Tod von Dilano van't Hoff
Motorsport ist nicht nur Berufsrisiko – Kommentar zur Tragödie um Dilano van't Hoff
- Aktualisiert: 03.07.2023
- 09:39 Uhr
- ran.de
Der Tod des niederländischen Formel-Talents Dilano van't Hoff macht zutiefst betroffen. Er zeigt aber auch, dass in Sachen Sicherheit kein Stillstand herrschen darf, auch beim Nachwuchs nicht. Ein Kommentar.
Die Bilder sind grauenvoll.
Sie machen betroffen, traurig und fassungslos. Denn sie zeigen den Unfall des niederländischen Formel-Talents Dilano van't Hoff, der bei dem heftigen Crash im Rahmen des Rennwochenendes der Formel-Regional-Europameisterschaft (FRECA) am Samstag in Spa auf tragische Art und Weise ums Leben kam.
Ein Zuschauer hielt den Moment zufällig fest, der Clip macht in den sozialen Netzwerken die Runde. Van't Hoff, der nur 18 Jahre alt wurde, hatte keine Chance, geriet auf der Kemmel-Geraden förmlich zur Zielscheibe, nachdem er sich gedreht hatte und auf der Fahrbahn stand. Adam Fitzgerald konnte nicht mehr ausweichen, raste mit voller Wucht auf Höhe des Cockpits in van't Hoffs Auto. Fitzgeralds Zustand ist glücklicherweise stabil.
Berufsrisiko und Eau-Rouge-Entschärfung
Reflexartig werden zwei Dinge in die Welt posaunt. Zum einen: Das ist Berufsrisiko. Zum anderen sind es die Rufe nach einer Entschärfung der berühmt-berüchtigten Eau Rouge, der Mutkurve auf der Traditions-Rennstrecke in Spa.
Vorab: Wer zart besaitet ist, sollte die Bilder meiden. Wer sie sich anschaut, wird sehen, dass die beiden Statements ein Stück weit am Thema vorbeigehen.
Klar ist: Motorsport ist gefährlich und in dem Sinne schwingt auch ein gewisses Berufsrisiko mit. Diese Gefahr macht zu einem Teil die Faszination des Sports aus, sorgt für Nervenkitzel und Spannung. Der Tod fährt bei Tempo 300 automatisch immer mit, heute zum Glück deutlich weniger als früher, als fatale Unfälle zur Tagesordnung gehörten. Wer aber in Watte über den Kurs zuckeln möchte, sollte auf Sim Racing setzen.
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Der Halo zeigt, wie es geht
Die Aufgabe der Verantwortlichen ist es, den Sport so sicher wie möglich zu machen, ohne dass er zu viel von seiner Faszination einbüßt. Dass das gelingen kann, zeigt das Beispiel des "Halo". Der Sicherheitsbügel wurde anfangs verspottet und belächelt, inzwischen wird er völlig zu Recht als Lebensretter gefeiert. Sein Aussehen stört schon lange niemanden mehr. Die Einführung hat allerdings Jahre gedauert.
Das Nachwuchs-Rennen in Spa hatte aber nichts mehr mit Spannung, Faszination oder Nervenkitzel zu tun, sondern war angesichts der Bedingungen Harakiri und damit lebensgefährlich. Ein Abbruch war hier die einzige Option, da gibt es auch keine zwei Meinungen.
Zum Abschuss freigegeben
Dass der Unfall passierte, nachdem nach einer langen Safety-Car-Phase das Rennen bei strömendem Regen und bei noch einer (!) zu fahrenden Runde noch einmal freigegeben wurde, macht umso fassungsloser. Das muss dringend aufgearbeitet werden und darf so nicht mehr vorkommen. Es kann nicht sein, dass die Formel 1 vor zwei Jahren wegen ähnlich katastrophaler Bedingungen in Spa zwei Runden hinter dem Safety Car herfährt und dies dann ein Rennen nennt, und der Nachwuchs in einer Formel-3-Serie, die vom Automobil-Weltverband (FIA) zertifiziert und vom italienischen Verband ACI Sport organisiert wird, förmlich zum Abschuss freigegeben wird.
Eine Fotomontage zeigt, wie ähnlich irre die Bedingungen am Samstag waren.
Die Eau Rouge spielte bei dem Crash sowieso nur bedingt eine Rolle. Dass sie eine Herausforderung ist, steht außer Frage, aber auch das gehört zum Mythos Formel 1. Entschärft man sie noch mehr, nimmt man ihr den Schrecken, dem Traditionskurs aber auch seine Seele. Es ist immer einfach, dem Kurs die Schuld zu geben, dabei ist das nicht immer die ganze Wahrheit. Schlimme Unfälle können überall passieren, siehe Romain Grosjean 2020 in Bahrain.
Stattdessen sollten schreckliche Tragödien wie am Samstag ein Weckruf sein, dass neben dem Aufarbeiten der Fehlentscheidung, bei den Bedingungen zu fahren, generell an Verbesserungen der Sicherheit schneller und intensiver gearbeitet werden muss, vor allem in den Nachwuchsklassen.
Die Gischt reduzieren
So wird zum Beispiel in der Formel 1 schon länger darüber nachgedacht, wie die Gischt bei Regenrennen reduziert werden kann. Eine Lösung gibt es aber noch nicht, neue Radabdeckungen sollen im Juli getestet werden.
Hoffentlich gibt es dann eine schnelle Entscheidung, die auch für den Nachwuchs eine Lösung ist. Denn Berufsrisiko hin oder her - Bilder wie in Spa will niemand mehr sehen.