurzen Sequenz schon früh für Golla – und ist gleich wieder die Effizienz in Person. Anspiel an den Kreis, Kohlbacher liegt quer, Tor für Deutschland. Dann wird es wieder ruhiger um Kohlbacher, kommt wie so häufig in Überzahl-Unterzahl-Situationen. Am Ende steht er bei 2/2. Souveräner Auftritt. ran-Note: 3
Kreis: Justus Fischer Bekommt seine ersten Minuten recht zügig nach der Pause und spielt am Ende bei klarer Führung nahezu durch. Darf defensiv Akzente setzen, Erfahrung an der Seite von Köster und Heymann sammeln und trifft selbst noch zweimal ohne Fehlwurf. ran-Note: 3
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Deutschland vs. Frankreich bei der Handball-EM – DHB-Kader: Wie ist die personelle Lage?
Bundestrainer Alfred Gislason muss nach den schwerwiegenden Ausfällen von Patrick Goretzki und Marian Michalczik im Vorfeld der EM keine weiteren Hiobsbotschaften verkraften.
Weil alle 17 Spieler wieder dabei sind, muss Gislason einen Spieler aus dem 16er-Kader für das Spiel jedoch noch streichen. Gegen die Schweiz beim Weltrekordspiel erwischte es Nils Lichtlein.
Gegen Nordmazedonien kam er zu seinem EM-Debüt, stand allerdings nur knapp zweieinhalb Minuten auf dem Parkett. Gut möglich, dass es den Youngster erneut erwischt und Gislason lieber auf den erfahrenen Philipp Weber setzt, der einen guten Eindruck im zweiten Vorrundenspiel hinterließ.
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Handball-EM - Deutschland vs. Frankreich: Karabatic, Dika Mem, Fabregas und Co. - wer sind die Stars der Franzosen?
Einer der ganz Großen des Welthandballs wird im Sommer seine Karriere beenden. Zuvor soll seine Abschiedstournee bei der EM und bei den olympischen Spielen im Idealfall noch einmal vergoldet werden. Die Rede ist von Nikola Karabatic. Ja, er spielt immer noch!
Doch am mittlerweile 39 Jahre alten dreimaligen Welthandballer nagt sichtlich der Zahn der Zeit. Beim EM-Auftakt gegen Nordmazedonien bekam er zwar insgesamt 30 Minuten, stand am Ende aber bei nur einem Tor bei vier Versuchen. Gegen die Schweiz spielte er dann nur sechs Minuten, ohne einmal aufs Tor zu werfen.
Karabatic ist nicht mehr der Dreh- und Angelpunkt der Franzosen, die Führungsrollen übernehmen mittlerweile die jüngere Garde, angeführt vom überragenden Rückraumspieler Dika Mem (26).
Dazu kommen noch Nedim Remili (28), Melvyn Richardson (26) und dem Weltklasse-Kreisläufer Ludovic Fabregas (27). Auch auf Außen sind die Franzosen bärenstark besetzt mit Auftaktspiel-MVP Hugo Descat (31, 7/7 gegen Nordmazedonien) und dem immer wieder einlaufenden Dylan Nahi (24).
Die großen Zeiten des Nikola Karabatic mögen sich dem Ende entgegen neigen, doch Frankreich ist individuell dennoch mit Weltklasse-Spielern besetzt. Auch deshalb geht die Equipe Tricolore für viele als Favorit in das Spiel gegen Deutschland.
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Handball-EM – Deutschland vs. Frankreich: Wie kann das DHB-Team Frankreich schlagen?
Individuell sind die Franzosen besser als das DHB-Team. Defensiv sind sie physisch enorm stark, leichte Fehler, Ballverluste und schlechte Abschlüsse werden umgehend im blitzschnellen Gegenstoßspiel bestraft. Offensiv mag das französische Spiel manchmal statisch wirken, doch da kommt die individuelle Klasse im Rückraum ins Spiel. Entweder sucht Dika Mem selbst den Abschluss oder Ludovic Fabregas am Kreis wühlt sich durch. Fabregas war einer der Schlüsselspieler gegen die Schweiz (6/6).
Wie also kann das DHB-Team die Franzosen stoppen? Es brauche den "perfekten Tag", sagte Gislason nach dem Nordmazedonien-Spiel – und zwar in allen Mannschaftsteilen. Es besteht jedoch kein Zweifel darüber, dass eine absolute Weltklasse-Leistung in der Defensive die Basis für einen Sieg gegen Frankreich sein muss.
Der Mittelblock mit Johannes Golla und Julian Köster im Verbund mit Torhüter Andreas Wolff muss mindestens an das Niveau vom Auftaktspiel gegen die Schweiz herankommen, damit Deutschland eine Chance hat.
Gerade der gegen die Schweiz alles überragende Wolff (61 Prozent gehaltene Bälle) erlebte gegen Nordmazedonien einen gebrauchten Tag und muss sich – wie auch Köster – gegen Frankreich definitiv steigern. Dabei müsse der Mittelblock Wolff helfen, um gut ins Spiel zu finden, sagte Golla. Gegen Nordmazedonien sei das einfach nicht gut genug gewesen.
Besonders Golla wird gegen Frankreich auch offensiv gefragt sein. Denn obwohl die Franzosen in ihrer Abwehr physisch stark sind, offenbarten sie in den ersten beiden EM-Spielen eine kleine Schwäche.
23 Gegentore kassierte Frankreich von gegnerischen Kreisläufern, besonders gegen die Schweiz war auffällig, dass immer wieder Räume frei wurden, weil die Eidgenossen durch Andy Schmid Gefahr aus dem Rückraum ausstrahlten und Frankreich dadurch etwas offener und höher stehen musste.
Offensiv wird es also darauf ankommen durch Köster, Juri Knorr und Kai Häfner aus dem Rückraum früh Torgefahr auszustrahlen. Dann wird es Räume geben und in Knorr hat Deutschland einen kommenden Weltklasse-Spielmacher, der kleine Lücken sofort mit starken Anspielen bestrafen kann.
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Handball-EM 2024: Deutschlands Neulinge Späth, Hanne, Lichtlein, Uscins und Fischer in der Rookie-Watch
MVP, Geheimwaffe, Millionärssohn und ein Eklat: Das sind die DHB-Rookies In Justus Fischer, David Späth, Renars Uscins, Martin Hanne und Nils Lichtlein stehen fünf Turnierdebütanten im deutschen EM-Kader. Wer sind die DHB-Youngster? Welche Rolle haben sie beim Auftakt gespielt – und was können sie der deutschen Mannschaft im Turnierverlauf noch geben?
Tor: David Späth (Rhein-Neckar Löwen) Beim EM-Auftakt so gesehen der "Leidtragende" der Andi-Wolff-Gala. Kam gegen die Schweiz knapp neun Minuten vor Spielende zu seinem EM-Debüt, konnte immerhin einen von fünf Bällen halten. Die Rollenverteilung ist klar: Wolff ist die Nummer eins, Späth soll Erfahrung hinter ihm sammeln – und in möglichen Schwächephasen des 33-Jährigen einspringen.
David Späth als WM-Held: 16 Paraden im Finale
Dass er großen Turniere entscheiden kann, zeigte Späth beim WM-Titelgewinn der U21 im vergangenen Jahr, als er einer der Schlüsselspieler mit 35 Prozent gehaltener Bälle war. Mit 16 Paraden im Finale gegen Ungarn sicherte er den deutschen Junioren den Titel. Auch bei den Rhein-Neckar Löwen avancierte Späth schon zum Final-Helden.
Späth entscheidet Final Four und hält den Löwen den Pokalsieg fest Den DHB-Pokal hielt er im Endspiel des Final Four gegen den SC Magdeburg mit drei gehaltenen Elfmetern und zahlreichen starken Paraden fest. Insgesamt steht er in der HBL bei 30,47 Prozent gehaltener Bälle. Obwohl alle in Späth eines der größten Torhüter-Talente Europas und einen kommenden Weltklasse-Keeper sehen, sorgte seine EM-Nominierung für reichlich Ärger.
Eklat nach Späth-Nominierung: "Viele Ahnungslose am Werk" Als Alfred Gislason unter anderem Späth in den 35er-Kader vor dem Turnier berief, sprach der ignorierte Wetzlar-Keeper Till Klimpke von einer "politischen" Entscheidung von "vielen Ahnungslosen". Man werde halt nicht eingeladen, "wenn man nicht der beste Freund vom Bundestrainer ist".
Späth und Wolff sind die "Idealkonstellation" Allerdings spricht beispielsweise Weltmeister Henning Fritz von der Kombination Wolff/Späth als "Idealkonstellation" für ein erfolgreiches Turnier. Und tatsächlich: Beide schätzen sich ungemein, sind ähnlich emotionale Typen. Wolff ist von den Qualitäten seines Backups, der übrigens der Cousin von Topmodel-Gewinnerin Stefanie Giesinger ist, mehr als überzeugt: „Irgendwann wird er einer der Besten der Welt sein."
EM-Prognose: Späth wird seine Chance bekommen, ein X-Faktor zu sein Der 21-Jährige hat das Zeug dazu, Wolff irgendwann adäquat zu ersetzen. Bei der EM wird er seine Spielminuten wohl auch in der Hauptrunde bekommen. Späth könnte auch ein X-Faktor werden, sollte Wolff mal schwächeln und eine Pause brauchen, um sich zu sammeln.
Rückraum links: Martin Hanne (TSV Hannover-Burgdorf) Der 22-Jährige war DIE Überraschung im EM-Kader von Alfred Gislason. Bis zum ersten Testspiel gegen Portugal rund eine Woche vor Turnierbeginn hatte Hanne noch kein einziges Länderspiel auf dem Buckel. Sein Debüt war traumhaft. Fünf Tore aus sechs Versuchen. Dazu zeigte er, dass er noch woanders eine Geheimwaffe sein kann.
Martin Hanne: Deutschlands Schweizer Taschenmesser Plötzlich tauchte er immer wieder als Linksaußen auf, eine Taktik, die die Dänen mit Niclas Kirkeløkke immer wieder erfolgreich praktizieren. Hanne ist Deutschlands Schweizer Taschenmesser. Defensiv "sehr gut" (Gislason), aber seine großen Stärken sind das offensive Eins-gegen-Eins und seine Explosivität.
Kehrmann dämpft die Euphorie bei Hanne: "Das wäre falsch" Hanne allerdings jetzt zum großen deutschen Hoffnungsträger der EM hochzuspielen, "wäre falsch", sagte Florian Kehrmann im ran-Interview vor dem Turnier: "Martin ist ein richtig guter Junge, der mit seinen Fähigkeiten im Eins-gegen-Eins ein wichtiger Faktor und Joker sein kann, aber er hatte in den vergangenen Jahren auch eine schlimme Verletzung."
Martin Hanne wird von elfmonatiger Pause zurückgeworfen 2022 war tatsächlich kaum an eine EM-Teilnahme Hannes zu denken. Langwierige Rückenprobleme zwangen ihn zu insgesamt elf (!!) Monaten Pause. "Das Gefühl, nicht fit zu sein, war für mich sehr frustrierend“, sagte er rückblickend.
EM-Prognose: Martin Hanne wird die Geheimwaffe des DHB' Beim EM-Auftakt bekam Hanne aufgrund des klaren Spielstands immerhin knapp 13 Minuten auf dem Parkett. Seine Rolle ist ganz klar die eines Jokers. In Phasen, in denen es offensiv nicht läuft, kann er der DHB-Auswahl viel geben mit Eins-gegen-Eins-Situationen und kreativen Anspielen an den Kreis.
Rückraum Mitte: Nils Lichtlein (Füchse Berlin) Die tragische Figur des Weltrekordspiels. Alfred Gislason entschied sich für den erfahrenen Philipp Weber und gegen den U21-WM-MVP, der gegen die Schweiz in der Folge nicht zum 16er-Aufgebot gehörte. Doch Lichtlein ist ein Versprechen für die Zukunft, das zeigte er schon beim WM-Titel der deutschen Junioren.
Nils Lichtlein ist "ein kleines Genie" "Er ist ein kleines Genie, handballtechnisch gesehen", sagt Carsten Lichtlein – Europameister von 2016 – über seinen Neffen. Bei den Füchsen Berlin bekommt er aktuell wegen der Verletzungen von Paul Drux und Fabian Wiede schon große Spielanteile, im Schnitt legt er 2,0 Tore und 2,1 Assists pro Partie auf.
Lichtlein im Schatten des nächsten deutschen Handball-Superstars In der DHB-Auswahl ist das anders. Auf Rückraum Mitte wird der angehende Superstar Juri Knorr über das deutsche Turnierschicksal mit seinen Leistungen entscheiden, Lichtlein gab zumindest im zweiten Vorrundenspiel gegen Nordmazedonien endlich sein EM-Debüt.
EM-Prognose: Lichtleins Spielzeit hängt vom zweiten Vorrundenspiel ab Kai Häfner fehlte im zweiten Vorrundenspiel wegen der Geburt seines zweiten Kindes. Lichtlein rückte in den Kader, konnte aber nicht nachhaltig beeindrucken und musste seinen Platz im dritten Spiel gegen Frankreich wieder räumen. Ob er nochmal zum Zuge kommt, hängt vermutlich auch von Ausfällen ab.
Rückraum rechts: Renars Uscins (TSV Hannover-Burgdorf) Der Kapitän der U21-Weltmeistermannschaft bekam erwartungsgemäß die größten Spielanteile aller EM-Debütanten gegen die Schweiz (knapp 18 Minuten). Die Position im rechten Rückraum ist ein Gemeinschaftsprojekt mit den Routiniers Häfner und Christoph Steinert.
Renars Uscins gilt als Handball-Stratege Uscins gilt als echter Stratege auf der Platte und für sein Alter (21) als abgezockt und konstant. Gegen die Schweiz war er offensiv noch kein echter Faktor (0/2, ein Turnover, kein Assist), doch auch defensiv kann er positiv auf das Spiel einwirken.
EM-Prognose: Uscins wird die größten Spielanteile der EM-Debütanten bekommen Häfner ist offensiv erstmal gesetzt. Steinert ist nach der Verletzung von Patrick Groetzki aber nicht nur Häfners Defensiv-Ersatz, sondern auch als Rechtsaußen-Backup für Timo Kastening gefragt. Uscins wird also immer wieder Spielzeit im Laufe der EM bekommen.
Kreis: Justus Fischer (TSV Hannover-Burgdorf) Das Küken der DHB-Auswahl. Fischer ist mit 20 Jahren der jüngste EM-Teilnehmer und nach Späth, Uscins und Lichtlein der vierte U21-Weltmeister, der es in den Kader geschafft hat. Bei den "Recken" wird er in der HBL mittlerweile defensiv im Innenblock und offensiv am Kreis gesetzt, bei der U21-WM war er der "Emotional Leader" in der Abwehr.
Fischer mit bestem EM-Debüt der U21-Weltmeister Gegen die Schweiz kam er Mitte der zweiten Halbzeit rein und lieferte ein blitzsauberes EM-Debüt ab. Drei Abschlüsse, drei Tore – davon sogar ein Gegenstoß. Dazu noch ein Assist. Fischer, dessen Vater 2014 bei "Wer wird Millionär" die Million abräumte, war in seinen zwölf Spielminuten absolut auf Betriebstemperatur und rein statistisch der Beste unter den Neulingen.
EM-Prognose: Die dritte Geige wird für Überraschungen sorgen Ein interessanter Fakt, schließlich ist der deutsche Kreis und Innenblock der DHB-Auswahl mit Kapitän Johannes Golla und dem erfahrenen Kraftpaket Jannik Kohlbacher, der in Überzahl-Unterzahl-Situationen kommt, eigentlich bestens besetzt. Fischer wird bei der EM "nur" die dritte Geige spielen, aber er wird seine Momente bekommen, wenn Golla in bestimmten Phasen wie gegen die Schweiz geschont werden soll.
Deutschland vs. Frankreich – Handball-EM: Beginn, TV-Übertragung, Livestream, Liveticker
Der EM-Kracher zwischen Deutschland und Frankreich beginnt um 20.30 Uhr in der Berliner Mercedes-Benz-Arena. Übertragen wird das Spiel von der ARD und dem Streaminganbieter "Dyn".
Außerdem gibt es auf ran.de einen Liveticker zum Spiel, den Ihr hier findet.