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NFL - Cincinnati Bengals vermasseln Saisonauftakt: Wie groß sind die Probleme?
- Aktualisiert: 10.12.2024
- 09:27 Uhr
- Chris Lugert
Die Cincinnati Bengals sorgen unfreiwillig für die größte Überraschung der ersten NFL-Woche 2024. Wie schlimm steht es um das Team wirklich?
Von Chris Lugert
Auf den ersten Blick war alles so wie immer. Die Cincinnati Bengals haben ihren Saisonauftakt in der NFL mal wieder in den Sand gesetzt, im fünften Jahr mit Quarterback Joe Burrow gab es die vierte Niederlage in Woche eins. Kein Grund zur Panik also - oder doch?
Tatsächlich war die 10:16-Heimniederlage gegen die New England Patriots ein schwerer Rückschlag. Die Patriots galten vor Saisonstart als eines der schwächsten Teams der Liga, das etwa mit dem Trade von Matthew Judon zuletzt auch deutlich machte, in diesem Jahr keinerlei Ambitionen zu verfolgen.
Ganz anders hingegen die Bengals. Mit einem wieder fitten Burrow richtete sich der Blick ganz klar auf die Playoffs, auch wenn allein die eigene Division knallhart ist. Ein Heimspiel gegen die Patriots wurde dabei als dankbare Pflichtaufgabe angesehen, doch es kam anders.
Müssen sich die Fans der Bengals größere Sorgen machen? Worin liegen die Probleme? ran nimmt die aktuelle Situation in Cincinnati genauer unter die Lupe.
Bengals: Chase ist nur ein Schatten seiner selbst
Wer die aktuelle Situation der Bengals ergründen will, der kommt an Ja'Marr Chase nicht vorbei.
Der Receiver und Burrow bildeten schon zu College-Zeiten bei LSU ein unvergleichliches Duo, Cincinnati holte Chase 2021 extra in der ersten Runde im Draft, um den ein Jahr zuvor geholten Burrow zu unterstützen.
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Und Chase lieferte sofort, seine Rookiesaison war mit 1.455 Receiving Yards und 13 Touchdowns herausragend, folgerichtig wurde er zum Offensive Rookie of the Year gewählt. In jenem Jahr kamen die Bengals bis in den Super Bowl, zum großen Triumph reichte es aber knapp nicht.
Die zwei Jahre danach waren aufgrund von Verletzungen - entweder bei ihm selbst oder bei Burrow - nicht so produktiv. In der Offseason drängte Chase dennoch auf einen neuen Vertrag und verweigerte das Training. Eine Einigung gibt es bis heute nicht.
Lange war daher unklar, ob Chase überhaupt für die Bengals auflaufen würde oder seinen Streik bis in die Saison hinein fortsetzt. Der 24-Jährige meldete sich rechtzeitig zum Dienst und führte sein Team mit sechs Catches und 62 Yards an, wirkte aber wenig explosiv und stand nur bei gut 83 Prozent der offensiven Snaps auf dem Feld.
Laut Chase selbst sei dafür aber eine Lebensmittelvergiftung verantwortlich gewesen, die er sich am Samstag erst zugezogen hatte. Dass seine monatelange Abwesenheit vom Training nicht geholfen hat, dürfte aber klar sein, auch wenn Burrow sich nach dem Spiel vor seinen Kumpel stellte.
Ein fitter Chase ist elementar wichtig, damit die Bengals die Stärken von Burrow aufs Feld bringen können. Allerdings muss der Receiver selbst auch in der Verfassung sein, dem Team überhaupt weiterhelfen zu können. Gegen die Patriots wirkte das in Teilen nicht so.
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Higgins fehlte als zweite Receiver-Option
Schon ein Jahr länger als Chase ist Tee Higgins bei den Bengals im Team, der 25-Jährige wurde 2020 genau eine Runde nach Burrow gedraftet. Und sein Effekt auf das Team ist seit jeher gewaltig.
In den vergangenen Jahren war Higgins die klare Nummer zwei unter den Anspielstationen bei den Bengals, im Schatten von Chase lieferte er konstant Leistungen ab, die die gegnerischen Defenses stets dazu zwang, auch Higgins im Blick zu haben.
Umso bitterer war die Nachricht am vergangenen Donnerstag, als bekannt wurde, dass sich Higgings im Training eine Oberschenkelverletzung zugezogen hatte. Gegen die Patriots konnte er nicht mitwirken, was sich sofort bemerkbar machte.
Es fehlte die Entlastung für Chase, die Secondary der Patriots um Cornerback-Rückkehrer Christian Gonzalez hatte wenig Mühe, Burrow die Passfenster wegzunehmen. Andrei Iosivas wurde zwar - wie Chase - sechsmal angeworfen, fing aber nur drei Bälle für 26 Yards.
Überraschenderweise gar keine Rolle spielte Rookie Jermaine Burton. Der 23-Jährige, Drittrundenpick aus dem diesjährigen Draft, überzeugte in der Preseason, stand gegen die Patriots aber nur bei vier Snaps auf dem Feld.
Nach dem Abgang von Tyler Boyd und der Verletzung von Higgins war die Qualität der Passempfänger gegen die Patriots schlicht nicht hoch genug. Die von Patriots-Coach Jerod Mayo perfekt eingestellte Defense nutzte das gnadenlos aus.
NFL: Defense der Patriots wie zu besten Belichick-Zeiten
Ohnehin war die Defense der Patriots die dominierende Unit dieser Partie. Vor allem Keion White erlebte einen absoluten Sahnetag und sammelte 2,5 Sacks. Der Abgang von Judon fiel dadurch kaum ins Gewicht.
Mayo, der selbst einst als Linebacker bei den Patriots unter Bill Belichick gespielt hatte und anschließend zum Trainerstab der Franchise-Legende gehörte, knüpfte in seiner defensiven Ausrichtung dort an. Die Bengals wiederum fanden keine Antworten.
Wie gut die Verteidigung der Patriots funktionierte, zeigt auch der Fakt, dass Burrow bei Pässen gegen Manndeckung nur 29 Yards bei zehn Passversuchen überbrücken konnte.
Apropos Burrow: Auch beim Quarterback selbst lohnt sich ein genauerer Blick. Seine Handgelenksverletzung aus dem Vorjahr war schwerwiegend, seine Rückkehr nahm viel Zeit in Anspruch. Wie weit ist er von den 100 Prozent noch entfernt? Zumindest offiziell soll Burrow fit sein.
Bengals müssen das Laufspiel nutzen
Der einzige Touchdown der Bengals gegen die Patriots kam durch das Laufspiel zustande, Zack Moss trug den Ball in die Endzone. Mit gut fünf Yards pro Lauf war der Neuzugang von den Indianapolis Colts einer der Lichtblicke.
Für die Bengals wird es darauf ankommen, das Laufspiel zu einer deutlich stärkeren Säule der eigenen Offensive zu machen - vor allem dann, wenn einer der Top-Receiver verletzt fehlt. Hierfür bedarf es aber einer Anpassung auch im offensiven Schema.
Die Bengals waren seit Burrows Ankunft nie ein Team, das prägend auf das Laufspiel gesetzt hat. Allerdings ging die Bedeutung in den vergangenen Jahren spürbar nach unten.
In der vergangenen Saison brachten die Bengals im Schnitt gerade einmal 89,8 Rushing Yards pro Spiel zustande - nur die Tampa Bay Buccaneers erzielten noch weniger Yards am Boden. 383 Laufversuche wurden zudem nur von den Seattle Seahawks und den Washington Commanders unterboten.
Eine bemerkenswerte Statistik, bedenkt man, dass Burrow die finalen Saisonspiele verletzt verpasste und Teams mit ihrem Ersatz-Quarterback eher dazu neigen, den Ball zu laufen.
Zum Vergleich: 2021, als es bis in den Super Bowl ging, hatten die Bengals mehr Rushing Attempts als 13 andere Teams und schafften immerhin 102,5 Rushing Yards pro Spiel. Diese Entlastung kam auch Burrow entgegen.
Beachtlich in diesem Kontext: Running Back Joe Mixon kam bei den Bengals in der Vorsaison nur einmal auf mindestens 100 Rushing Yards, und zwar in Woche 18 mit 111 Yards. Bei den Houston Texans drehte er in Woche 1 direkt auf und erlief gegen die Indianapolis Colts 159 Yards. An der individuellen Qualität zumindest im Backfield lag es also nicht.
Wohin führt der Weg der Bengals?
Schon am kommenden Wochenende steht das schwierige Auswärtsspiel bei den Kansas City Chiefs auf dem Programm. Das Arrowhead Stadium der Chiefs trägt unter Bengals-Fans nicht umsonst den Beinamen "Burrowhead", blühte der Quarterback dort doch immer auf.
Realistisch betrachtet jedoch droht den Bengals ein 0-2-Start. Dieser könnte in der hart umkämpften AFC bereits eine schmerzhafte Hypothek darstellen. Danach folgen aber Pflichtaufgaben gegen die Washington Commanders und die Carolina Panthers, ehe es mit einer 2-2-Bilanz gegen die Baltimore Ravens gehen könnte.
Bis zum Duell gegen den Divisions-Rivalen sollten auch Chase und Higgins wieder topfit sein, was der Offense der Bengals die Identität zurückgibt. Dennoch: Schaffen es die Bengals nicht, häufiger das Laufspiel zu nutzen, werden die Playoffs wohl ein Traum bleiben und die Saison droht zu einer bitteren Ettäuschung zu werden.
Zumal die eigene Defense einige Fragezeichen aufwirft. Die Secondary wurde gegen die Patriots nicht gefordert, gilt aber als anfällig. Die Laufverteidigung wiederum kam gegen Rhamondre Stevenson schon an die eigenen Grenzen. Die Aufgaben werden aber eher schwieriger als einfacher. Die Aussichten in Ohio waren schon einmal besser.