Handball
Handball-EM 2024: Köln kann gegen Dänemark zum X-Faktor werden - ein Kommentar
- Aktualisiert: 25.01.2024
- 10:26 Uhr
- Andreas Reiners
Das DHB-Team muss im Halbfinale gegen "Weltmacht" Dänemark ran. Nicht zu unterschätzen ist dabei der X-Faktor Fans, denn die Lanxess Arena kann Handball. Und den Unterschied machen. Ein Kommentar.
Aus Köln berichtet Andreas Reiners
Die Zuschauer gehen in die Hocke. Alle.
Die Bässe wummern, die Töne des 90er-Jahre Hits "Narcotic" von Liquido dröhnen durch die Arena. Der entscheidende Moment baut sich erst langsam auf. Man weiß aber, was kommt. Man weiß, dass es knallen wird, während das "Dödödödödödödödödö" lauter und lauter wird.
Erst vibriert es. Die Ränge erzittern. Und dann bebt die Halle.
Die Zuschauer springen auf, gröhlen mit, wippen mit, machen Krach, machen Stimmung, feiern ausgelassen. Manche verkleidet, viele im Trikot, alle Arm in Arm oder Ton in Ton mit dem Ziel, die Mannschaft zum Sieg anzutreiben. Ein wild zusammengewürfeltes Party-Potpourri – die Faszination Lanxess Arena in ihrer reinsten Form. Dabei reichen während des Spiels in der Regel die ersten Beats eines Songs, und die Stimmung wird angefacht. Ein bisschen Mallorca-Feeling, nur etwas niveauvoller.
Immer wieder ist im Vorfeld von der 19.750 Fans fassenden Halle im Kölner Stadtteil Deutz geschrieben und gesprochen worden. Vom Mekka des Handballs, vom "Irrenhaus" im positiven Sinne.
Das Wichtigste in Kürze
Der entscheidende Unterschied?
Vier Spiele lang konnte man bei der Heim-EM erleben, wie viel Einfluss die Fans auf die deutschen Handballer haben. Welch ein essenzieller X-Faktor die Zuschauer sein können. Sie können auch im Halbfinale gegen Dänemark am Freitag einen Unterschied machen.
Vielleicht sogar den entscheidenden.
Fakt ist: Im Fernsehen kommt die Wucht nur ansatzweise rüber, wird das tobende Tollhaus nur bedingt transportiert. Inmitten der Menge kann es magisch werden, wenn sich die Stimmung als Klangteppich über die Platte legt, sich mit den Emotionen der Mannschaft und der Intensität des Spiels vermengt, wenn die Spieler das Ambiente aufsaugen und davon regelrecht aufgeputscht werden.
Oder wie Christoph Steinert es sagte: "Die Dänen haben die weltbeste Mannschaft, wir haben die weltbesten Fans."
Als Ass im Ärmel sozusagen.
Es ist keine Frage, dass die deutsche Mannschaft als klarer Außenseiter in das Halbfinale geht, die Dänen sind die "Weltmacht" im Handball. Genau diese Rolle des Underdogs kann aber im Verbund mit den Anhängern eine große Chance sein, denn vor allem die Dänen haben in diesem Spiel etwas zu verlieren, Deutschland hat hingegen deutlich weniger Druck.
Dafür haben die Fans in gewisser Weise die Macht, Emotionen rund um ein Spiel extrem zu verstärken, Einfluss zu nehmen, positiv für die DHB-Auswahl, aber auch negativ in Richtung der Dänen.
Fakt ist aber auch: Die deutschen Handballer müssen in Vorleistung gehen, die Halle "anzünden", müssen sowieso einen Sahnetag erwischen, ihre Fehler deutlich minimieren, die eigene Effektivität erhöhen und Emotionen in das eigene Spiel bringen, eine extreme Intensität. Die 20.000 sind 60 Minuten lang zwar bedingungslos bravourös, brauchen aber auch eine gewisse Rückmeldung von der Platte.
Idealerweise fortlaufend.
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Die Halle anzünden
Den Gegenbeweis gab es nämlich auch schon: Die Arena benötigte in der Hauptrunde einen gewissen Anlauf, es gab Momente der Zurückhaltung, als die DHB-Auswahl gegen Island oder Österreich ihre Probleme hatte. Die Partie gegen Ungarn war das Paradebeispiel dafür, wie es laufen muss und wie Fans und Spieler dann das Feuer gemeinsam durch ein komplettes Spiel tragen können.
Fest steht: Köln kann nicht nur Karneval - die fünfte Jahreszeit steht kurz vor ihrem Höhepunkt - Köln kann auch Handball. Und Köln kann im Halbfinale der X-Faktor werden. Aber nur, wenn auch das DHB-Team liefert.