Motorsport
Nürburgring-Selbsttest: Autor versucht sich im Formel-Auto als Rennfahrer
- Aktualisiert: 04.08.2023
- 22:14 Uhr
- Oliver Jensen
Vor dem DTM-Event auf dem Nürburgring (live auf ProSieben und ran.de) ist ran-Autor Oliver Jensen auf der legendären Rennstrecke schon einmal Probe gefahren - und zwar in einem Formel-Wagen. Dabei lief nicht immer alles glatt.
Es ist die eine Sache, sich gemütlich ein Autorennen im Fernsehen anzuschauen. Es ist aber eine völlig andere Sache, sich selber in ein Rennauto zu setzen und auf einem echten Grand-Prix-Kurs Vollgas zu geben.
Bevor die DTM am Nürburgring gastiert (4. bis 6. August, live auf ProSieben und ran.de) durfte ich auf Einladung des Streckenbetreibers schon einmal auf dem legendären Kurs eine Probefahrt machen. Allerdings nicht mit meinem privaten PKW, sondern in einem Formel-4-Wagen.
Zur Erklärung: Die Formel 4 wurde im Jahre 2014 als Bindeglied zwischen Kartsport und den Formel-3-Meisterschaften eingeführt. Die Rennboliden haben einen 1,4 Liter Turbomotor und 160 PS. Dies mag auf den ersten Blick gar nicht so viel erscheinen. Allerdings wiegt der Wagen auch nur 455 Kilogramm.
Wichtiges zum Thema
Zum Vergleich: Ein Porsche 911 hat zwar je nach Motorisierung mindestens 385 PS, wiegt aber mit 1.493 bis 1.785 kg mehrmal als dreimal so viel. Ein Formel-4-Fahrzeug ist also eine leichtgewichtige Rakete, schafft es in etwa 3,5 Sekunden von 0 auf 100 und erreicht Höchstgeschwindigkeiten von etwa 270 km/h.
Ich werde heute kein Max Verstappen
Dementsprechend groß ist mein Respekt, als meine Probefahrt bevorsteht. Zunächst findet eine kleine Schulung statt, in der mir und anderen "Hobby-Rennfahrern" der Umgang mit dem Rennwagen erklärt wird.
Der Einweiser versucht, die Erwartungen ein wenig zu senken. "Wir werden es nicht schaffen, aus Euch heute einen Max Verstappen zu machen", sagt er und fügt dann scherzhaft hinzu: "Aber vielleicht einen Pascal Wehrlein."
Mir persönlich würde es schon genügen, wenn ich das Fahrzeug einigermaßen unbeschadet über den Nürburgring bekomme.
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Alles ist sehr eng. Die drei Pedale vorne liegen so dicht beieinander, dass ich mit meiner Schuhgröße 46 aufpassen muss, nicht zwei Pedale gleichzeitig zu treten. Als mir der Gurt angelegt wird, bleibt mir fast die Luft weg. Platzangst sollte man jedenfalls nicht haben, wenn man ein solches Fahrzeug betritt.
Gleich geht es los, die Aufregung steigt. Per Funk bin ich mit einem professionellen Rennfahrer verbunden, der den Wagen vor mir steuert und mir noch ein paar Anweisungen gibt. In dem Moment, als es losgehen soll, passiert genau das, was ich nun überhaupt nicht gebrauchen kann - es regnet, und zwar heftig.
Während ich im Auto sitze, werden noch schnell Regenreifen aufgezogen. Als Sportjournalist weiß ich, dass bei Regen das fahrerische Können noch wichtiger ist. Ich befürchte aber, dass das für mich kein Vorteil ist.
Doch das spielt jetzt keine Rolle mehr: Ich lege los.
Kupplung treten, einen kleinen Schalter neben dem Lenkrad umlegen, Startknopf drücken – der Motor heult auf. Vorsichtig gebe ich Gas und rolle über die nasse Rennstrecke.
Ein Hauch von Playstation
Das Lenkrad ist mir immerhin nicht völlig fremd, weil es mich stark an mein Fanatec-Lenkrad erinnert, mit dem ich zu Hause an der Playstation das Game F1 spiele. Es gibt unzählige Knöpfe und Anzeigen, die ich glücklicherweise größtenteils nicht brauche.
Das Fahrzeug verfügt über ein 6-Gang Sadev-Racing Getriebe mit Paddleshift. Das heißt also: Ich schalte per Schaltwippen, die sich hinter dem Lenkrad befinden, die Gänge rauf und runter.
Nach der ersten Runde fühle ich mich selbstsicherer und trete auf den Geraden schon einmal ordentlich auf das Gaspedal. Die Fliehkräfte drücken mich tief in den Sitz, der Motor ist ohrenbetäubend laut.
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Immerhin: Unter dem Helm und dem undurchlässigen Rennoverall spüre ich den Regen nicht. Und die Regenreifen haben so einen guten Grip, dass ich trotz der nassen Fahrstrecke gut durch die Kurven komme. Mit dem Fahrverhalten eines PKWs bei Regen lässt sich das nicht vergleichen.
Doch wenn ein Laie Autorennen fährt, ist es ähnlich wie wenn ein Kind das Fahrradfahren erlernt: Je übermütiger man wird, desto schneller passieren Fehler.
Mit etwas Erfahrung, als ich bereits einige Male gefahren bin, fühle ich mich doch fast schon wie Max Verstappen, die Realität holt mich jedoch ein: Bei der Einfahrt in die Goodyear Kehre beschleunige ich, als die Räder noch zu weit querstehen – bei Nässe ein großer Fehler.
Ich drehe mich um 180 Grad, sodass ich rücklings auf das Kiesbett rolle und kurz darauf herausgezogen werden muss - in dem Video aus der Cockpit-Sicht lässt sich mein Fehler nachvollziehen.
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Auch zu einem anderen Zeitpunkt, auf trockener Strecke, passiert mir ein Fehler. Nach der Hyundai N Kurve brettere ich die Start- und Zielgerade herunter und habe etwa 220 km/h drauf. Doch die folgende Kurve, der Eingang in das Yokohama-S, ist tückisch. Sie ist spitz, und die Strecke fällt ein bisschen ab.
Ich trete voll auf die Bremse, kann nicht schnell genug herunterbeschleunigen, reiße das Lenkrad herum und drehe mich (siehe Video 1). Natürlich ist das ein klassischer Fahrfehler.
Aber andererseits: Wer die Grenzen nicht austestet, hätte auf der Rennstrecke auch nichts zu suchen.