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College Football: Die zehn X-Faktoren vor den Halbfinals
- Veröffentlicht: 21.12.2023
- 13:40 Uhr
- Mattis Oberbach
Vier Teams kämpfen in den Playoffs im College Football um den Einzug ins große Finale. ran hat die zehn Schlüsselfaktoren vor den Halbfinals.
Von Mattis Oberbach
Kurz nach dem Jahreswechsel werden die beiden Teilnehmer am Endspiel um die Meisterschaft im College Football ermittelt.
Im ersten Halbfinale am 1. Januar (23:00 Uhr) treffen die Michigan Wolverines auf die Alabama Crimson Tide, im zweiten Halbfinale kurz darauf (2. Januar, 02:45 Uhr) bekommen es die Washington Huskies mit den Texas Longhorns zu tun.
Beide Spiele werden live von ProSieben MAXX im Free-TV übertragen, zudem zeigen ran.de und Joyn die Partien als Livestream.
Worauf kommt es bei den Halbfinals an? Welche Themen werden entscheidend sein? ran nennt zehn Schlüsselfaktoren für die beiden Halbfinals.
Faktor 1: Michael Penix Jr. - Quarterback Washington
Der "Underdog" aus Washington, der gar kein wirklicher Underdog ist, hat den gefährlichsten Quarterback aller vier CFP-Teams in seinen Reihen.
Michigan, Texas und Alabama gehören fast seit Anbeginn der Zeit zu den größten Namen im Football-Adel, die Huskies eben nicht. Aber unter Michael Penix Jr., der bald ein First Round Pick wird, ist die Huskies-Offense trotz wiederholter Herausforderungen auf höchstem Niveau noch jedem Ansturm Herr geworden.
Der erste Sieg gegen Oregon war schon beeindruckend, der zweite, im Conference Championship Game, war eine beeindruckende Demonstration der eigenen Stärke. Der Linkshänder hat scheinbar ein Big-Play-Syndrom, was ihn einmal pro Drive zu Kinnlade-klappt-runter-Würfen zwingt.
Das Wichtigste zum College Football
Nachdem er zwischen 2018 und 2021 vier Jahre in Folge verletzungsbedingt keine Saison durchspielen konnte, hat er sich im Nordwesten der USA zum Star gemausert. Dank hoher Sympathiewerte fällt es leicht, Penix und den Huskies die Daumen zu drücken.
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Faktor 2: Offensive Line der Michigan Wolverines
Star-Guard Zak Zinter fällt nach der Horror-Verletzung gegen Ohio State Ende November zwar aus, aber die Wolverines haben zum wiederholten Male in den vergangenen Jahren eine der besten Offensive Lines im gesamten College Football.
Gemeinsam haben sie Running Back Blake Corum zu seiner zweiten 1.000-Yard-Saison geholfen und ihm den Weg zu 24 Rushing Touchdowns geebnet - zehn TDs mehr als der nächstbeste RB in den Halbfinals (Dillon Johnson, Washington).
Soll heißen: Wenn die O-Line Michigans auch ohne ihren vielleicht besten Mann die Form des Jahres halten und die Offense ihre lauflastige Taktik weiter durchziehen kann, werden die Wolverines nach 1997 endlich wieder um den Titel mitspielen dürfen.
Faktor 3: Quinn Ewers - Quarterback Texas
Das Thema ist eigentlich ausgenudelt, aber wir erwähnen es trotzdem nochmal: Mit dem abrasierten Vokuhila von Quinn Ewers änderte sich vieles bei den Longhorns.
Sein Image in der Öffentlichkeit, sein Blick auf Leben und Football, der Respekt der Teamkollegen - man bekam das Gefühl, hier wolle ein junger Mann alles tun, um dem Hype zu entsprechen und nicht mal in die Nähe einer schiefen Bahn zu geraten.
Für kaum einen Spieler in der jüngeren Vergangenheit wurde auf seinem Weg zum vermeintlich vorgemerkten Superstar-Status mehr digitale Tinte verwendet. Und 2023 hat er sich zur Mission gemacht, (fast) jedes Loblied zu bestätigen.
In allen denkbaren Statistiken hat er sich verbessert, aber man kann ihm auch einfach nur ein paar Minuten auf dem Feld zusehen und sofort wird erkennbar, dass er erwachsener geworden ist, Zahlen hin oder her.
Ob Ewers 2024 in die NFL geht oder bei Texas bleibt, hängt womöglich von seiner einzigen verbleibenden, eklatanten Schwäche ab: kein unnötiges Risiko eingehen.
Auch in dieser Saison hat der 20-Jährige verletzungsbedingt Spielzeit verpasst, weil er sich und seinen Körper unnötig in Gefahr brachte. Das muss Ewers abstellen, und zwar jetzt. Dann darf das texanische Powerhouse davon träumen, Mitte Januar endlich wieder BACK zu sein.
Faktor 4: Nick Saban - Head Coach Alabama
Nick Saban wurde schon das Ende seiner Blütezeit nachgesagt, bevor die 2022er-Saison so richtig beendet war. Nach Tua Tagovailoa, Jalen Hurts, Mac Jones und Bryce Young plötzlich keinen Superstar-Quarterback mehr; die Defensive nach dem Draft einer Handvoll Starter beraubt; im Rekrutieren der besten Nachwuchs-Talente nicht mehr die Nummer 1.
Die Pleite am 2. Spieltag gegen Texas und ein wackliger Sieg die Woche darauf schienen die Kritiker zu bestätigen - aber anschließend bewies die 72-jährige Trainerlegende, dass sie eben doch noch weit entfernt ist vom Rentenalter.
Exakt eine Woche wurde QB Jalen Milroe auf die Bank gesetzt und prompt erzielte die Offensive gegen South Florida den Saison-Negativwert von 17 Punkten.
Milroes Rückkehr bedeutete dann eine spürbare Verbesserung für das gesamte Team: Siege gegen Ole Miss, Texas A&M, Tennessee und LSU hatten schon wieder etwas von der Alabama-DNA der vorigen anderthalb Jahrzehnte.
Saban bemühte sich einerseits, das Lob der Medien runterzuspielen ("Haben noch viel zu verbessern."), andererseits vor dem Playoff-Komitee um einen Platz für sein Team zu plädieren ("Wer in dieser Conference nur ein Spiel verliert, gehört zu den besten Teams im Land.")
In diesem Sweetspot zwischen Zuckerbrot und Peitsche, gleichzeitig an Komitee, Medien, Fans und Spieler gerichtet, fühlt sich der Grummler der Nation offenbar am wohlsten. Und, siehe da: Der Sieg gegen Georgia, der Triumph in der SEC, hat unterstrichen, dass Sabans Stern auch mit 72 Jahren noch hell strahlt.
Faktor 5: Höhere Mächte
Das erste Halbfinale, Michigan gegen Alabama, findet im Rose Bowl statt, dieser Football-Pilgerstätte in Los Angeles, wo das älteste Bowl Game ausgetragen und zum Beginn des dritten Viertels, wenn die Sonne über dem Pazifik untergeht, einem Millionenpublikum das Wasser in die Augen getrieben wird.
Eine Bitte an Petrus und alle anderen zuständigen Bereichsleiter: Lasst dieses Footballfest nicht durch äußere Umstände beeinträchtigt werden. Erdbeben, Vulkanausbrüche, Klima hier und dort - wir möchten zumindest einen Tag im Jahr mal nur über die schönen Seiten im Leben nachdenken müssen.
Das zweite Spiel, Washington gegen Texas, wird in New Orleans ausgetragen, wo einst die Saints aufgrund einer desaströsen Referee-Entscheidung nicht um den Einzug in den Super Bowl spielen durften. Auf Safari haben wir ja nichts gegen Zebras, im Gegenteil, wir wollen sie dort vor die Kamera bekommen.
Aber nicht an Neujahr, nicht, wenn es um den Einzug ins National Championship Game geht. Liebe Schiedsrichter: Lasst sie halten, lasst sie raufen, lasst sie Hits austeilen, kurz: Lasst uns allen den Spaß am Sport.
Faktor 6: T’Vondre Sweat - Defensive Tackle Texas
Erst die Pflicht, dann die Kür und dann der ultimative Erfolg. So in etwa wünschen sich Texas-Fans die letzten Momente in der Longhorns-Karriere von T'Vondre Sweat, einem der besten Verteidiger der Uni-Geschichte.
Fünf Saisons lang hat sich die laufende Abrissbirne jeder Offensive Line erfolgreich entgegengestellt und sich zum Erstrunden-Pick geackert. Dann, im Big 12 Championship Game gegen Oklahoma State, bekommt er von seinem Team einen Receiving Touchdown geschenkt, obwohl das Spiel noch lange nicht entschieden war.
Man darf dieses Play als Dank für sportliche Höchstleistungen werten und man kann sich sicher sein, dass sowas weder im Halbfinale noch im Finale erneut passieren wird. Zu wichtig sind diese Momente für das Selbstverständnis der Uni Texas.
Also sagen Texas-Anhänger: Du hast erst deine Leistung gebracht, bist dann dafür belohnt worden - sei jetzt bitte nochmal Offense-Albtraum!
Einst musste er von seiner Mutter und seiner Tante überredet werden, statt Flag Football lieber Tackle Football zu spielen, heute werden die beiden von seinen Gegenspielern dafür verflucht.
Faktor 7: Jalen Milroe - Quarterback Alabama
Als Anführer der Offense für College-Dominator Alabama hat Jalen Milroe vieles richtig gemacht. Er hat sich immer in den Dienst der Mannschaft gestellt, wurde auch nach seinem Benching nicht zum Unruheherd und hat schließlich viel aus seiner zweiten Chance gemacht.
Trotzdem ist er (und damit die Offensive Alabamas) das größte Fragezeichen unter den Top 4. Michigan dürfte mit seiner großen Gefahr als Läufer noch am besten klarkommen - kann er als Werfer kontern? Wie einst Cam Newton hat er enorme PS im rechten Oberarm, ist aber gerade bei kurzen Bällen oft ein Stockwerk zu hoch unterwegs.
Findet er die Balance? Und, wenn es gegen die Wolverines klappt: Ist dann der Weg zum Titel frei, gegen möglicherweise schwächere Defensiven? Als sicher darf gelten, dass ihm die Bühne als solche nicht zu groß ist und er auch nicht durch unnötige Aktionen abseits des Feldes auffallen wird.
Aber an Neujahr zählt, was zwischen den Linien geschieht - und dort gibt es durchaus noch Fragezeichen.
Faktor 8: Jim Harbaugh - Head Coach Michigan
Nach zwei Sperren über insgesamt sechs Spiele wird Wolverines-Head-Coach Jim Harbaugh gegen Alabama und, falls zutreffend, auch im Finale an der Seitenlinie stehen dürfen.
Aber er steht nicht wegen seines Impacts während der Partie auf dieser Liste, sondern wegen seiner Worte und Taten abseits des Feldes und, noch viel mehr, wegen des möglichen Moral-Boosts im Falle einer erneuten Abwesenheit.
Als Rasenmäher-Fan ist der Bruder von John Harbaugh für einen Lacher zu haben, wenn er Michigan als "Underdog" und "America’s Team" bezeichnet, auch mal für einen Stirnrunzler. Aber so richtig motivierend auf seine Spieler wirkt er erst dann, wenn er wegen eines eigenen Vergehens gesperrt wird.
Als wäre der 59-Jährige von uns gegangen, wurde Harbaugh von seinen Spielern gewürdigt, mit T-Shirts, mit Gedenk-Formationen vor dem ersten Snap, mit kryptischen Tweets. (Nebenbei: Ist College Football nicht herrlich bescheuert, unterhaltend, wunderschön?)
Je nachdem, wie es gegen die Crimson Tide läuft, steht Harbaugh dann vor einer schwierigen Entscheidung: Lässt er sich sicherheitshalber sperren, um der Mannschaft den finalen Adrenalinstoß zu versetzen? Oder riskiert er mit seiner Anwesenheit, dass sein Team sich am Ende womöglich nur auf Gameplan und Resultat fokussiert?
Faktor 9: Rome Odunze & Ja’Lynn Polk & Jalen McMillan - Wide Receiver Washington
Ja'Lynn Polk verpasste zwei Spiele, Jalen McMillan sogar acht - ansonsten wären die Statistiken des von Rome Odunze komplettierten besten Receiver-Trios im College Football noch erheblich beeindruckender.
24 Receiving Touchdowns, fast 2.900 Yards und ca. 2,3 Millionen atemberaubende Big Plays: Kein Spiel vergeht, ohne dass beiden Fanlagern (dem eigenen und dem gegnerischen) die Luft wegbleibt, weil einer etwas physikalisch eigentlich Unmögliches mit dem Ball anstellt.
Selbst beim 15:7 gegen Arizona State, dem offensiv bei weitem schwächsten Spiel der Huskies-Saison, fingen Odunze und Polk kumuliert 14 Pässe für 184 Yards. Es wäre verblüffend, wenn keiner der drei gegen Texas aufblühen könnte.
Genau genommen ist es, nachdem McMillan endlich wieder komplett fit ist, sogar wahrscheinlicher, dass alle drei ihre Momente im Scheinwerferlicht bekommen.
Faktor 10: Ryan Watts - Cornerback Texas
Stichwort "endlich wieder fit": Die Longhorns brauchen einen gesunden Ryan Watts, um mindestens mal einen der drei eben genannten Huskies-Receiver einzudämmen.
Erst mit Schulter-Problemen, zuletzt mit einer Rückenverletzung ausgefallen, ist sein Status für Neujahr noch nicht sicher (College-Teams behandeln Verletzungen stets wie den Code für das Nuklear-Arsenal). Sollte er aber spielen können, bekommt die Longhorns-Secondary ein enorm wichtiges Puzzle-Teil zurück.