26:24 gegen Island
Handball-EM: Warnschuss als Anzünder für mehr - ein Kommentar
- Veröffentlicht: 19.01.2024
- 10:35 Uhr
- Andreas Reiners
Die deutschen Handballer haben sich gegen Island lange schwergetan. Der Stresstest zeigt, was besser werden muss. Er kann aber auch entscheidender Anschub sein. Ein Kommentar.
Aus Köln berichtet Andreas Reiners
Johannes Golla brachte es auf den Punkt.
"Eigentlich ist es das Wichtigste, dass wir den Sieg nach Hause bringen. Egal wie", betonte der DHB-Kapitän auf ran-Nachfrage: "Er zeigt nämlich, dass wir auch mit knappen Spielen umgehen können."
Das 26:24 gegen Island war nicht schön, es war zäh, mühsam und erst am Ende berauschend. Der Erfolg hat gezeigt, dass es gegen körperliche Gegner offensiv hakt und Probleme gibt, dass Spielmacher Juri Knorr immer noch nicht richtig im Turnier drin ist.
Dass das Spiel über die Außen weiterhin nicht gut genug funktioniert. Und dass sich die deutschen Handballer zwingend steigern müssen.
Das Wichtigste in Kürze
Immer noch schwarze Löcher
So gesehen war der Sieg zum Hauptrundenauftakt noch einmal ein wichtiger Warnschuss.
Auch wenn mit Österreich, Ungarn und Kroatien in den kommenden Tagen lediglich eine große Handball-Nation (Kroatien) wartet und das Halbfinale weiterhin realistisch ist, geht es in allen Partien auf dem Niveau eng zu, auf Augenhöhe.
Die "schwarzen Löcher", die Bundestrainer Alfred Gislason immer wieder moniert, also die spielerischen "Auszeiten", die sich seine Mannschaft nimmt, sind weniger geworden, aber immer noch da. Diese Löcher müssen geschlossen werden, doch natürlich gehört das zur Lernkurve der teilweise noch jungen und unerfahrenen Mannschaft dazu.
Deshalb kann der Arbeitssieg auch ein Anzünder sein.
Denn er war, wie von Golla angemerkt, ein beeindruckend bestandener Stress- und Charaktertest. Das Team steht in der Hauptrunde im Grunde die ganze Zeit mit dem Rücken zur Wand, unter Dauerdruck, denn eine Niederlage kann umgehend das Aus bedeuten.
Eine Dauer-Crunch-Time sozusagen. Keine einfache Situation für die DHB-Auswahl, die damit aber erstaunlich gelassen und geduldig umgeht. Was Mut macht.
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Symbiose mit dem Publikum
Denn zugleich gelang die so essenzielle Symbiose mit dem Publikum in der Kölner Arena, der erhoffte Faktor ist tatsächlich einer.
Nach einem anfänglichen leichten "Fremdeln" riss man sich gegenseitig mit, und als der mal wieder überragende Torhüter Andreas Wolff die beiden Siebenmeter in der Schlussphase hielt, "knallt die Halle", so Golla: "Und das brauchen wir einfach. Dafür sind wir selbst verantwortlich, denn es setzt unglaublich viel Energie frei, vor allem in der entscheidenden Phase."
Diese entscheidende Phase dauert weiter an. Zunächst am Samstag gegen Überraschungsteam Österreich, dann Montag gegen Ungarn und schließlich Mittwoch gegen Kroatien.
Verlieren verboten.
Ein stetiger Stresstest also. Teil eins haben die Handballer bestanden. Und tatsächlich zählt erst einmal nur das. Weshalb der Sieg ein Warnschuss ist – aber auch Anschub für die nächsten Aufgaben sein kann.